Die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) wird definiert durch die Symptome oder durch endoskopisch nachgewiesene Schleimhautschäden, hervorgerufen durch den anormalen Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre oder darüber hinaus, in die Mundhöhle (einschließlich Kehlkopf) oder Lunge. GERD kann als nicht erosive Refluxkrankheit (NERD) oder erosive Refluxkrankheit (ERD) eingestuft werden, je nachdem ob endoskopisch Schleimhautschäden gefunden werden oder nicht.
Fast immer ist die Ursache des gastroösophagealen Reflux nicht eine primär erhöhte Säureproduktion im Magen, sondern der erhöhte Rückfluss der Magensäure in die Speiseröhre. Meist handelt es sich um einen defekten Verschlussmechanismus im Bereich des ösophagogastralen Übergangs. Häufigste Ursachen sind Hiatushernie, Ösophagus-Dysmotilität oder ein Anstieg des abdominellen Drucks (Übergewicht).
Diagnostik
Die Anamnese mit Erfragen des gesamten Spektrums der Beschwerden ist Grundlage der Diagnostik. Typische Symptome sind Sodbrennen und saures Aufstoßen. Atypische Symptome (Tabelle 1) können auf GERD hindeuten, sie können aber auch durch andere Erkrankungen wie Magengeschwüre, Achalasie, Gastritis, Dyspepsie, Gastroparese oder Gallenwegsprobleme verursacht sein. Schließlich gibt es, verursacht durch die zurückfließende Säure, verschiedene extraösophageale Symptome (Tabelle 1). Bei einer großen Hiatushernie kann es zu kardialen Rhythmusstörungen kommen.
Die Diagnose einer GERD wird in der Regel durch eine Kombination von klinischen Symptomen sowie durch die Gastroskopie gestellt. Wenn die Symptome eindeutig sind, wird kein generelles endoskopisches Screening aller Patienten mit GERD-suggestiven Symptomen empfohlen. Zusätzliche Tests, zunächst die endoskopische Untersuchung, können jedoch bei Patienten, die nicht auf Säureunterdrückung reagieren, bei Auftreten von Alarmsymptomen (z.B. Dysphagie, Eisenmangelanämie, Gewichtsverlust, etc.) und bei bereits länger bestehender Krankheit notwendig sein, um einen Barrett-Ösophagus auszuschließen oder zu diagnostizieren.
Die 24-Stunden-pH-Metrie ist die einzige Methode zur direkten Messung der Säure-Exposition und der Refluxhäufigkeit. Durch kombinierte pH- und Impedanzmessung kann auch der nicht saure oder schwach saure Reflux erfasst werden. In der Primardiagnostik von Refluxbeschwerden wird man auf diese Methode in aller Regel verzichten, zur weiteren Abklarung von Therapieversagern kommt der Impedanz-pH-Messung aber ein gewisser Stellenwert zu. Gemäß den aktuellen Leitlinien sollten 24-Stunden-pH-Metrie und Manometrie immer vor einer chirurgischen Therapie durchgeführt werden.
Die Röntgen-Ösophagus-Breischluck-Untersuchung gehört ebenfalls nicht zur Routinediagnostik. Sie kann sinnvoll sein bei der Bewertung von Komplikationen im Zusammenhang mit GERD (z.B. peptische Striktur) sowie bei der Bewertung einer Dysphagie postoperativ.
Die Pepsin-Messung im Oropharynxbereich ist eine weitere Methode, um GERD zu diagnostizieren. Erhöhte Pepsin-Werte deuten auf eine Refluxerkrankung hin.
Therapie
Prinzipiell stellt sich die Frage, ob kausal oder symptomatisch therapiert werden soll (Tab. 2). Sinnvoll ist es, dem Patienten die Prinzipien beider Therapieoptionen zu erklären, und mit ihm zusammen eine Entscheidung zu treffen.
Symptomatische Therapie bedeutet meist lebenslange medikamentöse Reduktion der Magensäureproduktion in der Regel durch Protonenpumpeninhibitoren (PPI) auf ein anormal niedriges Niveau mit entsprechender Veränderung der Verdauungsfunktion. Fast immer kommt es zu einem Rückfall bei Absetzen der Medikation.
