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Serie "EKG in der Hausarztpraxis"Anfallsartige Palpitationen

Wir zeigen anhand eines Fallberichts eines 24-jährigen Patienten, wie Sie paroxysmale Reentry-Tachykardien im EKG erkennen und differenzieren.

Aus der Praxis: Ein 24-Jähriger berichtet von seit einigen Jahren bestehenden anfallsartigen Palpitationen (Symbolbild).

Ein 24-jähriger Patient stellt sich in Ihrer Praxis vor. Er berichtet, seit einigen Jahren unter anfallsartigen Palpitationen zu leiden, die plötzlich auftreten und immer spontan sistieren, bevor er sich ärztlich vorstellen kann. Die Dauer der Episoden betrage nie mehr als ein paar Minuten.

Synkopen habe er nie gehabt, die Palpitationen seien aber gelegentlich von Schwindel begleitet. Die Beschwerden beeinträchtigen ihn stark: Er traue sich nicht mehr, länger zu verreisen, und habe deshalb schon seinen Job wechseln müssen.

Es sind keine internistischen Vorerkrankungen bekannt. Bei Vertiefung der Anamnese berichtet er, dass in der Familie solche Symptome häufiger vorkommen. Sie schreiben ein EKG (siehe Abbildung unten).

EKG-Analyse

In diesem EKG sehen wir einen normofrequenten Sinusrhythmus. Es handelt sich um einen Indifferenzlagetyp. Auffallend sind verkürzte PQ-Zeiten, verbreiterte QRS-Komplexe und ein träger Anstieg der R-Zacken. Hierbei handelt es sich um typische Delta-Wellen als Ausdruck einer vorzeitigen ventrikulären Erregung via akzessorische Leitungsbahn.

Wie ging es weiter?

Passend zur Anamnese findet sich im EKG der Verdacht auf eine akzessorische Leitungsbahn, welche die anatomische Voraussetzung für eine potenzielle atrioventrikuläre Reentry-Tachykardie (AVRT) darstellt. Sie weisen den Patienten daher elektiv in ein rhythmologisches Zentrum ein.

Nur durch eine elektrophysiologische Untersuchung kann die exakte Lage der Bahn bestimmt werden. Nach Bestimmung der Lage wird die Bahn direkt in derselben Sitzung abladiert. Der Patient hat im Anschluss keine weiteren Arrhythmie-Episoden mehr.

Pathophysiologie

Der AV-Knoten bildet normalerweise die einzige erregbare Verbindung zwischen den Atrien und den Ventrikeln. Bei einem Teil der Menschen befinden sich im Bereich des AV-Knotens allerdings nicht nur eine, sondern zwei verschiedene Bahnen mit unterschiedlichen Leitungsgeschwindigkeiten und Refraktärzeiten. Diese anatomische Normvariante wird “duale Leitungsphysiologie” genannt.

Dabei gibt es meistens eine schnell leitende Bahn mit längerer Refraktärzeit und eine langsam leitende Bahn mit kürzerer Refraktärzeit. In der Regel erreicht die aus dem Vorhof stammende Erregung das His-Purkinje-System über die schnelle Bahn.

Die langsame Bahn wird ebenfalls erregt. An der Stelle, die beide Bahnen vor dem His-Bündel vereinigt, wird sie jedoch bereits durch die von der schnellen Bahn kommende Erregung retrograd aktiviert. Die Erregung via die langsame Bahn terminiert hier, ohne die Ventrikel zu erreichen.

So kommt es zur AVNRT

Eine Extrasystole kann bei bestehender dualer Leitungsphysiologie eine kreisende Erregung auslösen und zu einer sogenannten AV-Knoten-Reentry-Tachykardie (AVNRT) führen. Da die langsame Bahn eine kürzere Refraktärzeit hat, trifft eine atriale Extrasystole auf erregbares Gewebe dieser langsamen Bahn, während die schnelle Bahn noch refraktär ist.

