Die Harninkontinenz erweist sich im praktischen Alltag nach wie vor als heikles Thema bei Männern. Insofern ist im Rahmen der urologischen Evaluation – ebenso wie im Hinblick auf sexuelle Störungen – ein gezieltes Nachfragen empfehlenswert.
Grundsätzlich muss die echte Harninkontinenz, also der unwillkürliche Urinverlust, vom häufigen Nachträufeln nach dem Wasserlassen unterschieden werden. Letzteres ist zumeist nicht behandlungsbedürftig und kann häufig mit praktischen Maßnahmen verbessert werden.
Bei der Harninkontinenz müssen die Formen Belastungsinkontinenz (Urinverlust bei Husten, Niesen, Bewegung) und Dranginkontinenz sowie Mischformen abgegrenzt werden. Zur Überlaufinkontinenz kommt es beim Mann im dekompensierten Stadium des benignen Prostatasyndroms mit großen Restharnvolumina bis hin zur “schlaffen Blase”.
Generell sind am häufigsten Veränderungen der Prostata, allen voran die gutartige Prostatahyperplasie, aber auch akute Prostatitiden, verantwortlich für Symptome beim Wasserlassen bis hin zur Harninkontinenz.
Belastungsinkontinenz
Bei der Belastungsinkontinenz liegt ein Urinverlust aus der körperlichen Bewegung oder Belastung heraus vor, wobei ein schwacher Schließmuskelapparat die Ursache darstellt. Der Mann ist durch sein engeres Becken und die zusätzliche Manschettenfunktion der Prostata normalerweise seltener von einer Belastungsharninkontinenz betroffen.
Tritt diese spontan auf, liegt unter Umständen eine Überlaufinkontinenz vor, bei der die Blase chronisch zu voll ist und Urin dann in bestimmten Situationen von selbst abgeht.
Häufig liegt eine vorangegangene Operation zu Grunde. Meist ist die radikale Prostatektomie bei Prostatakrebs und/oder eine Bestrahlung der Auslöser, bei einem Großteil der operierten Patienten verbleibt zumindest temporär ein unwillkürlicher Urinverlust. Andere verursachende Eingriffe können die Ausschälung der Prostata bei gutartiger Vergrößerung (TUR-Prostata/Laserung der Prostata), die Harnröhrenschlitzung oder die Radikalentfernung der Harnblase mit Schaffung einer künstlichen Blase sein.
Konservative Therapie
Mit Unterstützung der Physiotherapie bzw. des Beckenbodentrainings kann neben der reinen Kräftigung auch die Schließmuskelfunktion wieder erlernt und somit der Zeitraum bis zur Wiedererlangung der vollständigen Kontinenz verkürzt werden.
Unterstützend kann im Bedarfsfall eine antidepressive, gleichzeitig den Beckenboden festigende Therapie mit dem Wirkstoff Duloxetin versucht, aber auch eine zusätzliche Hilfsmittelnutzung notwendig werden. Hierbei werden mittels Elektrostimulation und Biofeedback Nerven und Muskelfasern des Beckenbodens effektiver stimuliert und trainiert.
Insbesondere das Biofeedback ermöglicht oft ein besseres, visuell kontrolliertes Training.
Operative Therapie
Hält der Urinverlust auch ein Jahr nach der Operation beziehungsweise dem auslösenden Ereignis an, kann eine operative Behandlung indiziert sein. Je nach Schweregrad des Urinverlustes und Beschaffenheit des Schließmuskels in der endoskopischen Beurteilung stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung.
Hierbei können operative Bandsuspensionen des Schließmuskels, anzupassende Schlingen- beziehungsweise Schließmuskelersatzsysteme oder die Anlage eines künstlichen Schließmuskels Anwendung finden.
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