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Corona-ImpfungAnsturm auf Praxen am Montag?

Drei Länder haben das Ende der Priorisierung in Praxen ausgerufen, ein viertes folgt. Wo Hausärzte schon am Montag mit einem Ansturm neuer Anfragen rechnen müssen – und warum das im Praxisalltag Segen und Fluch zugleich sein kann. PLUS: So läuft die Bestellung über Pfingsten.

Mehrere Telefonleitungen? Am Montag könnten allesamt belegt sein - mit Fragen rund um die Corona-Impfung.

Dem mittlerweile von vier Ländern angekündigten Ende der Priorisierung bei der Corona-Impfung in Praxen wird von Hausärztinnen und Hausärzten ambivalent entgegengeschaut. Während einerseits beispielsweise bestehende Wartelisten unkomplizierter abgearbeitet werden könnten, wird andererseits eine neue Herausforderung für ohnehin schon überlastete Praxisteams absehbar: So werden durch die Ankündigungen bei vielen Bürgerinnen und Bürgern Hoffnungen und Erwartungen geweckt, die Hausarztpraxen – aufgrund der weiterhin stark begrenzten Liefermengen – naturgemäß enttäuschen müssen.

In den ersten Bundesländern wurde das Ende der Priorisierung zudem äußerst überraschend – ohne Vorbereitungszeit für die Praxen – ausgerufen. In Berlin hatten das Ärztinnen und Ärzte scharf kritisiert.

Konkret betroffen sind – Stand Freitagnachmittag (14. Mai) – Praxen in vier Bundesländern:

  • ab Montag (17. Mai) Baden-Württemberg und Berlin
  • „im Laufe der Woche“, also etwa 20. Mai, Bayern, sowie
  • ab 24. Mai Sachsen

Zur Erinnerung: Als erstes Bundesland hatte Baden-Württemberg am Mittwoch ein Ende der Priorisierung in Arztpraxen verkündet. Bundesweit hatte diese Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zuletzt für Juni in Aussicht gestellt.

Bislang gilt: Die Vektorimpfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson dürfen in den Praxen flächendeckend ohne Rücksicht auf die bestehende Priorisierung verimpft werden; bei Moderna und Biontech/Pfizer müssen Praxen diese weiterhin beachten. In fast allen Bundesländern ist mittlerweile die gesamte Priorisierungsgruppe 3 impfberechtigt.

Fluch: Noch immer zu geringe Liefermengen

Kritisch ist, dass die Priorisierung gerade in den Praxen, wo nach wie vor ein deutlicher Impfstoffmangel herrscht, aufgehoben wird – nicht jedoch in den Impfzentren, die alle vier auf dem Markt zugelassenen Impfstoffe zu genüge geliefert bekommen. Eine Aufhebung der Impfpriorisierung jedoch ist genau genommen nur dann realistisch, wenn tatsächlich so viele Dosen zur Verfügung stehen, dass tatsächlich keine Priorisierung mehr nötig ist.

Das ist bislang aber nicht der Fall, kritisieren Deutscher Hausärzteverband und zahlreiche Landesverbände unisono. Vor allem die Menge an mRNA-Impfstoffdosen, die den Hausarztpraxen wöchentlich geliefert werden, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch viel zu gering, erinnert Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, aktuell. „In der Regel haben die Hausärzte bislang nicht das bekommen, was sie erwartet haben“, unterstreicht auch der Hausärzteverband Baden-Württemberg.

“Momentan und leider auch in den nächsten Tagen sind die Impfstoffmengen viel zu knapp, um sofort alle zu impfen, die auch geimpft werden wollen”, teilte Dr. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), am Freitagnachmittag (14. Mai) mit. “Wir appellieren an die Politik, keine falschen Erwartungen bei den Bürgerinnen und Bürgern zu erwecken: Ankündigungen, ab Montag würden Priorisierungen wegfallen, führen leider dazu, dass viele Menschen denken, jetzt sofort könnten sie sich impfen lassen. Dem ist natürlich mitnichten so.”

Noch immer mangele es den Ärzten an Impfstoff, sodass selbst Menschen aus den Vorranggruppen bislang nicht umfassend geimpft werden könnten, erklärte auch die KV Berlin.

Dies zeigt sich auch mit Blick auf die nächste Bestellung (s. Kasten): Biontech/Pfizer kann dabei erneut hauptsächlich für Zweitimpfungen geordert werden. Erst ab 7. Juni stellt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) „deutlich mehr“ Impfstoff vor allem von Biontech/Pfizer in Aussicht.

Auch Politik bittet sogleich um Geduld

Zur Folge hat diese Diskrepanz zwischen ausgerufenem Priorisierungsende und weiterhin stark begrenzten Impfstoffen, dass politische Institutionen an vielen Stellen quasi im gleichen Atemzug der Aufhebung auch einen Appell mit der Bitte um mehr Geduld platzieren.

So hat der Berliner Gesundheits-Staatssekretär Martin Matz (SPD) beispielsweise nur einen Tag nach der Entscheidung in der Hauptstadt Erwartungen schon wieder gedämpft. Man bitte alle in Berlin, nicht zu glauben, dass es auf einen Schlag nun schon mehr Impfstoff gebe und man in jedem Fall am Montag einen Termin bekomme. Berlins Kassenärzte hatten mit scharfer Kritik auf die von der Gesundheitsverwaltung angekündigte Aufhebung der Priorisierung reagiert. Dadurch würden falsche Erwartungen geweckt, Chaos in den Praxen sei programmiert, teilte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) am Donnerstag (13. Mai) mit.

Ähnlich beschwichtigend äußerte sich umgehend Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD), die das Ende der Priorisierung zumindest eine Woche vor dem Inkrafttreten verkündete. Es könnten nicht alle sofort geimpft werden, sie bitte „weiter um Geduld und Solidarität“.

Segen: Freiere Entscheidungen in den Praxen

Nach diesem ersten Ansturm könnte die Flexibilisierung jedoch auch eine Erleichterung bringen, hoffen Hausärztinnen und Hausärzte in den betroffenen Bundesländern. Dr. Markus Beier, Vorsitzender des Bayerischen  Hausärzteverbands, sieht die Chance auf ein Ende der zahlreichen Telefonate pro erfolgter Impfung. Und auch Dr. Berthold Dietsche, Amtskollege in Baden-Württemberg, erinnert daran, dass viele Praxen Wartelisten für ihre Patienten hätten, die jetzt ohne Rücksicht auf die Priorisierung abgearbeitet würden.

Andere sehen, dass die Terminvergabe nun schneller und unkomplizierter möglich sei.

Ein Ende der Priorisierung würde auch seine Arbeit sowie die seines Teams “deutlich erleichtern“, sagt Michael Niesen, Hausarzt in Ochtrup und Vize-Vorsitzender des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe. Die größten Vorteile aus seiner Sicht: Zeitersparnis, erheblich weniger Telefonate und Diskussionen mit Patienten und dadurch bessere Stimmung im Team.

Viele Ärzte würden Patienten gezielt ansprechen, um ihnen eine Impfung anzubieten, sagte auch Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD). “Mit unserer Entscheidung wollen wir die Arztpraxen so weit wie möglich bei Organisation und Terminvergabe entlasten, damit sie mit größtmöglicher Flexibilität Impfungen vornehmen können.”

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