Die Onychomykose ist von Rezidiven belastet, gilt als hartnäckig und nur schwer heilbar. Sie ist eine Krankheit, die Erwachsene und Kinder, Gesunde und Kranke, Sportler und Behinderte, Arme und Reiche, damit alle soziale Schichten betrifft [3, 4]. Sie ist auch kein rein kosmetisches Problem, obwohl der Leidensdruck derer, die einen Arzt aufsuchen, hoch ist [6]. Immer öfter wünschen sich auch Senioren eine Therapie, um sich im Pflegefall wegen ihrer Nägel nicht schämen zu müssen. Wer Nagelpilz hat, sieht es, und wird gesehen. Im Kern ist die Onychomykose eine Infektionskrankheit, die übertragbar ist: Von Mensch zu Mensch, innerhalb der Familie, von Nagel zu Nagel, vom Nagel zur Haut, vom Fuß zum Kopf.
Steigende Inzidenz
Die Umstände für das Zustandekommen einer Onychomykose sind heute sehr vielfältig [4]. Bei älteren Menschen ist die Durchblutung geringer, die Füße werden kälter, Haut und Nägel wachsen langsamer. Ab dem 65. Lebensjahr ist jeder Zweite von einer Onychomykose betroffen. Eine große Rolle spielt auch die genetische Veranlagung, vor allem ob Rezeptoren für die Erreger auf der Haut vorhanden sind oder nicht.
Bei jüngeren Menschen sind Faktoren wie Plastikschuhe und Belastungen bei Spiel und Sport bedeutend. Der Druck auf die Nägel ist insbesondere beim Tanzen, Tennis oder Fußballspielen enorm. Hierbei ist auch die Feuchtigkeit hoch, was den Erreger und sein Eindringen in den Nagel begünstigt. Beides zusammen, die Disposition und der Erreger führen zur Infektion.
Auch die Politik hat durch Freigabe nahezu aller lokal wirksamen Medikamente ihren Anteil daran, dass Mykosen zunehmen. Viele Senioren behandeln die Erkrankung nicht, weil die Produkte teuer sind. Beschwichtigungen vom Arzt wie „Sie haben Alterspilz, der kommt und geht wieder, daran stirbt man nicht, höchstens damit“ waren kontraproduktiv und epidemiologisch ebenfalls falsch.
Bei Diabetikern kann eine Mykose der Füße als Eintrittspforte für Bakterien sogar zur tödlichen Gefahr werden. Die Pilztherapie kann hier lebensrettend sein. Leider wird der Zusammenhang zwischen Mykose, Erysipel und Amputation noch immer unterschätzt. Die Prävalenz der Onychomykose stieg bei Diabetikern auf über 50 Prozent [7]. Meist ist sie Folge einer unzureichenden Fußpilztherapie. Es sind zwei Stadien der gleichen Infektion. Auch der Erreger ist fast immer derselbe. Fußpilz kann spontan heilen, eine Onychomykose dagegen nicht.
Die Erreger
Die Erreger der Onychomykose haben ihr Lebensoptimum bei ca. 25°C und wachsen langsam. Sie befallen damit nur Haut, Haare und Nägel. Der häufigste Keim ist Trichophyton rubrum. Der „Rote“ Pilz wurde 1911 von Castellani auf Ceylon entdeckt, später von der „Roten“ Armee nach Europa gebracht (Abb. 1). Heute ist er weltweit die Nr. 1 [8]. Neu ist, dass immer öfter Kinder erkranken [9].
Das Spektrum der Erreger ist bei Kindern breiter. Es umfasst Dermatophyten wie Microsporum canis (Quelle: Katzen), Trichophyton mentagrophytes, Trichophyton benhamiae (beide von Meerschweinchen), neuerdings auch Trichophyton erinacei vom Igel [10] sowie den Hefepilz Candida albicans. Der Befall erfolgt in der Regel vom Nagelrand, selten von proximal. Der vom Pilz befallene Nagel ist porös, verdickt oder atrophisch zerstört. Einzelne Nägel widerstehen der Erkrankung, was charakteristisch und eine klare Blickdiagnose ist (Abb. 2).
