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Experteninterview Fieber: Wie lang darf die Ursachensuche dauern?

Die Abklärung von Fieber kann eine Herausforderung sein. An welche möglichen Ursachen muss man denken, ab wann weiterführende Diagnostik einleiten, unter welchen Umständen einweisen? Allgemeinärztin Lisa Degener, Altenberge, gibt in diesem Gespräch mit Dr. med. Ulrich Scharmer Tipps.

Ein Patient kommt mit Fieber von 38,5 Grad in die Praxis. Welche Ursachen kommen in erster Linie infrage?

Degener: Bei Patienten einer Hausarztpraxis sind Atemwegs- und Harnwegsinfekte die häufigsten Gründe für Fieber. Wichtige Hinweise liefert die Anamnese: Seit wann besteht das Fieber, geht es mit Hals- oder Ohrenschmerzen und Husten einher? Treten Schmerzen beim Wasserlassen auf? Bei nicht sofort erkennbarer Fieberursache muss man immer auch nach kürzlich zurückliegenden Fernreisen fragen. Bei Menschen mit Migrationshintergrund können außerdem Infektionen durch Besuch aus dem Heimatland infrage kommen. Bei jedem Patienten mit Fieber schließt sich an die Anamnese eine körperliche Untersuchung an, zu der auch die Auskultation der Lungen gehört.

Messen Sie in der Praxis nach, wie hoch das Fieber ist?

Nach meiner Erfahrung sind die mit einem Ohrthermometer bestimmten Werte manchmal deutlich höher oder niedriger als die rektal, unter der Achsel oder sublingual gemessenen. Daher sollte man skeptisch sein und lieber nachmessen, wenn der klinische Eindruck nicht zum berichteten Fieber passt. Ohrthermometer verwende ich in der Praxis nicht mehr.

Welche Labor- und sonstige Diagnostik ist nötig? Soll man gleich das CRP bestimmen und ein Blutbild anfertigen lassen?

Wenn ein Erwachsener zu Beginn der Erkältungssaison mit Fieber, Halsschmerzen und trockenem Husten in die Sprechstunde kommt, sind sehr wahrscheinlich Viren die Ursache. Wenn keine Grunderkrankung besteht, muss man zunächst keine Labordiagnostik betreiben. Ich würde diesen Patienten für drei Tage krankschreiben und danach entscheiden, wie ich weiter vorgehe. Wenn man bei einem Erwachsenen nach mehreren Tagen keine plausible Erklärung für Fieber gefunden hat, folgen je nach Symptomatik ein CRP, BSG und Differenzialblutbild oder ggf. ein Abstrich auf Influenza. Auch eine Röntgenaufnahme des Thorax ist zu erwägen. Bei einer Grunderkrankung wie COPD oder Dia-betes würde ich allerdings nicht so lange mit der weiterführenden Diagnostik warten.

Welche Besonderheiten muss man bei Kindern mit Fieber berücksichtigen?

Wenn ein Kind Fieber hat, ist die Wahrscheinlichkeit, dass dahinter eine gefährliche Erkrankung steht, größer als bei Erwachsenen. Ich versuche daher zuerst, mir ein Bild davon zu machen, wie stark der Allgemeinzustand beeinträchtigt ist, das heißt, wie krank das Kind ist. Dazu beobachte ich, wie munter es ist, und frage die Eltern, ob es trinkt und noch Interesse am Spielen hat.

Was gehört zur ersten Untersuchung eines fiebernden Kindes?

Hier ist immer eine gründliche körperliche Untersuchung nötig. Man muss auf Hauterscheinungen wie Petechien und Effloreszenzen achten, in den Rachen und die Ohren schauen, die Lungen abhören und den Bauch untersuchen.

Oft findet man aber weder durch Befragen der Eltern noch bei der Untersuchung einen Fokus, der das Fieber erklärt. Was ist der nächste Schritt?

Man sollte Kinder mit unklarem Fieber nicht gleich mit Antibiotika behandeln oder gar stationär einweisen, nur um auf Nummer sicher zu gehen. Ich erkläre den Eltern, dass hinter Fieber am häufigsten ein viraler Infekt steht, mit dem das Kind gut fertig wird, wenn es genug trinkt und Ruhe hat. Wichtig: Hält das Fieber an, muss ich das Kind spätestens am dritten Tag erneut sehen oder zumindest telefonisch Kontakt mit den Eltern haben.

