Die Argumente, die gegen ein umfassendes Impfen in den Hausarztpraxen sprechen, sind kaum mehr haltbar und oft nur fadenscheinig. Was das Fass zum Überlaufen bringt, sind Aussagen wie: Manch ein Hausarzt könne sich mit einer korrekten Priorisierung “gegenüber ,seinen‘ Patienten schwertun” oder es dürfe nicht passieren, dass nur die geimpft werden, “die gute Kontakte zum Hausarzt haben”.
Woher kommt plötzlich dieses perfide (man kann es nicht anders nennen) Gerücht, dass wir eine Reihenfolge nach dem Prinzip “Der Schwächste zuerst” nicht einhalten würden? Das ist doch völlig abwegig und das wissen unsere Patientinnen und Patienten auch!
Im Gegenteil: Wir wissen deutlich besser als die Impfzentren, wer zur Risikogruppe gehört, weil wir eben nicht nur einen Zettel mit Altersangabe und Diagnose sehen, sondern den Menschen. Soll der 65-Jährige mit Hypertonus und Diabetes wirklich um jeden Preis später geimpft werden als die 72-jährige Triathletin?
Das ergibt medizinisch keinen Sinn, aber nur wir können diese Einschätzung leisten, weil wir unsere Patientinnen und Patienten kennen – das Impfzentrum impft lediglich ab, wer in ein Raster fällt und pünktlich zum Termin kommt. Wer da nicht reinpasst oder unschlüssig ist, fällt raus und wird nicht geimpft. Soll das sinnvoll sein?
Ich sage nicht, dass man die Impfzentren alle wieder dicht machen muss – sie können ihren Teil an der Pandemiebewältigung ja leisten. Aber einer Politik im Sinne von “Impfzentrum first”, in der wir Hausärztinnen und Hausärzte nur die übrig gebliebenen 20 Impfdosen pro Woche verimpfen dürfen, erteile ich ein klares “Nein!”. Wir sind nicht die Verteidigungslinie, wir sind der Quarterback!
Mit kollegialen Grüßen
Ulrich Weigeldt
Bundesvorsitzender Deutscher Hausärzteverband e. V.