Therapie
Der Schlüssel zum Heilerfolg liegt im Zusammenspiel von äußeren und inneren Therapien. Die topische Therapie ist Pflicht. Sie ist das Fundament jeder Nagelpilztherapie. Ihr Ziel muss es sein, den Erreger in allen Bestandteilen zu beseitigen, einschließlich seiner im Nagelbett befindlichen und gegen Hitze (+80°C), Kälte (–40°C) sowie Licht und Laser resistenten Sporen (Abb. 1).
Die innere Therapie kommt bei mehreren erkrankten Nägeln und schwerem Befall einzelner Nägel hinzu [11]. Sie ermöglicht ein gesundes Nachwachsen von innen und geht, einer antimykotischen Zange gleich, auf die äußeren Medikamente zu.
In drei Schritten zum Erfolg
Ist der Nagel verdickt, sollte die infizierte Nagelmasse entfernt werden. Die einzige Methode, die schmerzfrei und mit hoher Effizienz in Eigenregie erfolgen kann, ist die Anwendung einer 40-prozentigen Harnstoffsalbe mit Bifonazol [12]. Der Zusatz von Bifonazol bewirkt, dass das vom Harnstoff abgetragene Nagelmaterial nicht mehr infektiös ist – im Unterschied zur Feile mancher Nagellacke, die unhygienisch ist.
Die Anwendung sollte so lange erfolgen, bis der kranke Nagel abgetragen ist, was bei täglicher Anwendung über Nacht mithilfe eines Pflasterverbands etwa 10 Tage beansprucht. Wie mit einem Skalpell geschnitten, bleibt der gesunde Nagelanteil stehen. Wirkt der Harnstoff nicht, ist es keine Mykose. Alternativ kann vom Podologen gefräst und danach mit Harnstoff behandelt werden. Nicht mehr zeitgemäß ist die chirurgische Nagelextraktion. Der Harnstoff ersetzt den Chirurgen.
Laser statt Pharma
Es ist eine exzellente Idee, mit einer nebenwirkungsarmen Lasertherapie Nagelpilz heilen zu wollen [13]. Mangels gesicherter Evidenz wird diese Methode jedoch zunehmend kritisch gesehen [14]. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Erreger im Zusammenspiel von topischen und systemischen Antimykotika zusätzlich angegriffen wird. Ziel der Forschung muss es jedoch sein, eine physikalische Methode zu finden, die auch die im Nagelbett befindlichen Pilzsporen beseitigt. Die Lasertherapie ist teuer und wird auch von privaten Kassen nicht immer erstattet.
Effiziente lokale Langzeittherapie
Die durch den Harnstoff vom kranken Nagelanteil befreite Nagelfläche wird im zweiten Schritt täglich weiterbehandelt. Hierzu sind Antimykotika mit einem breiten Wirkspektrum am besten geeignet, um alle in Frage kommenden Erreger zu erfassen: Bifonazol, Sertaconazol oder Ciclopirox, das auch direkt sporozid wirkt. Bei indirekt über die Keimung der Pilze wirksamen Medikamenten wie Bifonazol sollte die Anwendung als Creme oder Spray möglichst über lange Zeit erfolgen, bis jede Spore ausgekeimt und der Nagel von allen Erregerbestandteilen befreit ist.
Ein Fortschritt in der Lokalbehandlung der Onychomykose ist ein wasserlöslicher Lack mit dem sporoziden Wirkstoff Ciclopirox [15]. Er kann im Unterschied zu anderen Lacken direkt auf die vom Harnstoff freigelegte Nagelfläche aufgetragen werden. Dies sollte am besten auch prophylaktisch über den klinischen Heilerfolg hinaus geschehen, um die gewünschte Nachhaltigkeit zu erreichen. Aufgrund seiner Tiefenwirkung kann der Ciclopirox-Lack auch ohne vorheriges Feilen eingesetzt werden. Bei dicken Nägeln sollte trotzdem mit 40-prozentigem Harnstoff vorbehandelt werden. Bei Bedarf kann und soll die lokale Therapie beliebig oft und jederzeit wiederholt werden.
