Berlin. Durch im Krankenhaus erworbene Infektionen sterben einer neuen Schätzung zufolge in Deutschland wohl jedes Jahr mehr Patienten als bisher gedacht. Angenommen werde, dass pro Jahr 10.000 bis 20.000 Menschen aufgrund sogenannter nosokomialer Infektionen ums Leben kommen, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) am Freitag in Berlin zu einer im Fachblatt “Eurosurveillance” publizierten Studie mit. “Eine frühere Schätzung hatte 10.000 bis 15.000 Todesfälle pro Jahr ergeben.”
Erstmals Krankheitslast berechnet
Todesfälle durch diese Keime seien schwer zu bestimmen – vor allem weil viele Patienten schwere Grundkrankheiten hätten, die auch ohne Krankenhausinfektion häufig zum Tod führten, hieß es. Die Studienautoren schätzen, dass 400.000 bis 600.000 Menschen pro Jahr Krankenhausinfektionen erleiden. Erstmals wurde für Deutschland auch die Krankheitslast in Disability-Adjusted Life-Years (DALY) berechnet: Die durch Krankheit und Tod verlorenen Lebensjahre liegen bei knapp 250.000 pro Jahr.
Vermeidbare Krankenhausaufenthalte verringern
Der Anteil der Patienten, die während eines Krankenhaus-Aufenthaltes eine Infektion bekommen, liege in Deutschland bei rund 3,6 Prozent – weniger als im EU-Durchschnitt (5,5 Prozent). Betrachtet man aber die Zahl solcher Infektionen pro 100.000 Einwohner, steht Deutschland schlechter dar als der EU-Schnitt, betont das RKI. Wichtige Schritte seien eine effektive Infektionskontrolle und -prävention sowie eine Reduktion vermeidbarer Krankenhausaufenthalte: Deutschland hat in Europa die höchste Anzahl an Krankenhausbetten und die zweithöchste Anzahl an Krankenhauspatienten pro 1.000 Einwohner und Jahr.
Für die Studie seien die fünf Infektionen betrachtet worden, die fast 80 Prozent der im Krankenhaus erworbenen Infektionen ausmachen, erklärt das Institut: Lungenentzündungen, Harnwegsinfektionen, Wundinfektionen, Infektionen mit dem Krankenhauskeim Clostridium difficile und Blutstrominfektionen.
Quelle: dpa