Wir Hausärzte sehen täglich Kinder, die problemlos mit Tablet oder Smart phone umgehen und gleichzeitig mit moto ri schen Defiziten und Konzentrationsstörungen auffallen. Vielfach wird dann die Forderung nach Logopädie und Ergotherapie an uns herangetragen, die aber nicht die Erziehung im Elternhaus ersetzen kann und darf. 30 Prozent der Eltern treffen keine zeitlichen und inhaltlichen Absprachen mit ihren Kindern hinsichtlich des Online-Konsums [2].
Entwicklungsphysiologisch und neurobiologisch ist bekannt, dass die Neurogenese, also die Ausbildung neuer Nervenzellen und insbesondere deren Verknüpfung im Nervensystem während der Kindheit am aktivsten ist. Diese und somit das Lernpotenzial werden durch eine abwechslungsreiche Umgebung und insbesondere auch durch körperliche Aktivitäten gefördert.
Dass übermäßiger Medienkonsum auf diese Entwicklungen kontraproduktiv wirkt, konnte bereits mehrfach nachgewiesen werden. Eine Untersuchung aus dem Jahre 2006 zeigte z. B. ein deutlich schlechteres Mensch-Zeichnen bei Vorschulkindern in Abhängigkeit von der Dauer des täglichen Fernsehkonsums (s. Abb.) [1]. Andere Untersuchungen zeigen, dass das in der Schule Gelerntes bei nachmittäglichem oder abendlichem lang andauernden Computerspielen deutlich schlechter behalten wird. Auch hinter mancher Schlaf- und Konzentrationsstörung steckt ein übermäßiger Medienkonsum.
Bei älteren Kindern und Jugendlichen führt besonders der übermäßige Konsum von Filmen oder Computerspielen mit Gewalt oder Kriegsszenen zu verschiedenen psychischen Symptomen und einem Abfall der Schulleistungen. Haltungsschäden, Kopf- und Nackenschmerzen sind nicht selten eine Folge des übermäßigen Gebrauchs von Handys [2]. Zudem müssen soziale Probleme (Mobbing) und die daraus entstehenden Folgen (Depressionen bis hin zu einzelnen Fällen von Suizid) beachtet werden.
Für unsere Beratungstätigkeit in der hausärztlichen Praxis, z. B. anlässlich der Vorsorgeuntersuchungen, bedeutet das:
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Jede Vorsorgeuntersuchung ab der U7a zur Beratung bezüglich des Medienkonsums nutzen. Untersuchungen zeigen, dass ab dem 3. Lebensjahr bei über 90 Prozent der Kinder regelmäßige Fernsehgewohnheiten entwickelt werden [1].
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Schon frühzeitig die Bedeutung der Beschäftigung mit dem Kind ohne Medien erklären:
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Spielen und Toben, motorische Aktivitäten außerhalb der Wohnung, Gesellschaftsspiele in der Familie sind enorm wichtig,
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Mediengebrauch muss unbedingt kontrolliert und unter Einhaltung von Regeln erfolgen,
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kein Fernseher im Kinderzimmer,
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möglichst lange „Familiencomputer“,
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erstes Handy ohne Internetzugang,
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Computer: Kindersicherung für den Internetzugang, Computerspiele möglichst lange ohne Internetbeteiligung,
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gemeinsames Essen in der Familie ohne laufenden Fernseher und Gebrauch von Handys.
Quellen
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- Winterstein und Jungwirth: Medienkonsum und Passivrauchen; Kinder-und Jugendarzt, 37/2006, Nr. 4, S. 205 ff;
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- www.tk.de/tk/themen/medienkompetenzseptember-2014/infografik-medienkompetenz/657874