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Hausarzt MedizinMigräne durch Wetterwechsel?

Sind bestimmte Wetterlagen oder ein Wetterwechsel Trigger für Schmerzepisoden während einer Migräneattacke? Ein Blick in die wissenschaftliche Literatur erlaubt kein eindeutiges Urteil.

Wiele Studien belegen den Einfluss bestimmter Wetterlagen auf Migräne-Patienten, einige Untersuchungen können einen solchen Zusammenhang aber nicht feststellen. Womöglich beruht dieser Dissens auf einem Missverständnis: Wie viele andere vermeintliche Trigger (Lichtblitze, Schokolade, Käse) löst das Wetter selbst zwar keine Migräneattacke aus, doch es kann durch den Einfluss auf die Blutgefäße eine Eskalation zur Schmerzepisode unterstützen und auf vielfältige Weise körperlichen und mentalen Stress und damit einen echten Migräne-Trigger provozieren.

Risiko-Wetterlagen

Charakteristisch für den Einfluss des Wetters auf Migränepatienten ist, dass nicht alle Risiko-Wetterlagen gleichermaßen wirksam werden. Einige Patienten leiden ausschließlich bei raschem Temperaturanstieg, andere fürchten den Temperatursturz. Die medizinmeteorologische Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und der österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) warnt für Migräne vor drei verschiedenen Wetterlagen:

  • Einstrom von Warmluft (Warmluftadvektion): Je drastischer der Temperatursprung und je höher die Endtemperatur, umso größer das Risiko.

  • Regenwetter: Je länger die feuchtkalte Witterung anhält, umso größer das Risiko.

  • Rasanter Temperatursturz durch Kaltluftadvektion: insgesamt eher geringes Risiko.

Die medizinmeteorologischen Vorhersagen von DWD und ZAMG beziehen sich ausschließlich auf die gefühlte Temperatur und nicht auf den absoluten Thermometerwert. Denn neben der gemessenen Temperatur bestimmen auch Windgeschwindigkeit, Luftfeuchte und Sonnenstrahlung sowie die Dynamik der Temperaturentwicklung die biologisch wirksame Temperatur. Regnerische nasskalte und windige +5 Grad Celsius werden als kälter empfunden als trockenkalte –2 Grad bei Sonnenschein. Am Strand bei leichtem Wind sind 30 Grad für die meisten Menschen besser zu ertragen als schwüle 25°C in der Stadt. Auch die Reaktion des Körpers orientiert sich an der gefühlten Temperatur: Bei Kälte ziehen sich die Arterien zusammen und bei Hitze erreichen sie ihren maximalen Durchmesser.

Entstehung von Migränesymptomen

Eine rasche Vasodilatation begleitet die Schmerzepisoden während einer Migräneattacke. Nach der vaskulären Migräne-Theorie verengen sich die Blutgefäße zunächst und provozieren einen Mangel an Zucker und Sauerstoff im Gehirn. Eine überschießende Gegenreaktion weitet dann die Blutgefäße maximal. Diese Dehnung der Gefäßwände verursacht den Migräneschmerz.

Migränesymptome wie Aura und Übelkeit sind jedoch nicht allein durch die vaskuläre Theorie zu erklären. Die neurovaskuläre Migräne-Theorie berücksichtigt, dass der Trigeminus im Vorfeld einer Migräneattacke Entzündungsbotenstoffe ausschüttet, durch die sich die Gefäße im Gehirn stark weiten und einen Dehnungsschmerz provozieren. Bei diesen „sterilen neurogenen Entzündungen“ steigt die Durchlässigkeit der Blutgefäße im Gehirn und in der Hirnhaut, wodurch lokale Ödeme entstehen, die auf die umgebenden Gehirnareale vor-übergehend Druck ausüben.

Direkte und indirekte Effekte des Wetters

Ein rascher und starker Temperaturanstieg unterstützt die Vasodilatation und kann so den Beginn einer Schmerzepisode triggern und die Wahrscheinlichkeit für einen Dehnungsschmerz steigern.

Ein rasanter Temperatursturz bewirkt dagegen eine rasche Kontraktion der Arterien. Folgt man der vaskulären Migräne-Theorie, könnte ein extremer Kältereiz auf diese Weise die Einleitung der Schmerzepisode unterstützen. Die Zucker-Sauerstoff-Krise im Gehirn eskaliert und die gefäßerweiternde Gegenreaktion fällt umso heftiger aus. Während der Prodromi einer Migräne-Schmerzpisode treten Symptome auf, die durch Wetterereignisse beeinflusst werden:

  • Konzentrationsprobleme

  • Schwankung der Motivations- und Leistungsbereitschaft

  • Reizbarkeit und innere Unruhe

  • Depressive Verstimmung (Stimmungsschwankungen)

  • Schlafstörungen

  • Erhöhte Schmerzsensibilität (keine Migräne)

  • Kopfschmerz (keine Migräne)

Beispielsweise können Frontendurchgänge eines besonders dynamischen Tiefdruckgebietes dazu führen, dass die Konzentrationsfähigkeit leidet und die innere Unruhe zunimmt. Lang anhaltende Schlechtwetterphasen mit Regen und Wind können eine depressive Stimmung hervorrufen, die ein Migräne-Trigger sein kann. Und wenn in sommerlichen Tropennächten, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad fällt, die Schlafqualität schwindet, fühlen sich viele Menschen wenig erholt und klagen über Müdigkeit und Konzentrationsschwäche. Diese unmittelbare Wetterwirkung kann körperlichen, mentalen und emotionalen Stress erzeugen und so mittelbar den Verlauf einer Migräneattacke beeinflussen.

Migräne-Patienten, die vom Einfluss des Wetters auf ihre Beschwerden überzeugt sind, können prüfen, ob sie direkt durch bestimmte Wetterlagen geplagt werden, oder ob indirekte Effekte wirksam werden. In einem Tagebuch (z. B. unter www.menschenswetter.de) können sie Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen notieren. Anhand der Auswertung dieser Tagebücher wird dann offensichtlich, ob Schlafstörungen oder depressive Verstimmung, Konzentrationsprobleme oder eine allgemein erhöhte Schmerzsensibilität für die Wetterempfindlichkeit verantwortlich sind.

Medizin-meteorologische Vorhersagen: Prognosen der Abteilung Medizin-Meteorologie des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zur Wetterempfindlichkeit: www.menschenswetter.de

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