Das Interesse nimmt stetig zu: 2013 haben sich etwa 241 000 Patienten aus dem Ausland in Deutschland stationär oder ambulant behandeln lassen. Verglichen mit dem Vorjahr seien die Patientenzahlen um 7,7 Prozent gestiegen, so Jens Juszczak von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin. Medizintourismus ist ein äußerst lukratives Geschäft: Das deutsche Gesundheitssystem hat 2013 fast 1,2 Mrd. Euro an den Patienten aus dem Ausland verdient.
Lukratives Geschäft
Noch vor wenigen Jahren kamen die Nicht-EU-Auslandspatienten vor allem aus dem arabischen Raum, aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, Bahrain. Das hat sich stark verschoben. Inzwischen kommen die meisten Medizintouristen aus Russland, 2013 waren es 11.000 stationäre und 16.000 ambulante Patienten. Mit einem Plus von 28,5 Prozent habe die Nachfrage nach deutscher Medizin so stark zugenommen, dass aus Russland mittlerweile so viele Patienten kommen, wie aus allen arabischen Staaten zusammen, so Juszczak.
Doch durch die schlechte wirtschaftliche Lage in Russland und die Ukraine-Krise werden diese Zahlen sicher zurückgehen. Bedeutet das dann das Ende des Booms? Nein, da ist Juszczak sicher. „Die Behandlung von schweren Erkrankungen kann man nicht unendlich aufschieben. Da viele Spezialisten in Deutschland sitzen, werden auch weiterhin russische Patienten in unsere Gesundheitseinrichtungen kommen“, so der Leiter des Forschungsbereichs Medizintourismus zum „Hausarzt“.
Interessante Wachstumsmärkte
„Nur weniger, da nicht dringend notwendige Behandlungen wie Lasik-Operationen, plastisch-chirurgische Eingriffe oder Zahnbehandlungen erst einmal aufgeschoben werden.“ Aber der GUS-Raum bestehe ja nicht nur aus Russland und der Ukraine. „Kasachstan, Aserbaidschan oder Armenien sind interessante Wachstumsmärkte, die erschlossen werden können.“ Außerdem rechnet der Forscher damit, dass in Zukunft mehr Patienten aus der Türkei, Israel und Südostasien zur Behandlung nach Deutschland reisen werden.
Von diesen Medizintouristen profitieren vor allem die Kliniken. Etwa jede zehnte deutsche Klinik widmet sich diesem Geschäftsbereich, so Juszczak. Aber auch der ambulante Sektor hat diesen lukrativen Geschäftsbereich entdeckt. Allerdings gebe es dazu keine genauen Zahlen, weil diese Daten nicht erhoben würden, sagte der Forscher im Gespräch mit „Der Hausarzt“. Es gebe aber vor allem in den großen Städten wie Köln oder Düsseldorf genügend Praxen, die Auslandspatienten behandeln.
Für Interessenten bietet die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Kompaktkurse an, in denen Ärzte im Umgang mit Patienten aus dem Ausland geschult werden.
Infos: www.auslandspatienten.de