Hausarzt MedizinHepatitis: Vom Impfen bis zur Therapie

Virusinfektionen der Leber sind weltweit sehr häufig. Die Symptome sind unspezifisch, so dass die Erkrankung oft erst spät bemerkt und erkannt wird. Daher ist der Hausarzt gefragt. Vor allem bei Risikopatienten und bei erhöhten Leberwerten ist an eine Hepatitis-Infektion zu denken.

Es sind fünf Hepatitis-Erreger bekannt: A, B, C, D und E. Diese Viren können eine akute und einige auch eine chronische Hepatitis zur Folge haben. Die chronischen Verläufe können zu Zirrhose und Leberkrebs führen und sind weltweit jährlich für etwa eine Million Todesfälle verantwortlich. Je 300.000 bis 400.000 in Deutschland lebende Menschen haben eine chronische HBV- oder HCV-Infektion, von der die meisten nichts wissen. Die HCV-Infektion kann man bei fast allen Patienten heilen und die Aktivität der Hepatitis B wirksam hemmen.

Trotz großer therapeutischer Fortschritte gibt es diagnostische Defizite, die nur mithilfe von Haus- und Allgemeinarzt behoben werden können. Alle Leitlinien empfehlen, bei erhöhten Leberwerten und in Risikogruppen nach HCV- und HBV-Infektionen zu suchen. Mit der Bestimmung von HCV-Antikörpern und HBV-Oberflächenantigen (HBsAg) erkennt man fast alle HBV- und HCV-Infektionen ohne Belastung des Laborbudgets.

Hepatitis A

Das Hepatitis-A-Virus (HAV) wird fäkooral über verunreinigte Lebensmittel oder Wasser übertragen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist seltener, aber möglich. Die HAV-Infektion ist bei uns zunehmend eine Reisekrankheit und wird seltener.

Die Hepatitis A heilt spontan, chronische Verläufe gibt es nicht. Es gibt keine HAV-Therapie, wobei schwere akute Verläufe mit Leberversagen sehr selten sind.

Die Impfung verhindert eine HAV-Infektion zuverlässig und sollte bei Reisen in Endemiegebiete sowie anderen Risikogruppen angeboten werden.

Hepatitis B

Das Hepatitis-B-Virus (HBV) ist infektiöser als HIV und HCV. Die Infektion erfolgt meist über Körpersekrete wie Blut oder Sperma. In vielen Fällen verläuft eine Infektion unbemerkt. Bei etwa 95 Prozent der Erwachsenen heilt die akute Infektion spontan aus. Bei der Übertragung des HBV bei der Geburt ist die Ausheilung beim Neugeborenen selten und bei über 80 Prozent kommt es zur chronischen Infektion, die langfristig zu Leberzirrhose und -karzinom führen kann, wobei das Risiko von der Höhe der Virusreplikation und der entzündlichen Aktivität in der Leber abhängt.

Das HBV ist weltweit für die Mehrzahl der Leberkarzinome verantwortlich. Nach Schätzungen haben in Deutschland etwa 400.000 Menschen eine chronische HBV-Infektion.

Die HBV-Impfung schützt wirksam vor der Infektion. Seit 1992 empfiehlt die WHO diese Impfung bei allen Kindern. Risikogruppen sollten ebenfalls geimpft werden.

Die Behandlung der Hepatitis B hat sich in den letzten Jahren verbessert. Mittlerweile kann fast jeder Patient so behandelt werden, dass eine Viruskontrolle erreicht wird. Nach den Leitlinien wird eine Therapie bei HBV-DNA-Werten über 2.000 IU/ml und Nachweis von Entzündung und Fibrose empfohlen. Zirrhosepatienten sollten auch bei HBV-DNA-Werten unter 2.000 IU/ml behandelt werden. Interferon wird nur bei guten Voraussetzungen für eine Serokonversion bei HBeAg-positiven Patienten empfohlen. Diese Gruppe ist klein, so dass die meisten Patienten mit gut verträglichen oralen Nukleos(t)iden therapiert werden.

Bei Patienten ohne Zirrhose kann man eine Monotherapie mit Entecavir, Tenofovir oder Telbivudin beginnen, wobei Telbivudin eine geringere Resistenzbarriere als die beiden anderen Substanzen hat. Von Tenofovir gibt es inzwischen zwei Formulierungen, Tenofovir-Disoproxylfumarat (TDF) und das neu zugelassene Tenofovir-Alafenamid (TAF). TAF kann im Vergleich zu TDF in einer niedrigeren Dosis gegeben werden und führt so zu geringeren Tenofovirspiegeln im Blut. Dadurch hat TAF eine bessere Nieren- und Knochen-Verträglichkeit und sollte bei Patienten mit Nieren- und Knochenerkrankungen gegenüber TDF bevorzugt werden. Adefovir und Lamivudin werden nicht mehr empfohlen.