Systemische Therapie
Die innere Therapie ist bei multiplem und schwerem Befall der Nägel unverzichtbar. Sie hat sich in den letzten Jahren fundamental verändert und ist weit besser verträglich als ihr ursprünglicher Ruf. Fluconazol und Itraconazol zählten von Beginn an zu den am besten verträglichen inneren Medikamenten. Heute kommen sie auch bei Kindern zum Einsatz, mit Zulassungen in Österreich und der Schweiz, von der Tinea capitis bis zum Nagelpilz [16].
Itraconazol besitzt das breiteste Wirkspektrum. Fluconazol hat Lücken bei einigen Trichophyton-Arten, Terbinafin ist unwirksam gegenüber C. albicans (Tabelle 1).
Die Therapie erfolgt so lange, bis der Nagel geheilt ist. Je länger die Therapie andauert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Sporen eliminiert sind und kein Rezidiv entsteht [19]. Die Heilungsraten der inneren Präparate liegen zwischen 60 bis 70 Prozent [17], weshalb stets eine gleichzeitige und möglichst sporozide topische Behandlung erfolgen sollte [18, 19]. Terbinafin: Trotz der noch immer zugelassenen Dosierung von 250 mg über 3 Monate [17] erfolgt die moderne innere Therapie heute nach 7-tägiger Aufsättigung nur noch mit einer Dosis pro Woche [10]. Die Motive für eine solche radikale Änderung waren die hohe Wirksamkeit der Substanz und die Vermeidung von Nebenwirkungen wie Geschmacksveränderungen. Terbinafin besitzt auch das Potenzial, Psoriasis, Lichen ruber und Lupus auszulösen [20–22].
Itraconazol: Der größte Fortschritt in der Therapie der Pilzkrankheiten der Haut und der Nägel geht auf die galenische Weiterentwicklung von Itraconazol zurück. Es wurde als erstes systemisches Medikament in ein Polymer eingearbeitet [24]. Diese als „Super bioavailability“-Technologie (SUBA) bezeichnete Methode steigert die Stabilität, Bioverfügbarkeit und Resorption des Wirkstoffs, so dass die Dosis in der Onychomykose-Therapie gesenkt werden konnte [25]. Durchgesetzt hat sich auch hier das Prinzip der minimal dosierten Therapie mit einer täglichen Gabe über sieben Tage, danach 1 x pro Woche, bis zur Heilung (Tabelle 1).
Der Vorteil von Itraconazol gegenüber Terbinafin besteht auch darin, dass es nur äußerst selten Hautkrankheiten triggern kann und aufgrund seiner antientzündlichen Wirkung diesen sogar entgegenwirkt. Eine Schuppenflechte auszulösen ist auch von Betablockern und anderen Blutdrucksenkern bekannt, so dass bei einer positiven Psoriasis-Familienanamnese Terbinafin nicht mit einem dieser Präparate gegeben werden kann. Auch bei dekompensierter Herzinsuffizienz ist die Anwendung von Itraconazol möglich, wenn der Nutzen die Risiken deutlich überwiegt.
Das neue Itraconazol wird rasch resorbiert und bindet sich schnell an sein Zielsubstrat, das Keratin, von dem sich der Pilz ernährt. Bei gleichzeitiger Gabe anderer Medikamente sollte Itraconazol trotzdem vorsorglich vier Stunden zeitversetzt eingenommen werden, am besten 20 Minuten vor einer Mahlzeit, damit die geringe Wochendosis möglichst ohne Hindernis vollständig resorbiert wird.
Leberwertkontrollen: Systemische Antimykotika sind nicht lebertoxisch, werden jedoch wie andere Interna auch in der Leber verstoffwechselt. 250 mg Terbinafin entsprechen dabei etwa 150 ml eines 14-prozentigen Rotweins. Leberwertkontrollen werden in Leitlinien nicht empfohlen [11], sollten aber, einer guten medizinischen Praxis folgend, zu Beginn, einmal im Verlauf und am Ende der Therapie untersucht werden. Ein empfindlicher Marker für Antimykotika ist das Gamma-GT. Ein Anstieg der Gamma-GT ist unter der niedrig dosierten Therapie mit Itraconazol jedoch eine Rarität.