In diesem Fall wird die Erregung bis zum His-Bündel weitergeleitet und trifft dort auf die inzwischen wieder erregbare schnelle Bahn. Die Erregung wird dann einerseits via His-Bündel in die Ventrikel weitergeleitet und andererseits retrograd über die schnelle Bahn zurück in das Atrium. So beginnt eine kreisende Erregung im Bereich des AV-Knotens, die nach jedem Zyklus eine Erregung in die Ventrikel abgibt.

Diese Form der AVNRT, die wegen der Reihenfolge der betroffenen Bahnen auch “slow-fast-AVNRT” genannt wird, macht etwa 95 Prozent der AV-Knoten-Reentry-Tachykardien aus. Im EKG sehen wir eine Schmalkomplex-Tachykardie mit Frequenzen zwischen 130 und 220 pro Minute.

Weil die Vorhöfe retrograd erregt werden, sind die P-Wellen nicht mehr vor dem QRS-Komplex sichtbar. Entweder verschwinden sie darin oder tauchen kurz dahinter auf. Aufgrund der im Vergleich zum Sinusrhythmus umgedrehten Erregungsausbreitung sind die P-Wellen während der Tachykardie in den Ableitungen II, III und aVF auch nicht wie gewohnt positiv, sondern negativ.

So kommt es zur AVRT

Die in diesem Fall vorgestellte AVRT, nach ihren Entdeckern auch Wolff-Parkinson-White- oder kurz WPW-Syndrom genannt, entsteht ebenfalls auf der Basis einer zusätzlichen Bahn. Diese akzessorische Leitungsbahn befindet sich aber nicht wie bei der AVNRT im Bereich des AV-Knotens, sondern verbindet Atrium und Ventrikel zusätzlich zum AV-Knoten an irgendeiner anderen Stelle im Bereich der Klappenebene, also im rechten oder linken Herzen.

In vielen Fällen handelt es sich um ein sogenanntes”Kent-Bündel” – das heißt, die akzessorische Leitungsbahn leitet die Erregung schneller als der AV-Knoten.

Die AVRT entsteht analog zur AVNRT. Normalerweise werden der AV-Knoten und die akzessorische Bahn fast gleichzeitig erregt. Eine retrograde Leitung ist in diesem Fall aufgrund refraktärer Zellen nicht möglich. Auslöser einer Tachykardie sind wie bei der AVNRT dann atriale oder ventrikuläre Extrasystolen, die auf wieder erregbare Zellen der akzessorischen Bahn treffen, während der AV-Knoten noch refraktär ist.

Dieses Phänomen wird auch “unidirektionaler Block” genannt und ist eine Grundvoraussetzung für alle Makro-Reentry-Tachykardien. Je nach Richtung der Erregungsausbreitung (also antegrad auf physiologischem Weg via AV-Knoten und retrograd über die akzessorische Bahn, oder eben andersrum) spricht man von einer orthodromen oder antidromen AVRT.

Bei der orthodromen AVRT sehen wir im EKG eine Schmalkomplex-Tachykardie, da wie bei allen Schmalkomplex-Tachykardien die Erregung über den AV-Knoten und das His-Purkinje-System geleitet wird. Sie ist im Vergleich zur antidromen Variante deutlich häufiger.

Die antidrome AVRT ist eine regelmäßige Breitkomplex-Tachykardie, die im Oberflächen-EKG einer ventrikulären Tachykardie sehr ähnlich ist. Voraussetzungen sind sowohl eine antegrad leitende akzessorische Bahn als auch eine retrograde Leitung via AV-Knoten. EKG-morphologisch nimmt die Tachykardie die Vektoren der Delta-Welle an, weil an der ventrikulären Insertion der Bahn auch die ventrikuläre Erregung beginnt.

Literatur bei den Verfassern.

Interessenkonflikte: Die Autoren sind Gründer und Geschäftsführer der Doctopia GmbH.

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