InfektionskrankheitenSportler impfen oder nicht?

Für leistungsorientierte Athletinnen und Athleten können bereits mild verlaufende Erkrankungen die körperliche Leistungsfähigkeit merklich beeinträchtigen. Die Folge sind ausgefallene Trainingszeiten, unter Umständen ist sogar die Teilnahme am Wettkampf gefährdet, auf den lange hintrainiert wurde.

Infektionskrankheiten sind die häufigsten Leiden, die Sportler betreffen [1]. Dennoch sind zu wenige Leistungssportler entsprechend der offiziellen Empfehlungen geimpft. Gerade Athletinnen und Athleten im organisierten Vereinssport und solche, die an Wettkämpfen teilnehmen, sind stärker als die Allgemeinbevölkerung gefährdet, sich etwas einzufangen. Dafür verantwortlich ist nicht nur das so genannte “open window”. So nennt man die ersten Stunden nach einer intensiven Belastung, weil – häufig durch ein stark gereiztes Schleimhautepithel in den oberen Atemwegen – die natürliche erste Barriere der Immunabwehr geschwächt ist und damit ein Fenster für Erreger geöffnet wird. Durch engen Kontakt zu Mannschaftskameraden und Kontrahenten, die gemeinsame Nutzung von Umkleideräumen, Duschen und Toiletten, Trainingsstätten, Ausrüstung und Geräten erhöhen sich die Möglichkeiten einer Ansteckung. Bei Kontaktsportarten kann der Kontakt zu Körperflüssigkeiten wie Schweiß oder sogar Blut ebenfalls eine Infektionsquelle darstellen.

Trotzdem sind Sportärzte wie Athleten im Hinblick auf Impfungen aus Sorge vor Nebenwirkungen und potenziell negativen Effekten auf das Training eher zurückhaltend [2]. Doch sind diese Sorgen berechtigt?

Eine Untersuchung an Leistungssportlern und Kontrollpersonen ergab, dass die Grippe-impfung bei Spitzensportlern sogar besser wirkt als bei Personen der Kontrollgruppe und die Nebenwirkungen mild sind [3]. Keiner der 45 Sportler, die während einer regulären Trainingsphase gegen Grippe geimpft wurden, wurde in seinem Trainingsprogramm beeinträchtigt. Ob die Impfung innerhalb von zwei Stunden oder 24 bis 26 Stunden nach der letzten Trainingseinheit verabreicht wurde, machte keinen Unterschied [4]. Es besteht also kein Grund, ambitionierte Sportler nicht zu impfen.

Welche Impfungen sollten Sportler haben?

Die Impfempfehlungen für Sportler unterscheiden sich nicht deutlich von denen für die Allgemeinbevölkerung. Laut der Ständigen Impfkommission STIKO des Robert-Koch-Instituts sollten alle Sportler folgende Impfungen haben:

  • Tetanus
  • Diphtherie
  • Polio
  • Keuchhusten
  • Hepatitis A
  • Hepatitis B
  • Influenza
  • Masern
  • Mumps

Ergänzend kann es für Athleten, die viel draußen trainieren und in einem FSME-Risikogebiet leben oder zum Trainieren in ein solches reisen, sinnvoll sein, einen vollständigen Impfschutz gegen FSME zu haben. Die Windpockenimpfung ist für jugendliche Sportlerinnen und Sportler sinnvoll, die in der Kindheit keine Windpocken hatten. Da die Erkrankung mit steigendem Lebensalter tendenziell deutlich schwerer verläuft als bei Kleinkindern und Komplikationen wie Lungenentzündungen oder bakterielle Superinfektionen häufiger auftreten, ist ein Immunschutz empfehlenswert.

Die Autoren der Grippeimpf-Studie leiten aus ihren Ergebnissen die Empfehlung ab, dass sich Leistungssportler jährlich gegen die saisonale Grippe impfen lassen sollten. Reisen Sportler zu Trainingslagern oder Wettkämpfen während unserer Sommermonate (Mai bis Oktober) auf die Südhalbkugel, kann sogar über eine zweite Influenza-Impfung nachgedacht werden, allerdings mit dem für die Südhalbkugel formulierten Impfstoff.

