Überall piepst und blinkt es. Auf dem Monitor schlängeln sich farbige Linien, zwischendurch surrt der Blutdruckmesser. Rund um das Bett überall Schläuche, auf dem Handrücken, in der Nase, an den Maschinen, die das Bett umgeben.
Als Maja ihren Vater das erste Mal so gesehen hat, wurden die Augen der Zehnjährigen ganz starr, sie war in sich gekehrt, wollte zunächst nicht über das Erlebte sprechen. Erst im Nachgang zeigte sich: Als Kind auf der Intensivstation hätte Maja besondere Begleitung gebraucht.
Damit es anderen Kindern nicht so geht wie Maja und sie schon vor dem Besuch eines Eltern- oder Großelternteils auf die Eindrücke auf der Intensivstation vorbereitet werden, hat ein 33-köpfiges interprofessionelles Team nun Empfehlungen formuliert (siehe Kasten unten).
Herausgegeben hat das Eckpunktepapier, das Medizinerinnen und Mediziner aller Fachrichtungen ebenso adressiert wie Eltern, die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Es soll “roter Faden werden, um zukünftig einheitliche Besuchsregeln für Kinder entwickeln und implementieren zu können” [1].
Unterschiedliche Besuchsregeln
In der Tat sind die Besuchsregeln in deutschen Kliniken sehr heterogen, wie eine im DIVI-Papier zitierte Studie zeigt. In dieser wurden alle 1.943 Intensivstationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz per Mail angeschrieben, inklusive pädiatrischer, gemischter und Erwachsenen-Intensivstationen.
Im Ergebnis haben 385 Intensivstationen geantwortet, davon 39 Prozent (n = 151) in Deutschland. 42 Prozent der antwortenden Intensivstationen boten offene Besuchszeiten an, hiervon signifikant mehr in der Pädiatrie: 79 Prozent versus 21 Prozent im Erwachsenenbereich.
68 Prozent der Intensivstationen waren offen für Kinder als Besuchende: Kinder ab null Jahren konnten zu Besuch kommen, mit signifikanten Unterschieden zwischen Pädiatrie (90 Prozent) und Erwachsenenbereich (62 Prozent). Gab es eine Altersgrenze, lag diese im Schnitt bei zwölf Jahren [2].
Keine Frage: Die lebensbedrohliche Erkrankung eines nahestehenden Menschen stellt für Kinder ein hoch belastendes Erlebnis dar. “Der Besuch der erkrankten Bezugsperson kann eine wertvolle korrigierende Erfahrung sein und eine gesunde kindliche Verarbeitung unterstützen”, meint das Autorenteam. Dennoch sei zu bedenken, dass der Besuch selbst – unter bestimmten Umständen – eine zusätzliche Belastung für Kinder sein könne.
Besuch kann guttun – mit Auflagen
Nicht umsonst ist das, was auf pädiatrischen Intensivstationen vielerorts Alltag ist – der Besuch von Geschwisterkindern –, im Erwachsenenbereich seit Jahren Gegenstand andauernder Kontroverse.
Für Maria Brauchle, Diplom-Gesundheits- und Krankenpflegerin für Intensivpflege am Landeskrankenhaus Feldkirch in Österreich, war das die Motivation, das Projekt anzustoßen. “Ein Besuch kann schaden, ein Nicht- Besuch kann ebenfalls schaden”, fasst sie zusammen.
Ihr Fazit: Trotz immer wieder genannter anderslautender Argumente können Kinder Besuche sehr wohl verarbeiten, wenn sie altersgerecht informiert werden. “Kinder stellen auch kein erhöhtes Infektionsrisiko dar, wenn die geltenden Hygieneanforderungen eingehalten werden.”
Essenziell sei jedoch eine gute Vorbereitung mit fachlich begründeter Abwägung von Risiken, die Begleitung der Kinder vor und während des Besuchs – und ein achtsamer Blick auf die Folgezeit, wie im Fall von Maja.
Quellen:
1. DIVI, 2022, www.hausarzt.link/Z6Lye