Bei HBeAg-positiven Patienten ist die HBeAg-Serokonversion der angestrebte Endpunkt, über den hinaus die Nukleos(t)ide für weitere 12 Monate gegeben werden sollten. Bei den meisten HBeAg-positiven und bei fast allen HBeAg-negativen Personen müssen die Medikamente langfristig gegeben werden. Liegt keine Zirrhose vor, ist ein Auslassversuch nach mehrjähriger Therapie und negativer HBV-DNA unter enger Kontrolle vertretbar. Kommt es zum Rezidiv, ist eine erneute Therapie nötig. Bei der seltenen HBsAg-Serokonversion kann die Therapie beendet werden. In der Forschung befinden sich Substanzen, mit deren Hilfe vielleicht in Zukunft eine HBV-Elimination möglich wird.

Hepatitis C

Im Gegensatz zum HBV wird das Hepatitis-C-Virus (HCV) fast ausschließlich über Blutkontakte übertragen, also z. B. bei Drogengebrauch, über Blutprodukte (vor 1992) sowie medizinische Eingriffe, Tätowierungen und Piercings bei unzureichender Hygiene. Übertragungen durch Sexualverkehr und bei der Geburt von Kindern einer HCV-positiven Mutter sind selten. Eine Schutzimpfung gibt es nicht.

Die akute Infektion verläuft meist anikterisch, wird oft nicht erkannt und heilt nur bei etwa 30 Prozent der Patienten spontan, so dass es oft chronische Verläufe gibt, die langfristig zu Leberzirrhose und -karzinom führen können. Weltweit haben über 100 Millionen Menschen eine chronische HCV-Infektion, in Deutschland nur noch ca. 300.000, da in den letzten Jahren viele Infizierte geheilt wurden.

Suchtest ist die Bestimmung von HCV-Antikörpern. Zur Diagnose der replikativen HCV-Infektion ist der Nachweis der HCV-RNA erforderlich. Vor einer Therapie sollte der Genotyp bestimmt werden, da er zur Therapieplanung benötigt wird. Aufgrund der guten Wirksamkeit und Verträglichkeit der direkt antiviral wirksamen Medikamente (DAA) spielen Alter, Leberfunktion, Höhe der HCV-RNA, Koinfektionen und Komorbiditäten kaum noch eine Rolle für die Therapieentscheidung.

Den Therapierfolg definiert man als den fehlenden Nachweis der HCV-RNA 12 bis 24 Wochen nach Therapieende (Sustained Virological Response, SVR). In Metaanalysen sind die Risikoreduktion von Leberzirrhose, -karzinom, -transplantation und Sterblichkeit sowie die Verbesserung von Lebensqualität und ökonomischer Aspekte durch eine SVR belegt. Bei Zirrhosepatienten verbleibt trotz SVR ein Leberkarzinomrisiko, so dass ein Früherkennungsprogramm empfohlen wird (alle 6 Monate Sonographie und optional die Messung des Alpha-1-Fetoprotein, AFP). Die Aussichten einer SVR sind mit über 95 Prozent sehr gut. Nur noch geringfügig schlechter sind die Heilungsraten bei Patienten mit Zirrhose, erfolglosen Vorbehandlungen und Resistenzen. In der DAA-Ära sprechen HIV-/HCV-Koinfizierte genauso gut an wie HCV-Monoinfizierte. Auch Drogensubstituierte haben hohe Heilungschancen und in dieser Gruppe gilt "Therapy as Prevention".

Die Therapieoptionen sind detailliert in [/hausarzt/2017/03/42.php](Der Hausarzt 2017;54(3):42-46) beschrieben.

Hinzugekommen sind zwei neue Optionen: Die Therapie mit Glecaprevir/Pibrentasvir ist eine gute Option besonders für bislang nicht behandelte Patienten und solche ohne Zirrhose. Für diese Patienten beträgt die Therapiedauer für alle Genotypen nur 8 Wochen. Die Heilungsrate liegt bei über 95 Prozent. Diese Therapie ist auch bei Nierenfunktionsstörungen und Dialyse zugelassen. Die neue Dreifachkombination Velpatasvir/Voxilaprevir/Sofosbuvir eignet sich insbesondere für erfolglos mit DAA vorbehandelte Patienten unabhängig vom Genotyp.

