Patienten mit fortgeschrittener Demenz fällt es schwer, Schmerzen adäquat zu kommunizieren. Die Häufigkeit und Intensität ihrer Schmerzen wird daher oft unterschätzt, wie eine retrospektive australische Querschnittstudie unterstreicht.
In die Studie eingeschlossen waren 479 Pflegeheimbewohner mit Demenz, die wegen Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Symptomen in eine spezialisierte Betreuungseinrichtung überwiesen wurden. Für die Schmerzbeurteilung kam eine Smartphone-App zum Einsatz (PainChek®), die auf Gesichtsanalyse und künstlicher Intelligenz beruht.
Zwei von drei Patienten (65,6 Prozent) litten tatsächlich unter Schmerzen, die in fast der Hälfte der Fälle (48,4 Prozent) als mäßig oder schwer eingestuft wurden. Betroffen waren alle Demenz-Subtypen, besonders häufig aber gemischte Demenz und Lewy-Körperchen-Demenz.
Verglichen mit der schmerzfreien Gruppe fielen die Schmerzpatienten mit 25,3 Prozent mehr neuropsychiatrischen Verhaltensstörungen, 33,6 Prozent höheren Schweregraden dieser Problematik und 31,4 Prozent größerer Belastung für die Pflegekräfte auf. Die Prävalenz von aggressivem oder agitiertem Verhalten war insgesamt hoch, in der Schmerzgruppe aber 3,8-mal häufiger anzutreffen.
Die Autoren schlussfolgern, dass viele Demenzpatienten unter Schmerzen leiden, welche sehr häufig ihren Beitrag zu Verhaltensauffälligkeiten leisten. Daran sollte man beispielsweise bei agitierten, aggressiven oder depressiven Patienten denken. Durch eine bessere Schmerzerfassung und -behandlung ließe sich hier gegensteuern.
Quelle: DOI: 10.1016/j.jpainsymman.2020.10.011