Medizinisch gesehen ist die Kompressionstherapie eine Therapieform, die durch lokalen Druck auf das venöse Gefäßsystem der Beine zu einer Steigerung der Fließgeschwindigkeit des Blutes führt. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, diesen Druck zu erzeugen. Das kann einerseits durch Bandagieren des Beines mit Kompressionsbinden (Kurzzug- und Langzugbinden) oder andererseits durch speziell angepasste Kompressionsstrümpfe erreicht werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass der Kompressionsdruck distal bei den Füßen am höchsten ist und nach oben hin kontinuierlich abnimmt. Dadurch wird ein guter venöser Rückfluss gewährleistet.
Entscheidend für die Fließgeschwindigkeit und somit für den Erfolg der Kompressionstherapie ist die zusätzliche Eigenbewegung des Körpers. Das Zusammenspiel von Anspannung und Entspannung der Muskulatur des Beines verstärkt den Blutfluss. Dieser Effekt wird auch bei der intermittierenden apparativen Kompressionstherapie erreicht.
Die Kompressionstherapie ist die Basismaßnahme bei phlebologischen und lymphologischen Erkrankungen (Tab. 1). Sie findet Anwendung bei fortgeschrittenen Venenerkrankungen, im Rahmen der Thrombosetherapie und in der Therapie des postthrombotischen Syndroms. Auch wenn die Datenlage bei der Thrombophlebitis und beim Lipödem nicht eindeutig ist, findet die Kompressionstherapie auch hier erfolgreich ihre Anwendung. Nicht zuletzt ist die Kompressionstherapie auch zur Prävention der tiefen Beinvenenthrombose und des postthrombotischen Syndroms einzusetzen. Nicht anzuwenden ist die Kompressionstherapie bei der fortgeschrittenen peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, der dekompensierten Herzinsuffizienz, der septischen Phlebitis und der Phlegmasia coerulea dolens. Weiterhin herrscht inzwischen Konsens, auf die Kompressionstherapie bei hospitalisierten (nicht chirurgischen) Patienten zu verzichten.
Medizinische Kompressionsstrümpfe
Medizinische Kompressionsstrümpfe gibt es in vier Kompressionsklassen. Entscheidend für die Einteilung ist die Andruckstärke eines Kompressionsstrumpfes im Fesselbereich. Bei einer Varikose ohne ausgeprägte Ödembildung wird die Kompressionsklasse I ausreichend sein, um die Beschwerden zu beseitigen. Bei einem beginnenden Lymphödem (Stadium I) wird die Anwendung der Kompressionsklasse II notwendig werden, während bei fortgeschrittenem Ödem und Hautveränderungen eine entsprechend höhere Kompressionsklasse III oder IV erforderlich sein kann (Tab. 2).
Apparative Kompressionstherapie
Die apparative intermittierende Kompression wird meist zur Entstauungstherapie eingesetzt, zeigt aber auch eine positive Wirkung auf die arterielle Durchblutung. Dabei werden spezielle manschettenförmige ein- oder mehrkammerige Luftkissen verwendet, die die Arme bzw. Beine umschließen. Über einen angeschlossenen Kompressor können unterschiedliche Drucke erzeugt werden, die den Kompressionsklassen I bis IV entsprechen. In den Mehrkammersystemen kann eine Art Druckwelle erzeugt werden, die derjenigen bei Bewegung durch die Muskelpumpe entspricht.
Abrechnung nach EBM
Im EBM steht für die Kompressionstherapie die GOP 02313 zur Verfügung (Tab. 3). Achten Sie hier unbedingt auf die Leistungslegende. Diese begrenzt die Berechnung der GOP 02313 explizit auf die dort genannten Krankheitsbilder: Chronisch venöse Insuffizienz, postthrombotisches Syndrom, oberflächliche und tiefe Beinvenenthrombosen, Lymphödem. Bei der Berechnung der GOP 02313 ist somit unbedingt auf die entsprechende ICD10-GM-verschlüsselte Diagnoseangabe zu achten (Tab. 4).
Der entstauende phlebologische Funktionsverband als solches muss nicht zwingend erbracht werden, um die GOP 02313 berechnen zu können. Auch das Anlegen eines Kompressionsstrumpfes würde diese obligatorische Forderung erfüllen.
Die Kompressionstherapie kann pro Behandlung „je Bein, je Sitzung“ berechnet werden, also zwei Mal pro Sitzung. Beachten Sie hier jedoch die Mengenbegrenzung, die sich aus der ersten Anmerkung zur GOP 02313 ergibt: „Die Gebührenordnungsposition 02313 unterliegt einer Höchstpunktzahl im Behandlungsfall von 4.244 Punkten. Der Höchstwert ist auch auf den Arztfall anzuwenden.“ Umgerechnet ergibt das genau 74 Behandlungen im Quartal, die im Behandlungsfall bzw. Arztfall maximal abzurechnen sind.
Nach EBM ist die intermittierende Kompressionstherapie unter der GOP 30401 zu finden (Tab. 5). Die Berechnung ist hier aber an den Nachweis einer entsprechenden Qualifikation (Facharztbezeichnung, Zusatzbezeichnung) gebunden.
Abrechnung nach GOÄ
In der GOÄ ist z.B. für die Kompressionstherapie eines chronisch venösen Ulcus cruris folgende Leistungskombination abzurechnen: GO-Nr. 2006 – 200 – 204. Dazu kommen bei wiederholten Behandlungen noch die Beratung des Patienten nach GO-Nr. 1 und die symptombezogene Untersuchung nach GO-Nr. 5. Werden Nekrosen im Zusammenhang z.B. mit der Therapie des diabetischen Fußes abgetragen, findet sich im Abschnitt L – Chirurgie der GOÄ die Gebühr nach GO-Nr. 2065.
Für die intermittierende apparative Kompressionstherapie gibt es zwei GO-Nummern: Für die Behandlung einer Extremität rechnen Sie die Gebühr nach Nr. 525 ab, für die Behandlung mehrere Extremitäten die Nr. 526.
Spezielle diagnostische Leistungen sind die Venenverschlussplethysmographie (GO-Nr. 641 und 642), die Untersuchungen der peripheren Druck- oder Strömungsmessung (GO-Nr. 643) und die direktionale Ultraschalldoppleruntersuchung nach GO-Nr. 644. Für die Ultraschalldoppleruntersuchung als solches sind daneben die Gebühren für die Ultraschalluntersuchung eines oder mehrerer Organe nach den GO-Nr. 410 und 420 zusätzlich zu berechnen (Tab. 5).
Literatur beim Verfasser.
Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.