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Serie ImpfungenImpfungen bei Patienten mit Immundefizienz

Seit der COVID-19-Pandemie hat sich gezeigt, wie viele offene Fragen es bei immunsupprimierten Patientinnen und Patienten nicht nur in Bezug auf die innovativen COVID-19-Impfstoffe gibt. Auch in der Ärzteschaft bestehen Fragen nach dem korrekten Vorgehen.

Empfehlung aus den Anwendungshinweisen: Pertussis-Impfung bei Kontaktpersonen nach zehn Jahren wiederholen.

Man könnte fast meinen, bei diesem Thema wird nach dem Prinzip “weniger ist mehr” gehandelt, diesen Schluss jedenfalls lassen im Allgemeinen die Impfraten bei chronisch Kranken zu. Die Verunsicherung in Bezug auf Impfungen ist speziell in der Patientengruppe mit Immunstörungen von jeher besonders hoch. Aber gerade sie – mit primärer oder sekundärer Immundefizienz – benötigen nicht weniger, sondern mehr Impfschutz. Denn es besteht häufig eine erhöhte Infektionsgefährdung, und dabei auch durch impfpräventable Erkrankungen und deren Komplikationen, allen voran Pneumokokken und Influenza oder auch COVID-19.

Grundsätzlich bedarf es der Kenntnis der zugrunde liegenden Immunstörung oder bei einer iatrogenen Immunsuppression der Einschätzung des Grades der Immunsuppression durch das jeweilige immunsuppressive Medikament. Denn nicht jeder Immundefekt bzw. jede immunsupprimierende Therapie stellen für jegliche Impfung eine Kontraindikation dar. Man denke z. B. an Patienten mit Hyper-IgE-Syndrom, bei denen sogar die MMR- und Varizellenimpfung möglich und empfohlen ist, und auch bei reinen Komplementdefekten sind Lebendimpfstoffe möglich [1]. Dasselbe gilt für eine niedrigdosierte oder eine topische Kortikoidtherapie (s. Info-Kasten) oder Therapeutika, die bei Autoimmunerkrankungen Anwendung finden wie Hydroxychloroquin oder Sulfasalazin, die keine relevante Immunsuppression bewirken.

Hilfe bei der Entscheidungsfindung

In vier im Bundesgesundheitsblatt (BGBl) zwischen 2017 und 2020 veröffentlichten Papieren [1] haben Experten die medizinwissenschaftlichen Erkenntnisse zum Thema recherchiert und auf Basis der geltenden STIKO-Empfehlungen Anwendungshinweise erstellt, die eine ausgezeichnete Basis für die Impf-Entscheidungsfindung bilden (Hinweis: Es handelt sich hierbei nicht um STIKO-Empfehlungen gemäß §20 Abs. 2 IfSG). In den Papieren II bis IV finden sich auch Hinweise zu Reiseimpfstoffen bei den einzelnen Patientengruppen; diese werden aktuell ergänzt durch die 2. Auflage 2022 der Empfehlungen der STIKO und der DTG zu Reiseimpfungen [2]. Hierin werden auch Abweichungen vom Standardvorgehen vorgeschlagen wie beispielsweise eine zweite Dosis – am selben Tag oder in vierwöchigem Abstand – eines Hepatitis-A-Monoimpfstoffes vor der Abreise.

Darüber hinaus hat die STIKO im September 2021 Empfehlungen [3] zum Vorgehen bezüglich der COVID-19-Impfung gegeben, die sich an den o.g. vier Veröffentlichungen des BGBl orientieren; die COVID-Impfempfehlungen werden immer wieder aufgrund neuer Erkenntnisse aktualisiert [4].

Nachfolgend können nur einige besondere Aspekte zur Impfung Erwachsener aus diesem sehr umfangreichen Themenkomplex angesprochen werden, die in der hausärztlichen Praxis aber von Relevanz sein dürften. Gerade bei Tumorpatienten sollten Impfungen in Absprache mit den onkologisch betreuenden Ärzten und Zentren erfolgen [5].

Impfungen bei antineoplastischer Therapie

Notwendige Impfungen zum Schließen von Impflücken noch vor Beginn einer antineoplastischen Therapie [5] zu geben wäre sinnvoll, oft aber sind die Impfpläne zumindest nicht mehr vollständig umzusetzen. Falls möglich, sollten Totimpfstoffe spätestens zwei Wochen, Lebendimpfstoffe (wie MMR) sechs Wochen vor Therapiebeginn erfolgen. Hierbei sind fällige Auffrischimpfungen oder die Impfungen gegen Pneumokokken, Influenza (saisonal) oder Herpes zoster zu nennen. Indiziert ist die Hib-Impfung auch bei Erwachsenen, die in der Regel nicht dagegen geimpft sind, denn es tritt unter antineoplastischer Therapie häufiger eine Hib-assoziierte Pneumonie auf. Besteht aufgrund häufiger Bluttransfusionen oder durch andere erkrankungsbedingte Faktoren ein erhöhtes Infektionsrisiko, sind auch die Impfungen gegen Hepatitis B und Hepatitis A sinnvoll.

