Bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis (RA) gilt Metho-trexat (MTX) nach wie vor als Standardmedikament. Daneben zählen Biologika zum Standardrepertoire bei der Behandlung vieler rheumatischer Erkrankungen.
Mit der Wahl der optimalen Erstlinientherapie für Patienten mit frisch diagnostizierter RA befasste sich eine große Strategie-Studie, die NORD-STAR-Studie [1].
Die head-to-head Studie verglich vier verschiedene Therapiestrate-gien hinsichtlich des Erreichens einer Remission bei Patienten, die erst vor durchschnittlich sieben Tagen (1-18) ihre Diagnose erhalten hatten.
Ihre Krankheitsaktivität gemessen anhand des Disease activitiy score (DAS28-CRP) lag bei 5,0 (±1,1).
Alle Patienten erhielten MTX (bis zu 25 mg/Woche), im konventionellen Arm bekamen sie zusätzlich orales Prednisolon (ausschleichend von 20 mg täglich auf 5 mg täglich innerhalb von 9 Wochen) oder Sulfasalazin (2 g täglich), Hydroxychloroquin (35 mg/kg wöchentlich) sowie intraartikulär Glukokortikoide (Triamcinolonhexacetonid ≤80 mg pro Arztbesuch bis zu Woche 20) in maximal vier geschwollene Gelenke.
In den Biologika-Armen erhielten die Patienten zusätzlich zu MTX entweder Certolizumab (200 mg s.c. alle 2 Wochen), Abatacept (125 mg s.c. wöchentlich) oder Tocilizumab (162 mg s.c. wöchentlich).
Der primäre Endpunkt war die CDAI-Remission nach 24 Wochen, das Design war ein Nicht-Unterlegenheitsdesign.
“Alle Strategien wirkungsvoll”
“Alle Therapiestrategien führten zu beeindruckenden Remissionsraten von über 40 Prozent – auch die konventionelle Therapie alleine”, erklärte Prof. Torsten Witte von der Medizinischen Hochschule Hannover.
Ausgehend von der konventionellen Therapie als Referenz erreichte Abatacept mit einer CDAI-Remission von 9 Prozent etwas bessere Werte als die anderen Biologika (Certolizumab 4 Prozent, Tocilizumab -1 Prozent).
Eine Nicht-Unterlegenheit der konventionellen Therapie zeigte sich für Certolizumab und Tocilizumab, nicht jedoch für Abatacept, was aufgrund des Studiendesigns nicht auf eine Überlegenheit von Abatacept schließen lässt.
“Diese Ergebnisse zeigen, dass sich auch mit einer konventionellen Therapie eine hohe Remissionsrate erreichen lässt. Wichtig ist, das MTX hoch genug zu dosieren”, betonte Witte. In der Praxis könnte es allerdings schwierig sein, die Patienten so schnell zu diagnostizieren.
Warum deeskalieren?
Nicht alle Patienten können sich mit der Idee einer Deeskalation anfreunden, berichtete Dr. Cornelia Allaart von der Medizinischen Universität Leiden, Niederlande.
Während es einige Patienten als gutes Zeichen ansehen, dass die RA so gut unterdrückt ist, dass man einen Auslassversuch oder eine Deeskalation wagen könne, machen sich andere große Sorgen, einen Rückfall zu erleiden und auch bei einem erneuten Therapiestart hinter den erreichten Status zurückzufallen.
“Bei dem Versuch die Medikation auszuschleichen oder zu deeskalieren, sollten wir daher immer die Erfahrungen und Erwartungen unserer Patienten berücksichtigen”, forderte die Rheumatologin.
In Anbetracht der teilweise erheblichen Nebenwirkungen stellt die Reduktion bzw. Beendigung der Medikamente ein wichtiges Ziel dar. Allaart verdeutlichte dies am Beispiel von Glukokortikoiden (GK), die abhängig von der Dosis zu Frakturen, gastrointestinalen Blutungen und Katarakt führen.
Selbst bei langfristig gegebenen geringen Dosen (≤5 mg täglich) können schwere Infektionen auftreten, unabhängig von den zusätzlich eingenommenen DMARDs (Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs) [2].
Flare und erneutes Ansprechen
In der offenen randomisierten POET-Studie wurde untersucht, ob RA-Patienten in Remission oder mit einer niedrigen Krankheitsaktivität die Behandlung mit einem TNF-alpha-Blocker gefahrlos unterbrechen können [3].
Nach 12 Monaten zeigten 51 Prozent der Patienten in der Absetz-Gruppe eine Krankheits-Verschlechterung (Flare), im Vergleich zu 18,2 Prozent in der kontinuierlich behandelten Gruppe.
Ein Neustart der Behandlung führte bei der Mehrheit der Patienten (84,6 Prozent) zu einem erneuten Ansprechen; der vorherige Disease Activity Score (DAS28) von <3,2 wurde in einer medianen Zeit von 12 Wochen erreicht.
“Die Patienten, die zumindest für eine gewisse Zeit eine erfolgreiche Therapieunterbrechung hatten, waren sehr zufrieden damit”, berichtete Allaart, Mitautorin der Studie.
Trotz einiger Versuche, einen zuverlässigen Prädiktor zu finden, lässt sich bisher nicht exakt vorhersagen, welche Patienten zu welchem Zeitpunkt einen Flare erleiden werden.
Medikamenten-freie Remission ist möglich
Ein Flare kann beim Ausschleichen der Medikation, während der DMARD-freien Zeit oder nach einer länger andauernden DMARD-freien Remission auftreten. “Dennoch finde ich es ermutigend, dass Patienten mit RA eine Medikamenten-freie Remission erreichen können”, betonte Allaart.
Wie ein systematisches Review zeigte, hält die DMARD-freie Remission bei etwa 10-20 Prozent der Patienten über 12 Monate an [4].
Die Rheumatologin schlägt folgende Vorgehensweise vor:
- Glukokortikoide sollten möglichst umgehend nach Therapiestart wieder reduziert (<5 mg täglich) oder abgesetzt werden.
- Bei biologischen und targeted synthetic” DMARDs (b-DMARDs, tsDMARDs) sollte immer eine Dosisverminderung und vorzugsweise ein Medikamentenstop versucht werden. Beispielsweise nach einer längeren Remission (>6 Monate).
- Sehr behutsam und in enger Absprache mit dem Patienten ist eine Dosisverminderung und in Einzelfällen ein Auslassen von konventionellen synthetischen DMARDs (csDMARD) zu erwägen, sofern die negativen Effekte den Benefit überwiegen. Bei einer Verschlechterung sollte die Medikation sehr schnell wieder aufgenommen werden.
Eine wichtige Voraussetzung für einen Auslassversuch ist die gute Zusammenarbeit mit dem Patienten und ein enges Monitoring während der Medikamenten-freien Zeit. Dazu gehört laut Allaart, dass die Patienten in die Praxis kommen können, sobald sie Hinweise auf eine Verschlechterung verspüren.
Literatur