Hausarzt MedizinMit Artischocke und Mariendistel gegen Leberbeschwerden

Unspezifische dyspeptische Beschwerden können Hinweise auf Erkrankungen des Leber-Galle-Systems sein. Pflanzliche Hepatoprotektiva und Cholagoga werden zwar kontrovers diskutiert, sind aber nachgewiesenermaßen gut wirksam. Eine Indikation für Phytos ist auch das häufige Postcholezystektomie-Syndrom.

Lebererkrankungen sind häufiger als angenommen. Allein mehr als eine Million Menschen in Deutschland sollen eine chronische Hepatitis haben, so die Deutsche Leberstiftung. Doch nur die wenigsten ahnten etwas von ihrer Erkrankung. Unspezifische Symptome wie ständige Müdigkeit, Konzen-trationsstörungen, Druckgefühl im rechten Oberbauch, Appetitverlust, Ekel vor bestimmten Speisen (auch wechselnd), Übelkeit, Erbrechen oder Meteorismus können Hinweise auf Erkrankungen von Leber oder Galle sein.

Hier haben Phytotherapeutika ihren Wert. Obwohl viele Patienten von sich aus danach greifen oder fragen, werden die medizinischen Möglichkeiten oft nicht angemessen gewürdigt. Hepatoprotektive Phytos lindern aber nachgewiesenermaßen Beschwerden wie Völlegefühl, Schmerzen im rechten Oberbauch oder Nachlassen der körperlichen Leistungsfähigkeit, unterstützen die regenerierenden Mechanismen in der Leber und verkürzen die Krankheitsdauer. Nicht geeignet sind sie bei akuter Hepatitis, Siderose oder Morbus Wilson. Aber bei funktionellen oder chronischen Erkrankungen ist der Einsatz von Phytos einen Versuch wert. Auch bei Gallenerkrankungen werden sie kontrovers diskutiert. Doch ebenfalls bei funktionellen Störungen, aber auch bei Entzündungen eignen sich nebenwirkungsarme oder -freie pflanzliche Gallemittel zur Therapie.

Die Arzneidrogen wirken in unterschiedlicher Stärke choleretisch, also anregend auf die Galleproduktion, oder cholezystokinetisch, anregend auf die Entleerung der Gallenblase. Subsumiert werden sie unter der Bezeichnung Cholagoga. Pflanzliche Gallemittel können außerdem spasmolytische, antiphlogistische, karminative oder antibakterielle Effekte haben. Wenige Fragen führen zu einem passenden Phyto bei Erkrankungen von Leber und Galle.

Leidet ein Patient an den typischen dyspeptischen Symptomen, die auf eine Störung des Leber-Galle-Systems deuten, wie Übelkeit, Aufstoßen, Blähungen und Beschwerden im Oberbauch? Liegen eventuell auch deutlich erhöhte Fettstoffwechselwerte vor?

Eines der wichtigsten pflanzlichen Hepatoprotektiva und Cholagoga mit wissenschaftlich abgesicherter Wirksamkeit ist die Artischocke. Die choleretische Wirkung des Extrakts wirkt schnell: Schon nach einer halben Stunde nehmen die Beschwerden im rechten Oberbauch, die in Rücken oder Schulter ausstrahlen können, deutlich ab. Meist sind sie nach einer Stunde ganz verschwunden. Hauptwirkstoff ist Cynarin, ein Derivat der Kaffee- und der Chinasäure, das beim Trocknungsprozess und der wässrigen Extraktion von Artischockenblättern durch Umesterung entsteht. Artischocke hat mannigfache positive Wirkungen auf Galle und Leber. So steigert sie Gallefluss und -produktion und regt dadurch die Peristaltik an. Die Droge wirkt cholesterinsenkend, denn sie vermindert den intrahepatischen Cholesteringehalt und löst bestehende Cholesterinablagerungen auf.

Artischocke fördert die Cholerese und wirkt so normalisierend auf die Fettverdauung. Sie hat einen antioxidativen Effekt, etwa durch Reduktion des radikalinduzierten Absterbens von Hepatozyten und durch den Schutz der Zellmembran vor exogenen Noxen. Artischockenblätter hemmen die CCl4-induzierten Schädigungen von Hepatozyten und steigern die Durchblutung in der Leber. Außerdem stimulieren sie die Zellteilung der Hepatozyten, steigern ihren RNA-Gehalt und die doppelkernigen Hepatozyten.

Einen Extrakt aus Artischockenblättern enthalten zum Beispiel Hepar-SL® und Hepar-SL® forte (Cassella-med/Klosterfrau), zu dem einige positive Studienergebnisse vorliegen, aar® gamma N (aar pharma), Ardeycholan® (Ardeypharm), Artischocke-ratiopharm®, Cholagogum Nattermann® Artischocke Kapseln oder Liquidum (Cassella-med/Klosterfrau), Hepacyn® (Quiris Healthcare), Hepar-POS® (Ursapharm), Heparstad® (Stada) oder Natu-hepa® (Rodisma-Med).

Ist eine Lebererkrankung, etwa eine Hepatitis oder eine Zirrhose, Ursache der Beschwerden?