Kausale Therapie bedeutet chirurgische minimal invasive laparoskopische Wiederherstellung des defekten Verschlussmechanismus am Speiseröhren-Magen-Übergang, an der Cardia, d.h. Beseitigung des fast immer vorhandenen Zwerchfellbruchs, der Hiatushernie, damit die Magensäure im Magen bleibt. Etwa 80 Prozent der Patienten haben eine wiederkehrende, aber nicht progressive Form von GERD, die mit Medikamenten kontrolliert werden kann. Circa 20 Prozent der Patienten haben eine progressive Form der Krankheit, sie entwickeln schwere Komplikationen wie Strikturen oder Barrett-Ösophagus. Für Patienten, die Komplikationen entwickeln, sollte die kausale chirurgische Behandlung in einem früheren Stadium berücksichtigt werden, um die Folgeerscheinungen der Krankheit zu vermeiden.
Symptomatische Therapie
Antazida sind wirksam bei der Kontrolle leichter Symptome von GERD. Sie sollten nach jeder Mahlzeit und vor dem Schlafengehen genommen werden. H2-Rezeptor-Antagonisten sind teilweise sehr effektiv bei Patienten mit leichten bis mittelschweren Symptomen. Bei einigen Patienten wirken sie erstaunlicherweise besser als PPI.
Prokinetische Mittel sind nur bedingt wirksam. Zu empfehlen sind sie nur bei Patienten mit leichten Symptomen.
Protonenpumpenblocker (PPI) sind Medikamente der Wahl fur alle Schweregrade der Refluxkrankheit. Dies gilt sowohl bei endoskopisch nachgewiesener Ösophagitis als auch fur nicht endoskopierte Patienten mit den typischen Symptomen einer Refluxkrankheit. PPI sollten in hoher Dosis begonnen und zur Erhaltung in halber therapeutischer Dosis fortgesetzt werden (Step-down-Therapie). Sehr oft (bei 50 bis 90 Prozent) kommt es jedoch zu Rezidiven, sodass die Dosis wieder erhöht werden muss (Step-up).
Die marginale Beeinflussung der Resorption von Vitamin B12, Vitamin C und Eisen durch PPI spielt in der klinischen Routine keine Rolle. Inwieweit bei der Langzeiteinnahme ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht und Osteoporose oder eine Demenz gefördert werden kann, ist noch nicht zu beurteilen. Bei Nichtansprechen auf Säureblocker kann ein Alginat sehr hilfreich sein. Nach den Mahlzeiten und vor dem Schlafengehen eingenommen, geht es nach dem Kontakt mit der Säure in eine gelartige Struktur über, die sich auf den Speisebrei legt und mechanisch einen Reflux in den Ösophagus verhindert. Außerdem neutralisiert das Alginat die Magensäure, vermindert die Gallensäureaktivierung und reduziert die aggressive Wirkung von Pepsin.
Kausale Therapie
Als Alternative zur rein symptomatischen Dauertherapie bieten sich kausale minimalinvasive laparoskopisch-chirurgische Maßnahmen wie die Hiatoplastik an. Damit kann die häufigste Ursache des gastroösophagealen Reflux, der Zwerchfellbruch, beseitigt werden.
Indikationen
Bei Patienten mit defizientem gastroösophagealem Sphinkter können Medikamente zwar die säurebedingten Schleimhautschäden kontrollieren; ständige Rückfälle und die hieraus folgende Notwendigkeit einer lebenslangen medikamentösen Behandlung lassen die Anti-Reflux-Operation jedoch besonders sinnvoll erscheinen. Volumenreflux: Patienten, die unter einem massiven Reflux von Speisen leiden, sollten frühzeitig über die Möglichkeit der chirurgischen Therapie aufgeklärt werden. Aspirationsschäden: (Stiller) Reflux von Mageninhalt, auch wenn er säurefrei ist, kann Kehlkopf, Bronchien, Lunge und sogar die Zähne schädigen. Die Kontrolle der säurebedingten Symptomatik durch Medikamente darf dabei nicht über den persistierenden Reflux hinwegtäuschen. Erst eine Anti-Reflux-Operation kann diese Situation beenden. Versagen der medikamentösen Therapie: Ein kleiner Anteil der Patienten spricht auf die Behandlung mit säurehemmenden oder anderen Medikamenten nicht an. Hier kann, sofern andere Ursachen ausgeschlossen sind, eine Operation indiziert sein.