Impfungen unter einer antineoplastischen Therapie sind mit inaktivierten Impfstoffen bei entsprechender Indikation möglich, allerdings ist hierbei die reduzierte Impfantwort zu berücksichtigen. Beispiele sind die sequenzielle Pneumokokkken-Impfung (PCV 13 + PPSV23 im Abstand von 6 bis 12 Monaten) oder die Influenza-Impfung.

Nach Expertenkonsens sollen nach antineoplastischer Therapie einmalige Wiederholungsimpfungen erfolgen [4]. Frühestens drei Monate nach Therapieende ist dies mit Totimpfstoffen möglich. Dabei können ggf. auch Fünf- oder Sechsfach-Kombinationsimpfstoffe, also TDaP-IPV-Hib oder TDaP-IPV-Hib-HB, nach ausführlicher Aufklärung im Off-Label-Use erfolgen, um Patienten mehrfache Impfungen zu ersparen (zumal auch ein Hib-Einzelimpfstoff nur über die Auslandsapotheke beschafft werden kann). Diese Wiederholungsimpfungen sollen unabhängig von möglicherweise gemessenen Antikörperkonzentrationen oder vorausgegangenen Auffrischimpfungen erfolgen. Eine Hepatitis-B-Wiederholungsimpfung sollte bei Indikation erfolgen und vier bis acht Wochen später auch der Titer kontrolliert werden. Eine Serologie zur Überprüfung des COVID-Impferfolges wird zwar nicht grundsätzlich empfohlen, da kein Korrelat existiert. Aber bei immundefizienten Personen können die Ergebnisse der Antikörperkinetik für das Vorgehen hilfreich sein, um ggf. weitere Impfungen (erhöhte Dosis eines mRNA-Impfstoffes, Wechsel zu Vektor- oder adjuvantiertem Impfstoff) in Erwägung zu ziehen [3] [4].

Wenn nicht vor der Therapie gegen Zoster geimpft wurde, können zwei Impfstoffdosen wie üblich verabreicht werden, auch sind Meningokokken-B- sowie -ACWY-Impfungen für die therapierten Patientinnen und Patienten empfohlen. Abweichend von der Fachinformation sollte die MenACWY aber zweimal im Abstand von vier bis acht Wochen geimpft werden, wenn zuvor nicht dagegen geimpft wurde.

Da eine antineoplastische Therapie zu einer anhaltenden Immunsuppression führt, ist die Gabe von Lebendimpfstoffen erst frühestens sechs Monate nach Ende der Therapie erlaubt. Auch wenn eine Grundimmunisierung gegen Masern, Mumps und Röteln vorliegt, soll nach Expertenmeinung eine einmalige Wiederholungsimpfung erfolgen. Das Gleiche gilt auch für den Varizellenschutz: eine Wiederholungsimpfung für vollständig geimpfte Personen als auch bei anamnestisch dokumentierter Varizellen-Erkrankung.

Umgebungsprophylaxe

Ein Aspekt, der leicht in Vergessenheit gerät, aber zusätzliches Potenzial bietet, ist die Impfung von Kontaktpersonen. Dies findet auch stets in den verschiedenen STIKO-Empfehlungen Erwähnung, allen voran bei der Influenza-Impfung. Der indirekte Schutz für die Betroffenen, die in ihrem Umfeld auf ein optimal geimpftes Gegenüber treffen, bedeutet zusätzliche Sicherheit für die Patientinnen und Patienten. Dies gilt insbesondere für die Immunität gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen. Außerdem wird – abweichend von den STIKO-Empfehlungen – für Kontaktpersonen die Pertussis-Auffrisch-impfung in zehnjähriger Wiederholung empfohlen [4] [5].

Mögliche Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.

Literatur:

  1. Ständige Impfkommission www.stiko.de. Empfehlungen der STIKO, weitere Mitteilungen der STIKO unter “Immundefizienz” www.hausarzt.link/RVi5b
  2. Empfehlungen der STIKO und der DTG zu Reiseimpfungen, Epid Bull 14/2022
  3. www.hausarzt.link/HkVeG
  4. STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung bei Personen mit Immundefizienz und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung. Epid Bull 39/2021
  5. Beschluss der STIKO zur 21. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung. Epid Bull 33/2022 www.hausarzt.link/7rs46
  6. Anwendungshinweise zu den von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen. (III) Impfen bei hämatologischen und onkologischen Erkrankungen (neoplastische Therapie, Stammzelltransplantation), Organtransplantation und Asplenie. Bundesgesundheitsblatt 5/2020 www.hausarzt.link/vd82G und Erratum, Juli 2020, unter www.hausarzt.link/GtEbw
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