Einer der Gründe für die rege Forschungstätigkeit ist die Erkenntnis, dass Vitamin D eher als Hormon aufzufassen ist, das seine Wirkung über einen Steroidhormon-Rezeptor entfaltet. Da sich der Rezeptor in einer Vielzahl von Geweben findet, versucht man momentan herauszubekommen, welche Effekte das „Vitamin-D-Hormon“ an den einzelnen Organen hat.
Laut Professor Badenhoop, Leiter des Schwerpunkts Endokrinologie und Diabetologie in der Medizinischen Klinik 1 des Universitätsklinikum Frankfurt, spielt es eine wichtige Rolle für das Immunsystem. Dort induziert es die Erregerelimination in Makrophagen und verbessert die Immunantwort der T-Lymphozyten. Gleichzeitig wirkt es antientzündlich und immunmodulierend. Gestützt werden die experimentellen Ergebnisse durch eine Metaanalyse von 11 Studien mit insgesamt 5.660 Patienten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass eine Supplementierung mit Vitamin D das Risiko für Atemwegsinfekte signifikant vermindert. Ein Beleg für die immunstabilisierenden Eigenschaften sind außerdem die positiven Erfahrungen mit Vitamin D bei Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes oder Multipler Sklerose.
Vorsicht vor Überdosierung
Experimentelle Arbeiten deuten darauf hin, dass Vitamin D auch die Gefäßregeneration fördert. Wie von Prof. Brandes, Direktor des Instituts für Kardiovaskuläre Physiologie der Goethe-Universität Frankfurt, erklärte, liegt das unter anderem daran, dass es Wachstumsfaktoren wie VEGF und HIF1 induziert. Zu viel Vitamin D ist allerdings schädlich für die Gefäße, denn es erhöht die Kalziumspiegel, was eine Atherosklerose begünstigt. Vitamin D gehört zu den fettlöslichen Vitaminen und kann deshalb überdosiert werden. Eine Gabe von 800 bis 1000 internationalen Einheiten pro Tag wird allerdings vom Dachverband Osteologie (DVO) als sicher erachtet.
Wann und bei wem substituieren?
Wie der niedergelassene Allgemeinarzt und Leiter einer diabetologischen Schwerpunktpraxis in Friedrichsdorf, Kai Stefan Götte, berichtete, muss man von einer relativ hohen Zahl von Patienten mit einem Vitamin D-Mangel ausgehen. Studien aus Norddeutschland ergaben zum Beispiel, dass bei über 80 Prozent der untersuchten Personen eine Vitamin D-Insuffizienz vorliegt.
Ob sich bei diesen hohen Fallzahlen und den geringen Kosten für eine Substitution (etwa 7 bis 8 Euro pro Quartal) eine Bestimmung der Vitamin D-Spiegel überhaupt lohnt, muss jeder für sich entscheiden. Bei bestimmten Risikogruppen (siehe Kasten) ist sicherlich oftmals auch die anamnestische Diagnose eines Mangels berechtigt.
Risikopatienten für einen Vitamin D-Mangel
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Patienten mit Osteoporose
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Patienten mit Steroidtherapie
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Patienten mit erhöhter Infektanfälligkeit
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Menschen mit dunklem Hautkolorit
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Personen mit Mobilitätseinschränkungen (z. B. Senioren)
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Menschen, die im Winter selten nach draußen kommen (z. B. Büroangestellte)
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Personen mit Typ-2-Diabetes
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Übergewichtige
Journalisten-Workshop „Vitamin D – Potenzial für mehr“, Neu Isenburg, September 2015