Was gibt es bei der Impfung zu beachten?

Auch wenn Impfungen bei Sportlern genauso sicher und nebenwirkungsarm sind wie in der Allgemeinbevölkerung, können einige Dinge beachtet werden, um die Compliance zu erhöhen und die Beeinträchtigungen noch weiter zu verringern.

  • Injektion in den nicht-dominanten Arm: Da Schmerzen an der Einstichstelle häufig auftreten und meist mehrere Tage anhalten, sollte z. B. bei Werfern oder Schlägersportlern die Impfung möglichst in den nicht-dominanten Arm gegeben werden.
  • Impfreaktion einplanen: Der Zeitpunkt sollte an die zu erwartende Impfreaktion angepasst werden. Diese sollte mindestens zwei Wochen vor einem Wettkampf abgeschlossen sein [5]. Bei inaktivierten Impfstoffen (sog. Totimpfstoffen wie Tetanus, Diphtherie, Hepatitis A und B, Keuchhusten) sind die Nebenwirkungen innerhalb der ersten Tage nach der Impfung zu erwarten, bei attenuierten Impfstoffen (sog. Lebendimpfstoffen wie Masern, Mumps, Varizellen) etwa innerhalb von 10 bis 14 Tagen.
  • Günstige Impfzeitpunkte: Günstige Zeitpunkte für Impfungen sind generell der Beginn von Regenerations- oder Urlaubsphasen sowie kurz vor Winter- und Sommerpausen. Bei Bedarf können notwendige Impfungen ohne negative Auswirkungen auch während Trainings- (z. B. innerhalb von sechs Stunden nach einem Training) oder Wettkampfphasen gegeben werden.

Impfreaktionen vorbeugen

Die in der Regel geringen Nebenwirkungen können unter Umständen weiter reduziert werden [5]. Gegen Schmerzen, Kopfschmerzen und Fieber könnte gleichzeitig Paracetamol oder Ibuprofen eingenommen werden, was jedoch die Antikörpertiter negativ beeinflussen kann [6]. Sind verschiedene Vakzine verfügbar, sollte dasjenige mit dem günstigsten Nebenwirkungsprofil eingesetzt werden. Nach Möglichkeit sollte man die intramuskuläre Verabreichung gegenüber der subkutanen bevorzugen. Auch längere Injektionsnadeln, ein Winkel von 90 Grad und eine schnelle Injektion und Entfernung der Nadel scheinen mit weniger Schmerz assoziiert zu sein.

Quellen

1. Harris MD. Infectious disease in athletes. Curr Sports Med Rep. 2011; 10: 84-89. doi:10.1249/JSR.0b013e3182142381

2. Tafuri S, Sinesi D, Gallone MS. Vaccinations among athletes: evidence and recommendations. Expert Rev Vaccines. 2017; 16: 867-869. doi:10.1080/14760584.2017.1358092

3. Ledo A, Schub D, Ziller C, et al. Elite athletes on regular training show more pronounced induction of vaccine-specific T-cells and antibodies after tetravalent influenza vaccination than controls. Brain Behav Immun. 2020; 83: 135-145. doi:10.1016/j.bbi.2019.09.024

4. Stenger T, Ledo A, Ziller C, et al. Timing of Vaccination after Training: Immune Response and Side Effects in Athletes. Med Sci Sports Exerc. 2020; 52: 1603-1609. doi:10.1249/MSS.0000000000002278

5. Gärtner BC, Meyer T. Vaccination in Elite Athletes. Sports Med. 2014; 44(10): 1361–1376. doi:10.1007/s40279-014-0217-3

6. Prymula R, Siegrist CA, Chlibek R, et al. Effect of prophylactic paracetamol administration at time of vaccination on febrile reactions and antibody responses in children: two open-label, randomised controlled trials. Lancet. 2009; 374: 1339-1350. doi:10.1016/S0140-6736(09)61208-3

Foto: Juan Algar – stock.adobe.com

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