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Zelltherapie flächendeckend möglich
Die Therapie einiger bösartiger B-Zell-Erkrankungen mit so genannten CAR-T-Zellen ist inzwischen in 27 spezialisierten Behandlungszentren in Deutschland möglich. Die Therapie erfolgt mit T-Zellen des Patienten, die gentechnisch mit einem chimären Antigenrezeptor (CAR) gegen ein spezifisches Krebsantigen ausgestattet werden. CAR-T-Zellen bieten Heilungschancen in bis dato hoffnungslosen Situationen bei rezidivierten oder refraktären akuten lymphatischen Leukämien oder diffus-großzelligen B-Zell-Lymphomen. Weil diese Therapie auch mit erheblichen Risiken einhergeht, müssen die Zentren hohe Anforderungen erfüllen.
Ein Wirkstoff für alle
Normalerweise werden neue Krebstherapien für bestimmte Karzinome zugelassen. Anders bei Larotrectinib: Der Wirkstoff war in einer frühen klinischen Studie bei 17 verschiedenen soliden Tumoren mit einer so genannten NTRK-Genfusion wirksam und wurde unabhängig von der Tumorart zugelassen, wenn diese seltene genetische Veränderung nachweisbar ist. Nach Meinung von Experten wird das aber die Ausnahme bleiben. Häufiger ist eine auf ein molekulares Ziel gerichtete Therapie, die bei wenigen, klar definierten Krebserkrankungen mit dem entsprechenden Biomarker zugelassen wird.
Brusterhaltende OP bei Mammakarzinom
Beim 34. Deutschen Krebskongress vom 18. bis 22. Februar in Berlin versammelten sich wieder Tausende von onkologisch tätigen Ärzten aller Fachrichtungen, um sich interdisziplinär über aktuelle Entwicklungen im innovativen Feld der Onkologie auszutauschen. Dabei ging es um die Herausforderung in der klinischen Versorgung ebenso wie um neueste Forschungsergebnisse. So manche Impulse des Kongresses sind auch für die hausärztliche Praxis von Interesse.
Darmkrebszentren: Überlebensdaten überzeugen
In einer Umfrage hatten sich einige Hausärzte 2015 noch skeptisch gegenüber den von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Darmkrebszentren gezeigt. Immerhin hatte auch damals schon etwa die Hälfte die gute Behandlungsqualität hervorgehoben und dafür plädiert, dass Darmkrebs immer in solchen Zentren behandelt werden sollte. Die Argumente dafür sind gewachsen, wie Prof. Thomas Seufferlein von der Universitätsklinik Ulm berichtete. So liegt die Krankenhaussterblichkeit von Patienten mit Darm- oder Rektumkarzinom in zertifizierten Zentren niedriger, die Drei-Jahres-Überlebensrate mit 71,6 Prozent ist signifikant höher als in nicht zertifizierten Kliniken, die diese Karzinome behandeln (63,6 Prozent; p=0,001). Eine populationsbasierte Studie der AOK Sachsen zeigte einen solchen Vorteil auch für das Gesamtüberleben: Patienten mit Darmkrebs, die in zertifizierten Zentren behandelt worden waren, lebten im Median über ein Jahr länger. Für Prof. Seufferlein ist es daher nur richtig, dass die Zahl der Krankenhäuser, die Darm- und Rektumkarzinome behandeln, sinkt und inzwischen schon 58 Prozent aller Operationen in zertifizierten Zentren durchgeführt werden. Aktuell gibt es 282 zertifizierte Zenten an 289 Standorten. Sechs Zentren befinden sich noch in der Zertifizierungsphase. Damit sei mehr oder weniger eine flächendeckende Versorgung gewährleistet, sagte Prof. Seufferlein.
Vorsicht Prognose!
Fast alle Patienten mit einer neu diagnostizierten Tumorerkrankung wünschen sich eine realistische Einschätzung der Ärzte über ihre Prognose. Allerdings klären viele Onkologen die Patienten zwar über ein mögliches Versterben auf, nicht aber über ihre tatsächliche Prognose. Die ist aber wichtig, erklärte Prof. Claudia Bausewein, Palliativmedizinerin der Universitätsklinik München. Patienten mit einem guten Verständnis über ihre Prognose treffen andere Entscheidungen, z.B. hinsichtlich aggressiver lebenserhaltender Maßnahmen, und können wichtige letzte Dinge und Probleme abschließen.
Die Prognose zu stellen, ist allerdings schwierig. Behandelnde Ärzte schätzen nach einer ganzen Reihe von Studien die Prognose ihrer Patienten zu optimistisch ein. Wenn sie mit Patienten über die Prognose sprechen, sind sie sogar noch optimistischer. So überschätzten Ärzte in einer Studie des Überlebens von Patienten in der Sterbephase um mehr als das Fünffache. Neben Studiendaten und Datenbanken zur Lebenserwartung bei bestimmten Erkrankungen können Prognosescores bei der Abschätzung helfen.
Als hilfreich nannte Prof. Bausewein die Überraschungsfrage, die man zusammen mit allen an der Versorgung Beteiligten beantworten sollte: “Wären Sie überrascht, wenn der Patient in den nächsten sechs Monaten (oder einem anderen Zeitraum) sterben würde?” Die Genauigkeit der gemeinsam eingeschätzten Prognose lag in einer Studie bei 75 Prozent. Vor zu genauen Zeitangaben warnte Prof. Bausewein und empfahl stattdessen die Angabe von Zeiträumen (z.B. “Wir reden eher von Monaten als Jahren”) oder die Angabe der Wahrscheinlichkeit, zu einem bestimmten Zeitpunkt (Weihnachten, die Geburt des Enkels etc.) noch zu leben.