Wenn ein Kind mit hohem Fieber einen sehr kranken Eindruck macht, heißt das nicht generell, dass eine ernste Erkrankung vorliegt. Nicht selten leiden die Kinder vor allem unter dem Fieber selbst. Herausfinden kann man das, indem man ein fiebersenkendes Mittel gibt. Wenn das Kind dann munterer wird und das Interesse am Spielen wieder erwacht, spricht das eher gegen eine gefährliche Erkrankung, denn einem Kind mit Meningitis geht es auch mit weniger Fieber nicht besser. Allerdings haben wir diesen Spielraum bei Kindern unter zwei Jahren nicht: Je jünger das fiebernde und sehr kranke Kind ist, desto eher muss eine zügige Abklärung und ggf. stationäre Einweisung erfolgen.

Womit senkt man bei Kindern das Fieber am besten?

Bis zu einem Gewicht von fünf Kilogramm ist Paracetamol Mittel der Wahl, bei größeren Kindern Ibuprofen.

Ab welcher Körpertemperatur muss man Fieber senken?

Die Gefahr, dass die Temperatur so weit steigt, dass die Eiweiße des Körpers de-naturieren, ist gering, denn der Körper stoppt den Anstieg selbst. Einem Kind mit 41 Grad Fieber würde man aber ein Antipyretikum geben, vor allem wenn es sichtbar leidend ist. Grundsätzlich ist die Maßgabe heute nicht mehr, das Fieber ab einer bestimmten Temperatur zu senken, sondern zu sehen, wie sehr das Kind – oder auch ein Erwachsener – unter dem Fieber leidet. Man kennt das aus eigener Erfahrung: Manchmal hat man Fieber und ist einfach nur matt und kann schlafen. Dann sollte man nichts gegen das Fieber unternehmen. Wenn aber zum Beispiel starke Gliederschmerzen und/oder Kopfschmerzen bestehen, darf man es senken.

Wie tief würde man die Körpertemperatur drücken?

Eltern berichten oft, dass sie das Fieber bei ihrem Kind gerade mal um ein Grad herunterbekommen. Wenn es dem Kind damit besser geht, reicht das. Ziel ist nicht eine normale Körpertemperatur, sondern das Lindern der Symptome. Da Antipyretika auch analgetisch wirken, verbessern sie das Befinden fast immer, auch wenn das Fieber nicht so stark sinkt.

Was raten Sie Eltern, die das Fieber lieber mit Wadenwickeln senken möchten?

Ich bestärke sie darin! Wadenwickel dürfen aber nur angewendet werden, wenn sich die Extremitäten warm bzw. heiß anfühlen. Manchmal haben Kinder mit hohem Fieber kalte Hände und Füße, das heißt ihr Kreislauf ist zentralisiert. In diesem Fall darf man keine kalten Wickel auflegen. Das Kind würde sich dagegen wehren, weil das sehr unangenehm ist. Bei warmen Extremitäten sind Wadenwickel aber sehr sinnvoll, und zwar unabhängig davon, ob man zusätzlich Paracetamol oder Ibuprofen gibt.

Nach welcher Fieberdauer nehmen Sie bei einem Kind mit Fieber Blut ab?

Etwa am vierten Tag mit Fieber sollte man wissen, ob eine virale oder bakterielle Ursache vorliegt. Wenn es der Zustand des Kindes erlaubt, weise ich es nicht ein, sondern nehme selbst Blut ab. Wie bei Erwachsenen geben CRP, Blutsenkung und Differenzialblutbild wichtige Informationen.

Wann sollte man ein stark fieberndes Kind auch ohne Hinweise auf eine akut lebensbedrohliche Situation einweisen?

Kinder dürfen schon mal fünf Tage Fieber haben. Wenn die Ursache danach immer noch ungeklärt ist, sollte man einweisen.

Welche Besonderheiten sind bei älteren Patienten mit Fieber zu beachten?

Alte Menschen können eine Urosepsis oder eine Pneumonie ohne die typischen Symptome haben. Es bestehen keine Schmerzen beim Wasserlassen, kein Husten, sondern nur Fieber bei sehr schlechtem Allgemeinzustand. Finde ich bei Menschen, die in einem Altenheim leben, keine Ursache für Fieber, gebe ich unter Umständen schnell ein Antibiotikum, wenn die Blutwerte für eine bakterielle Infektion sprechen. Allein das Anfertigen einer Röntgenaufnahme des Thorax ist für Menschen mit Demenz eine sehr große Belastung, eine stationäre Einweisung wegen des Umgebungswechsels fast immer problematisch.

Vielen Dank für das Gespräch.

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