Daten aus GroßbritannienAkdÄ zu Pregabalin- und Gabapentin-Todesfällen: Verschreibung sorgfältig prüfen!

Pregabalin und Gabapentin werden offenbar zunehmend als Droge missbraucht. Im Vereinigten Königreich ist die Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit den beiden Antikonvulsiva gestiegen, auch in Deutschland wird eine Zunahme vermutet. Die AkdÄ erinnert daran, vor der Verordnung das Risiko für eine Abhängigkeit sowie Komedikationen zu prüfen.

Pregabalin und Gabapentin sind wichtige Medikamente bei der Behandlung neurologischer Krankheiten (Symbolbild).

Berlin. Die britische Statistikbehörde hat kürzlich von einer Zunahme von Todesfällen in Zusammenhang mit Pregabalin und Gabapentin in England und Wales berichtet. Demnach ist die Zahl der jährlichen Todesfälle zwischen 2018 und 2022 teils deutlich gestiegen, und zwar von 187 auf 441 bei Pregabalin und von 93 auf 135 bei Gabapentin. Dies hatte auch in Deutschland zu mehreren Medienberichten geführt.

Nun hat sich die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) dazu geäußert und erinnert zunächst, dass Pregabalin und Gabapentin zugelassen sind zur Behandlung neuropathischer Schmerzen und Epilepsie, Pregabalin auch bei generalisierter Angststörung. Darüber hinaus werden die Arzneimittel laut AkdÄ mitunter off-label angewendet z. B. bei anderen psychiatrischen Erkrankungen, nicht-neuropathischen Schmerzen und somatoformen Störungen.

Arzneimittelabhängigkeit und Suizidgedanken

“Sowohl Gabapentin als auch Pregabalin besitzen das Risiko für die Entwicklung einer Arzneimittelabhängigkeit, die auch bei therapeutischen Dosen auftreten kann. Pregabalin scheint ein stärkeres Abhängigkeitspotenzial zu besitzen als Gabapentin”, heißt es in der Mitteilung.

Für Pregabalin seien Suizidgedanken und suizidales Verhalten als Risiko beschrieben, für Gabapentin Suizidgedanken. Suizidgedanken könnten auch nach Absetzen von Pregabalin im Rahmen eines Entzugssyndroms auftreten. Bei beiden Substanzen seien Todesfälle bei gleichzeitiger Anwendung weiterer zentral wirksamer Substanzen wie Opioide beschrieben.

Zudem verweist die AkdÄ auf Daten des englischen National Programme on Substance Abuse Deaths. Demnach wurden zwischen 2004 und 2020 3.051 Todesfälle in Zusammenhang mit Pregabalin und Gabapentin gemeldet, deren Daten detailliert ausgewertet wurden.

“In circa 40 Prozent der Fälle waren die Arzneimittel illegal erworben worden. Da in über 90 Prozent der Fälle post mortem auch Opioide detektiert wurden und die Gabapentinoid-Konzentrationen in den meisten Fällen im therapeutischen Bereich lagen, wird eine Interaktion zwischen Gabapentinoiden und Opioiden vermutet”, heißt es in der Mitteilung.

Nur in einem Viertel der Fälle seien die Opioide als Komedikation zu Gabapentinoiden ärztlich verordnet gewesen. Nur in zwei Fällen seien Gabapentin bzw. Pregabalin als allein ursächlich für den Tod angesehen worden. In 9,7 Prozent (Gabapentin) bzw. 5,3 Prozent (Pregabalin) der Fälle werde von Suizid als Todesursache ausgegangen.

Patientenrisiko individuell prüfen!

Grundsätzlich gilt es laut AkdÄ folgendes zu beachten:

  • Ärztinnen und Ärzte sollten vor der Verordnung das individuelle Patientenrisiko für die Entwicklung einer Abhängigkeit sorgfältig prüfen. Patientinnen und Patienten sollten über dieses Risiko aufgeklärt und hinsichtlich eines Missbrauchs oder einer Abhängigkeit überwacht werden.
  • Bei Komedikation von Gabapentin mit anderen zentralwirksamen Substanzen, einschließlich Opioiden, müssen die Patientinnen und Patienten auf Anzeichen einer zentralen Dämpfung (z. B. Somnolenz, Sedierung, Atemdepression) beobachtet werden. Bei gleichzeitiger Anwendung von Morphin kann eine Erhöhung des Gabapentinspiegels auftreten.
  • Bei gleichzeitiger Verordnung von Pregabalin und Opioiden ist Vorsicht geboten. Fälle von respiratorischer Insuffizienz, Koma und Tod wurden bei Einnahme von Pregabalin zusammen mit Opioiden und/oder anderen zentral dämpfenden Arzneimitteln berichtet.
  • Patientinnen und Patienten sollten zudem hinsichtlich der Entwicklung von Suizidgedanken und suizidalen Verhaltensweisen überwacht werden.

DGN stellt BtM-Pflicht zur Diskussion

Auch die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat sich kürzlich zu den Daten aus Großbritannien geäußert und vermutet einen entsprechenden Anstieg der Todesfälle auch in Deutschland.

“Aufgrund der entspannenden und euphorisierenden Wirkung wird Pregabalin (sowie auch Gabapentin) zunehmend als Droge missbraucht. Unheilvoll wird die Einnahme zusammen mit anderen Drogen” (Opioide und Benzodiazepine und/oder Alkohol), heißt es in der Mitteilung. Die DGN warnt daher vor dem missbräuchlichen Medikamentenkonsum, zudem müssten Auflagen für die Verordnung wie eine BtM-Pflicht diskutiert werden.

Grundsätzlich seien Pregabalin und Gabapentin (abgesehen von dem Risiko der Entwicklung einer Abhängigkeit) per se nicht gefährlich und unverzichtbare Medikamente bei der Behandlung neurologischer Krankheiten, für die bei vielen Indikationen keine Therapiealternativen zur Verfügung stünden. Ein Verbot der Medikamente ist daher aus Sicht der DGN keine Option. red

Quelle:

  1. Mitteilung der AkdÄ vom 28. März
  2. Mitteilung der DGN vom 26. März
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