Ein anderes wichtiges Leber-Phyto ist die Mariendistel. Von dieser mediterranen Pflanze werden die Früchte verwendet. Für sie existiert nicht nur eine sehr gute Pharmakologie, sondern auch die klinische Wirksamkeit ist wissenschaftlich nachgewiesen. In der Leber wirkt Silymarin, ein Komplex aus den Flavanolderivaten Silybinin, Silydianin und Silychristin. Hauptwirkstoff und Leitsubstanz ist Silybinin. Silymarin stimuliert die Aktivität der RNA-Polymerase I im Zellkern und somit die ribosomale Proteinsynthese in Leberzellen. Das wiederum fördert die Regenerationsfähigkeit der Leber. Außerdem werden die Lipidstrukturen der Leberzellmembran stabilisiert.

Silymarin hat auch eine antiperoxidative Wirkung und einen antifibrotischen Effekt, weshalb Mariendistel bei chronischen Lebererkrankungen einiges ausrichten kann. Mariendistelfrüchte wirken auch cholezystokinetisch. Das Mittel ist zwar kein typisches Cholagogum, kann aber auch bei Gallenleiden sinnvoll sein. Am besten setzt man Silymarin dann zusammen oder im Wechsel mit Cholagoga ein. Eine besondere Indikation für Mariendistel ist die Vergiftung durch Knollenblätterpilze: Silybinin, intravenös gegeben, gilt heute als das sicherste Antidot für die lebensbedrohliche Vergiftung. Es gibt viele Monopräparate mit Mariendistelfrüchten.

Die meisten Studienergebnisse liegen zu den verschiedenen Legalon®-Präparaten (Rottapharm/Madaus) vor. Andere Mittel sind zum Beispiel Ardeyhepan® (Ardeypharm), hepa-loges® (Loges), Hepar-Pasc® (Pascoe), Phytohepar® novo (Steigerwald), Silymarcur® (Rodisma-Med) oder Silimarit® (Bionorica). Mariendistelfrüchte sind auch Bestandteil der verdauungsfördernden Kombi Iberogast® Flüssigkeit (Steigerwald). Ähnliche Wirkungen wie die der Mariendistel wurden von der Zuckerrübe beschrieben.

Der Wirkstoff Betain gehört zu den lebenswichtigen hepatotropen und lipotropen Aminosäuren und unterstützt die Regeneration der Leberzellen. Es kann auch als pflanzlicher Lipidsenker eingesetzt werden. Ein Präparat, das Betain, Sorbitol und Mannitol enthält, ist Flacar® Granulat (Schwabe).

Klagt ein Patient über Symptome wie krampfartige Schmerzen im rechten Oberbauch, Übelkeit, Brechreiz oder Völlegefühl, die auf eine Gallenwegsdyskinesie deuten?

Bei Oberbauchkrämpfen und dyspeptischen Beschwerden ist die Pfefferminze ein traditionelles Heilmittel. Die Blätter enthalten als Hauptwirkstoff Menthol. Das durch Wasserdampf aus den Blättern gewonnene ätherische Öl besteht zu mindestens 44 Prozent aus freien Alkoholen wie Menthol. Pfefferminzöl ist also stark konzentriert und kann leicht überdosiert werden. Bei chronischen Magenbeschwerden sollte das Öl nicht länger als sechs Monate angewandt werden. Menthol wirkt direkt spasmolytisch auf die glatte Muskulatur des Magen-Darm-Trakts, denn es blockiert die Kalziumkanäle und vermindert den Kalziumeinstrom in die Zellen. Der Tonus des unteren Ösphagussphinkters wird gesenkt. Dadurch kann aufgestaute Luft leichter abgehen.

Pfefferminzöl wirkt außerdem choleretisch und antiemetisch. Pfefferminzöl-Monopräparate sind zum Beispiel Spasmo Gallo Sanol® N (Sanol/UCB Pharma) oder Medacalm® (Omega Pharma). Pfefferminzöl ist Bestandteil einiger Kombis mit verdauungsfördernder Wirkung. Sinnvoll ist etwa die Kombination mit Kümmel. Das Öl der Kümmelfrüchte ist ebenfalls ein starkes Karminativum. Es wirkt spasmolytisch auf die glatte Muskulatur des Magen-Darm-Trakts, regt die Magensaftsekretion und den Appetit an. Erst in diesem Jahr auf den Markt gekommen ist die Pfefferminzöl/Kümmelöl-Kombination Carmenthin® (Schwabe), deren Wirksamkeit in klinischen Studien belegt ist.

Treten unspezifische dyspeptische Beschwerden nach einer Cholezystektomie auf?

Beim relativ häufigen Postcholezystektomie-Syndrom und auch zur Gallenstein-Prophylaxe hat sich Curcuma bewährt. Der Wurzelstock der Gelbwurz und auch der der Javanischen Gelbwurz enthalten Curcuminoide, vor allem Curcumin. Das sind gelbe Farbstoffe, die etwa dem Curry seine typische Farbe geben. Das ätherische Öl und Curcumin wirken choleretisch und cholekinetisch.

Curcuma regt Magensekretion und Magen-Darm-Motorik an, wirkt außerdem auch antibakteriell (gegen gramnegative Keime), antiviral und, wie Experimente gezeigt haben, sogar tumorhemmend. Ein Präparat, mit dem es einige Anwendungsbeobachtungen mit guten Ergebnissen gibt, ist Curcu-Truw® (Truw).

Literatur bei der Verfasserin.

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