Kombinationstherapie mit TNF-Antagonist und Thiopurin wirkt effektiver gegen Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa als eine jeweilige Monotherapie, doch ist unklar, unter welcher Therapie das Infektionsrisiko größer ist. Bisherige Studien erlauben es wegen des Studiendesigns nur eingeschränkt, das Infektionsrisiko zu beurteilen.
Diese Studie stützt sich auf die Datenbank der Französischen Krankenversicherung und schloss 190.694 Patienten ein, bei denen IBD diagnostiziert wurde. Ausgeschlossen waren Patienten mit geschwächtem Immunsystem. Endpunkte waren Hospitalisierung wegen einer Infektion (ernste Infektion), opportunistische Infektionen wurden durch die Pathogene klassifiziert.
Patienten mit Kombinationstherapie und mit Monotherapie hatten ein erhöhtes Risiko für ernste Infektionen, verglichen mit Patienten, die keinen TNF-Antagonisten und kein Thiopurin erhielten. Bei der Kombinationstherapie war das Risiko für eine Infektion gegenüber Monotherapie mit TNF-Antagonisten erhöht (HR 1.23; 95 Prozent KI 1,05-1,45) und gegenüber Thiopurin-Monotherapie erhöht (HR 2,11; 95 Prozent KI 1,80-2,48). Therapie mit TNF-Antagonisten war verglichen mit Thiopurinen mit einem erhöhten Risiko verbunden (HR 1,71; 95 Prozent KI 1,56-1,88).
Auch das Risiko für opportunistische Infektionen war bei den Patienten mit einer der drei Therapien höher als bei Patienten ohne diese Therapien. Kombinationstherapie führte zu einem HR von 1,96 (95 Prozent KI 1,32-2,91) verglichen mit TNF-Antagonisten und zu einem HR von 2,11 (95 Prozent KI 1,45-3,08). Dabei war die Inzidenz opportunistischer und ernster Infektionen bei Patienten ab 65 Jahren erhöht.
Fazit: Kombinationstherapie setzt die Patienten einem höheren Risiko für opportunistische und ernste Infektionen aus, als die Therapie mit TNF-Antagonisten. Diese hingegen setzt die Patienten einem höheren Risiko aus als Thiopurin- Monotherapie. Das Risiko für Infektionen sollte daher sorgfältig gegen den Benefit abgewogen werden.
Quelle: Kirchgesner J et al.: Risk of Serious and Opportunistic Infections Associated With Treatment of Inflammatory Bowel Diseases. Gastroenterology. 2018 Aug;155(2): 337-346.e10. doi: 10.1053/j.gastro.2018.04.012. Epub 2018 Apr 12.
Kommentar von Roland Müller-Waldeck
Die Stärken dieser Studie sind unter anderem ihre Große Teilnehmerzahl und dass auf die Intensität der Erkrankung adjustiert und so Bias vermieden wurde.
Die Ergebnisse dieser und anderer Studien zeigen, dass das Risiko für ernste Infektionen höher ist als das gefürchtete Krebsrisiko. Ärzte sollten dementsprechend das Infektionsrisiko bei der Therapiewahl im Auge behalten und immunsuppressierte Patienten engmaschig überwachen. Möglicherweise könnten Impfungen, möglichst zum Zeipunkt der Diangose verabreicht, Infektionen vorbeugen.
Wie beurteilen Sie die Bedeutung dieser Studie für die Praxis?
Prof. Dr. Torsten Kucharzik, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie, Klinikum Lüneburg:
Die Studie bestätigt frühere Studiendaten, die zeigen, dass eine Kombinationstherapie mit einem höheren Risiko für opportunistische Infektionen einhergeht als eine entsprechende Monotherapie. Das Wissen um dieses erhöhte Infektionsrisiko sollte zukünftig auch die Indikationsstellung für eine Kombinationstherapie beeinflussen.
Für die Kombinationstherapie von einem TNF-Antikörper mit einem Immunsuppressivum konnte in randomisiert kontrollierten Studien bisher ausschließlich für die Kombination Infliximab plus Azathioprin ein positiver Effekt auf die klinische Remission und die Mukosaheilung gezeigt werden (SONIC-Studie, Woche 26).
Für andere Kombinationstherapien wie z.B. Adalimumab plus Azathioprin liegen in Bezug auf die klinische Remission lediglich negative Studiendaten bzw. Daten aus nicht randomisierten Studien vor. Aus diesem Grund sollte gerade auch unter Berücksichtigung des nun bestätigten erhöhten Infektionsrisikos, eine große Zurückhaltung bei der Anwendung von Kombinationstherapien außerhalb der Kombination Ifx/Aza gefordert werden.
Bei der Wahl der Kombination Infliximab plus Azathioprin stellt die Kombinationstherapie eine Einzelfallentscheidung dar, bei der zwischen dem erhöhten Risiko für schwere und opportunistische Infektionen im Vergleich zur TNF-Antikörper-Monotherapie und der Chance auf ein besseres klinisches Ansprechen im Einzelfall abgewogen werden sollte. Bei dieser Entscheidung spielen das Alter der Patienten und Komorbiditäten sicherlich eine wichtige Rolle.