Erste S3-Leitlinie Peniskarzinom: Verstümmelung vermeiden
“Das Peniskarzinom ist mit etwa 800 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland relativ selten, bei leicht ansteigender Tendenz”, berichtete Prof. Oliver W. Hakenberg, Rostock. In der Therapie habe sich in den vergangenen 15 Jahren viel getan: Operierte man früher mit einem Sicherheitsabstand von 2 cm, der einer Verstümmelung gleichkam, geht man heute wesentlich schonender mit deutlich geringerem Abstand vor. Dabei gilt die Devise: So viel Radikalität wie nötig, soviel Organerhalt wie möglich. Zu beachten sind besonders die inguinalen Lymphknoten, in denen sich häufig schon früh (Mikro-) Metastasen bilden können, die mit einer schlechten Prognose assoziiert sind. Nur bei frühzeitiger Entfernung der Lymphknoten mit adjuvanter Chemotherapie ist eine Heilung möglich, heißt es in der Leitlinie “Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Peniskarzinoms”, die das aktuelle evidenzbasierte Wissen zusammenfasst und auf dem DGU-Kongress erstmals vorgestellt wurde ( https://www.awmf.org/leitlinien/detail/anmeldung/1/ll/043-042OL.html ).
Das Peniskarzinom sei in Zusammenhang mit Infektionen durch das humane Papilloma Virus (HPV) zu sehen, so Hakenberg weiter. Für etwa die Hälfte der Tumore ist das Virus verantwortlich. Diese Daten unterstreichen erneut die Bedeutung der HPV-Impfung auch bei Jungen: Damit kann zum einen vielen Peniskarzinomen wirksam vorgebeugt werden, zum anderen wird damit ein wesentlicher Beitrag zur Prävention des Zervixkarzinoms bei Frauen, das durch die frühzeitige Impfung komplett verhindert werden kann, geleistet. Dennoch ist die Impfungsrate in Deutschland mit etwa 30 Prozent noch immer gering. In Australien beispielsweise wird durch Schulimpfungsprogarmme eine Rate von 75 Prozent erreicht. Darum sollten Urologen, Gynäkologen und Hausärzte die Impfung aktiv propagieren und durchführen, appellierte Hakenberg.
S3-Leitlinie Hodentumor: Neuerungen vorgestellt
Keimzelltumoren des Hodens (KZT) sind mit etwa 4.000 Neuerkrankungen die häufigste Krebserkrankung des jungen Mannes. Die Prognose des meist früh entdeckten Tumors ist in der Regel gut, bei jedem fünften Patienten ist der Tumor jedoch bereits fortgeschritten beziehungsweise metastasiert. Diese Fälle mit schlechter Prognose sollten in spezialisierten Zentren, die mit dem Krankheitsbild vertraut sind, behandelt werden. Diese Empfehlung und weitere Neuerungen der S3-Leitlinie “Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens” präsentierte Prof. Sabine Kliesch, Münster. Risikofaktoren für KZT sind Kryptorchismus, Vorerkrankung mit einseitigem Tumor, positive Familienanamnese und Infertilität. Empfohlen wird eine regelmäßige Selbstuntersuchung, bei vorliegenden Risikofaktoren sollte eine Tumorerkrankung abgeklärt werden. Für neudiagnostizierte KZT empfiehlt die Leitlinie eine Ausbreitungsdiagnostik mittels kontrastmittel-gesteuertem CT des Abdomens, Beckens und Thorax.
Bei Verdacht auf KZT sollten vor Ablatio testis die Serumtumormarker AFP (Alpha-Fetoprotein), Beta-hCG (humanes Choriongonadotropin) und LDH (Laktatdehydrogenase) bestimmt und postoperativ regelmäßig kontrolliert werden. Für die Ablatio gilt bei Vorliegen eines kontralateralen gesunden Hodens, dass die Tumorexcision nicht organerhaltend erfolgen sollte, bei bilateralem Tumor sollte eine organerhaltende Chirurgie dagegen in Betracht gezogen werden. Ein wichtiger Aspekt bei jungen Männern ist auch die Fortpflanzungsfähigkeit: Weil Ablatio, Chemo- oder Strahlentherapie die Ferilität schädigen können, sollte den Patienten vor Beginn der Behandlung eine Kryokonservierung von Spermatozoen angeboten werden.
Die Leitlinie ist seit Mai 2019 online: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/043-049OLk_S3_Keimzelltumoren-Hoden-Diagnostik-Therapie-Nachsorge_2019-05_01.pdf.