Man kann heute fast alle Patienten mit einer HCV-Infektion heilen und damit die Infektion theoretisch eliminieren. Ähnlich wie bei der HBV-Infektion wissen aber auch viele HCV-Infizierte nichts von ihrer Infektion. Nur wenn die Diagnoserate verbessert wird, ist auch die angestrebte Elimination des HCV möglich. Deshalb sollte ein HCV-Screeningtest in allen Risikogruppen erfolgen – so wie dies in den deutschen Leitlinien beschrieben wird.

Hepatitis D

Weltweit sind etwa 10 Millionen Menschen mit dem Hepatitis-D-Virus (HDV) infiziert, in Deutschland hingegen nur wenige. Zur HDV-Infektion kann es nur kommen, wenn auch eine HBV-Infektion vorliegt, da das HDV das HBsAg für seine Replikation benötigt. Die Impfung gegen Hepatitis B bietet deshalb auch Schutz gegen HDV. HDV wird vorwiegend über Blutprodukte übertragen. Fast alle HDV-Infizierten in Deutschland stammen aus HDV-Hochendemiegebieten oder aus dem Kreis der Drogengebraucher.

Die chronische HDV-Infektion führt oft zu Leberzirrhose und -karzinom und ist schwierig zu behandeln. Hier steht nur Interferon zur Verfügung, mit dem man nur etwa ein Viertel der Patienten so erfolgreich therapieren kann, dass die HDV-RNA negativ bleibt. Neue Therapiekonzepte sind in Entwicklung.

Hepatitis E

Die Übertragung des HEV erfolgt über kontaminierte Nahrungsmittel und verseuchtes Wasser. Eine Infektion von Mensch zu Mensch ist selten. HEV-Infektionen sind in Deutschland heute keine reine Reisekrankheit mehr, man kann sich auch bei uns z. B. über nicht ausreichend erhitztes Schweine- fleisch oder Wildbraten anstecken. HEV-Neuinfektionen sind heute häufiger als HAV-Infektionen.

Die akute Infektion mit HEV verläuft ähnlich wie die mit HAV. Bei Schwangeren kann es zu schweren Verläufen kommen. Im Rahmen einer HEV-Infektion können verschiedene Autoimmunerkrankungen manifest werden, wie z. B. eine Autoimmunpankreatitis oder ein Guillain-Barré-Syndrom.

Bei immunkompetenten Personen heilt die Infektion spontan, während sie bei immunsupprimierten chronisch werden kann. Bei chronischen Verläufen kann eine Therapie mit Ribavirin erfolgen.

In China ist ein HEV-Impfstoff zugelassen, der in Europa bisher nicht erhältlich ist.

Fazit

  • Die HAV-Impfung verhindert eine Infektion zuverlässig und sollte bei Reisen in Endemiegebiete sowie anderen Risikogruppen angeboten werden.
  • Die Hepatitis B ist gut behandelbar und die Hepatitis C fast immer heilbar, viele Patienten wissen aber nichts von ihrer Infektion. Bei erhöhten Leberwerten und in allen Risikogruppen sollte deshalb nach HBV- und HVC-Infektionen gesucht werden (Suchtests: HBsAg und Anti-HCV).
  • Bei jedem HBsAg-positiven Patienten sollte zumindest einmal nach HDV gesucht werden (Suchtest: Anti-HDV).
  • Bei akuter Hepatitis muss man routinemäßig heute auch nach einer HEV-Infektion suchen (Suchtest: HEV-Ak).

Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat für Studien-, Vortrags- und Beratungstätigkeiten von folgenden Firmen Honorare erhalten: Abbvie, BMS, Falk, Janssen, Genzyme, Gilead, MSD, Novartis, Roche und Shire.

Literatur

  • 1 Adinolfi LE, Guerrera B. All-oral interferon-free treatments: The end of hepatitis C virus story, the dream and the reality. World J Hepatol 2015 8;7:2363-8

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  • 3 EASL Recommendations on Treatment of Hepatitis C 2016. J Hepatol 2016. pii: S0168-8278(16)30489-5. www.easl.eu

  • 4 Simmons B, Saleem J, Heath K, et al. Long-term treatment outcomes patients infected with hepatitis C virus: a systematic review and meta-analysis of the survival benefit of achieving a sustained virological response. Clin Infect Dis 2015;61:730-40.

  • 5 www.dgvs.de/leitlinien/therapie-der-chronischen-hepatitis-c

  • 6 www.leberhilfe.org

  • 7 www.leberstiftung.de

  • 8 www.rki.de

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