Chirurgisch-laparoskopische Therapie
Die Prinzipien der Operation umfassen die Beseitigung des Zwerchfellbruchs und die Wiederherstellung des Verschlussmechanismus am unteren Ende der Speiseröhre, wodurch der Rückfluss verhindert wird. In der Praxis heißt dies meist: Hiatoplastik und Bilden einer Manschette, der Fundoplikatio. Nach Stelzner ist die Grundlage einer chirurgischen Therapie der Refluxkrankheit nicht das Anlegen einer Fundoplikatio, sondern das Strecken und die Pexie des Ösophagus.
Endoskopische Verfahren
Die endoskopischen Anti-Reflux-Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass sie komplett endoskopisch transoral durchgeführt werden können und keine Inzisionen nötig sind. Sie lassen sich in Injektions- und Implantationsverfahren, Radiofrequenzablation und Nahtverfahren unterteilen. Nachteil aller dieser transoral-endoskopischen Verfahren ist, dass keine Hiatoplastik erfolgen kann. Das heißt, die eigentliche Ursache, der erweiterte Hiatus oesophageus und die Verlagerung der Cardia nach cranial mit Verminderung der Spannung des Ösophagus, wird nicht behandelt. Keines dieser Verfahren ist derzeit routinemäßig einsetzbar.
Laparoskopische Verfahren mit Implantaten
Das EndoStim-System besteht aus einem Stimulator (ähnlich wie ein Herzschrittmacher) und zwei Elektroden sowie deren Verbindung zum Stimulator. Die Elektroden werden mithilfe eines einfachen laparoskopischen Verfahrens (minimalinvasive „Schlüsselloch-Operation“) am unteren Ösophagussphinkter platziert. Der Stimulator, der im Bauchbereich implantiert wird, gibt automatisch Impulse an die Elektroden ab, die der Patient jedoch normalerweise nicht spürt. Damit wird die Tätigkeit der Muskulatur im unteren Ösophagus angeregt. Vorteil dieser Methode ist, dass keine zirkuläre Freilegung der Speiseröhre erforderlich ist, Nachteil ist das Fremdmaterial.
Therapie des Barrett-Ösophagus
Ungefähr 10 Prozent der Patienten mit chronischem Sodbrennen weisen bereits einen Barrett-Ösophagus mit metaplastischen Veränderungen auf, in denen das normale Pflasterzellepithel der Speiseröhre zu einem spezialisierten Zylinderepithel umgewandelt wird. Sowohl GERD wie auch der Barrett-Ösophagus sind mit einem erhöhten Risiko für ein Adenokarzinom assoziiert. Das Adenokarzinom der Speiseröhre kann sich aus einem Barrett-Ösophagus über progressive Dysplasiestadien entwickeln. Das Krebsrisiko beträgt bei Barrett-Ösophagus ohne Dysplasie 0,1 bis 0,5 Prozent pro Patientenjahr, bei hochgradiger Dysplasie hingegen 6 bis 19 Prozent pro Patientenjahr. Eine Therapie zur Refluxkontrolle, sei sie medikamentös durch PPI oder mittels Anti-Reflux-Chirurgie, reduziert das Risiko der Weiterentwicklung von Dysplasien und der Entwicklung eines Adenokarzinoms.
Fazit
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Die derzeitige Therapie des gastroösophagealen Reflux ist effektiv und nebenwirkungsarm. Sowohl die medikamentöse als auch die operative Therapie sind etabliert. Die Erfolgsraten beider Therapien sind vergleichbar.
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Die Therapie der Wahl bei akuter Endzündung der Speiseröhre ist die symptomatische Behandlung mit Protonenpumpenhemmern, die meist eine sofortige Besserung erreicht.
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Zeigt sich, dass eine medikamentöse Dauertherapie erforderlich wird, sollte dem Patienten eine kausale chirurgische Therapie mit Wiederherstellung des Verschlussmechanismus im Bereich des ösophagogastralen Übergangs als Alternative erläutert und angeboten werden.
Literatur bei den Verfassern
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.