Diagnostik im Zweifelsfall
Jede Onychomykose ist heilbar, vorausgesetzt der Erreger wird eliminiert und die Diagnose stimmt. Die wichtigsten nicht mykotischen Nagelveränderungen sind
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die infektassoziierte Onychomadesis (häufig bei der Hand-Fuß-Mund- und anderen viralen Erkrankungen, Abb. 3),
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Nagelschäden bei Hautkrankheiten (Psoriasis, Lichen ruber),
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Arzneimittelnebenwirkungen,
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genetisch bedingte Erkrankungen wie Gletscher-, Krallen-, Holz- oder Borkennägel), die als Onychogrypose bezeichnet werden (Abb. 4).
Sollten Zweifel an der Blickdiagnose bestehen, ist es ratsam eine mykologische Diagnostik durchzuführen. Hierbei sind die folgenden Prinzipien zu beachten: Der Patient sollte vier Wochen vor der Probenentnahme keine Antipilzmittel mehr aufgetragen haben (Lacke, Cremes und dergleichen). Die Untersuchungsergebnisse können sonst falsch negativ ausfallen. Für innere Medikamente gilt eine Karenzzeit von acht Wochen. Des Weiteren sollte keine vorherige Desinfektion der Entnahmestelle vorgenommen werden, da diese das Pilzwachstum ebenfalls hemmt.
Es werden möglichst viele feine Nagelspäne von charakteristischen Stellen auf ein Blatt Papier geschabt, dabei sollte man eher raspeln als schneiden. Das Papier wird dann zusammengefaltet, mit einer Briefklammer oder Tesaband versiegelt und an ein Labor geschickt.
Nicht immer hilfreich und teuer ist die auch in der Mykologie aufkommende PCR- Diagnostik [26, 27]. Ihr größter Vorteil, die überragende Empfindlichkeit, ist zugleich ihr größter Nachteil. Es kommt nicht selten zu falsch-positiven Befunden, die im Widerspruch zum klinischen Bild stehen und richtig interpretiert werden müssen.
Schuhe mitbehandeln
Um einen nachhaltigen Heilerfolg zu erreichen, ist es ratsam, die Schuhe (= Pilzcontainer) mit einem die Sporen abtötenden Präparat (Spray) aus der Apotheke zu behandeln. Gleichzeitiger Fußpilz sollte über zwei Wochen täglich mit einem der genannten breiten Wirkstoffen als Creme, Lösung oder Spray mitbehandelt werden.
Zur Nachhaltigkeit der Therapie gehört auch, möglichst alle erkrankten Familienmitglieder zu behandeln, sowie die in Verdacht stehenden Gegenstände des Patienten, z.B. Handtücher (hier reicht Waschen bei 60°C aus) oder Scheren (Sterillium).
Die lokale Therapie sorgt dafür, dass bereits nach vier Tagen keine lebensfähigen Erreger mehr ausgeschieden werden. Etwa sechs Monaten später sterben auch alle in Teppichen oder auf Gegenständen noch befindlichen Sporen biologisch ab, so dass nicht zwingend das ganze Haus desinfiziert werden muss.
Fazit
Die Onychomykose ist eine Infektionskrankheit, die heilbar ist. Sie ist weit verbreitet, aber nicht einfach zu behandeln. Es kommt darauf an, den Erreger komplett zu beseitigen, mit einer Kombination aus 40-prozentigem Harnstoff, einer langfristigen täglichen lokalen sporoziden Therapie und einer gut verträglichen inneren Therapie.
Mögliche Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine deklariert.
Literatur
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10 Tietz HJ (2017): Onychomykose bei Erwachsenen und Kindern. Erfolgreiche Therapie in der täglichen Praxis. Der Allgemeinarzt 39: 42-47.
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11 Seebacher C, Brasch J, Abeck D, Cornely O, Effendy I, Ginter-Hanselmayer G, Haake N, Hamm G, Hipler UC, Hof H, Korting HC, Mayser P, Ruhnke M, Schlacke KH, Tietz HJ (2007): Onychomycosis. Mycoses 2007, 50: 321-7
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