Sie sollen bei schweren Blutungen Leben retten, ihr klinischer Nutzen kann laut Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft jedoch nicht sicher beurteilt werden: Idarucizumab und Andexanet alfa. Wissenswertes zu den DOAK-Antidoten und dem Vorgehen bei Blutungen.
Berlin. Ein rotes Rinnsal läuft aus seinem rechten Nasenloch. Unablässig tropft das dünne Blut ins Taschentuch, das Herr Müller sich ans Kinn drückt. Seit drei Tagen blute die Nase immer wieder, erzählt er seinem Hausarzt. Seine Stimme zittert. Der Hausarzt kennt das Problem: Auch andere Patienten von ihm, die direkte orale Antikoagulantien (DOAK) erhalten, suchen ihn wegen Nasenbluten auf.
Bei leichten und nicht bedrohlichen Blutungen unter DOAK – wie Nasenbluten – kann meist die Zeit bis zum Abklingen der antikoagulatorischen Wirkung abgewartet werden. Anders sieht es bei schweren Blutungen aus. Für beide Fälle gibt die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) in ihrem neuen Leitfaden „Orale Antikoagulation bei nicht valvulärem Vorhofflimmern“ Empfehlungen zum Vorgehen – auch zum Einsatz von Antidoten.
Bisher zwei Antidote zugelassen
Das Vorhandensein wirksamer Antidote wird immer wichtiger, schließlich verordnen Ärzte seit 2012 zunehmend Thrombin- und Faktor Xa-Antagonisten (DOAK): 2018 machten DOAK 68 Prozent der Verordnungen aller oraler Antikoagulantien aus, heißt es im Arzneiverordnungs-Report 2019. Antidote gibt es derzeit gegen drei von vier DOAK: Idarucizumab (Praxbind) gegen Dabigatran, Andexanet alfa (Ondexxya) gegen Apixaban und Rivaroxaban.
Idarucizumab ist ein Antikörperfragment, das den direkten Thrombinhemmer Dabigatran bindet und dadurch neutralisiert. Bei Andexanet alfa handelt es sich um einen rekombinanten, modifizierten, enzymatisch-inaktiven Faktor Xa, der kompetitiv an die Faktor-Xa-Inhibitoren bindet und diese damit inaktivieren soll.
Idarucizumab ist seit November 2015 zugelassen: zur Anwendung bei lebensbedrohlichen Blutungen oder wenn vor einer Notfalloperation eine rasche Aufhebung der antikoagulatorischen Wirkung erforderlich ist. Andexanet alfa erhielt im April 2019 eine bedingte Zulassung zur Anwendung bei lebensbedrohlichen oder nicht kontrollierbaren Blutungen unter Apixaban und Rivaroxaban. Beide Antidote sind nur zur Anwendung im Krankenhaus zugelassen.
Blutungen unter DOAK – was tun?
Das Vorgehen bei Blutungen unter DOAK orientiert sich an Stärke und Gefährdungspotenzial. Die AkdÄ empfiehlt in ihrem Leitfaden unterschiedliche Vorgehensweisen für drei Szenarien (s. Abb.):