Antikörper zur Migräneprophylaxe
Die Migräne ist der häufigste primäre Kopfschmerz mit einer Inzidenz von ca. 15 Prozent bei Frauen und 6 Prozent bei Männern. Bei einer typischen Klinik ist eine Bildgebung nicht notwendig. Nur bei ca. 10 Prozent der Kopfschmerz-Patienten handelt es sich um einen sekundären Kopfschmerz z.B. bei einer Hirnblutung oder einem Tumor.
Um so etwas nicht zu übersehen, sollten die Red Flags beachtet werden. Dazu gehören der Donnerschlagkopfschmerz, ein neu aufgetretener sehr starker Kopfschmerz, Fieber, neurologische bzw. psychiatrische Auffälligkeiten und ein Krampfanfall. In solchen Situationen ist immer eine rasche Bildgebung notwendig.
Was die Migräne betrifft, so liegt die Kopfschmerzfrequenz bei etwa 60 Prozent der Patienten bei ≤ 7 Tagen im Jahr. Für die Akutbehandlung empfehlen sich primär Analgetika wie Ibuprofen und, wenn dies nicht reicht, ein Triptan. Wichtig ist aber auch die Prophylaxe.
Eine solche erhält zurzeit aber nur jeder zweite Patient, bei dem diese eigentlich indiziert wäre. Dafür zugelassen sind Betablocker, Opipramol, Amitriptylin, Topiramat, Botulinumtoxin und monoklonale gegen CGRP bzw. gegen den CGRP-Rezeptor gerichtete Antikörper. Beim CGRP (Calcitonin Gene-related Peptid) handelt es sich um ein Neuropeptid, dem bei der Pathogenese des Migräne-Anfalls eine wichtige Bedeutung zukommt (Frank Erbguth, Nürnberg).
Erysipel: Starke Allgemeinsymptome
Das Erysipel ist eine akute, sich flächenhaft ausbreitende Infektion, die mit Allgemeinsymptomen wie Fieber und Schüttelfrost einhergeht. Bei Rezidiven fehlen häufig diese Allgemeinsymptome. Erreger sind meist beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, seltener sind Mischinfektionen.
Als Eintrittspforten dienen kleine Hautläsionen, vor allem Rhagaden durch mazerative Interdigitalmykosen. Risikofaktoren sind immunologische Störungen und lokale Faktoren wie ein chronisches Lymphödem. Typisch sind die flächige, einseitige, scharf begrenzte Rötung mit Spannungsgefühl und Druckschmerz. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Abstriche sind nicht notwendig.
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen sind das akute Ekzem, das aber mit Bläschen und Schuppung einhergeht, und die Thrombophlebitis superficialis. Im Gesichtsbereich wird nicht selten das Erysipel mit einem Herpes zoster verwechselt. Letzterer geht aber mit gruppierten Bläschen und der typischen zosteriformen Neuralgie einher. Bei einem Gesichtserysipel besteht die Gefahr einer Sinusvenenthrombose. Die Therapie der Wahl ist Penicillin V (Thomas Dirschke, Wuppertal).
Levothyroxin: Zu häufig verordnet
Auch neuere Untersuchungen zeigen, dass Levothyroxin weiterhin viel zu unkritisch eingesetzt wird. Man sollte sich an folgende Regeln halten: Bei einem TSH < 20 mU/l sollte man den Wert nach vier bis acht Wochen erst einmal kontrollieren. Liegt der Wert beide Male deutlich über dem Referenzbereich und hat der Patient suggestive Hypothyreosebeschwerden, empfiehlt sich ein Therapieversuch über 6 bis max. 12 Monate.
Wenn der Patient eindeutig von der Therapie profitiert, sollte die Behandlung fortgesetzt werden. Ansonsten sollte die Therapie wieder abgesetzt werden. Auch das Absetzen einer langjährigen Levothyroxin-Therapie ist zu empfehlen. Dies gelingt meist auch problemlos, vor allem, wenn der Patient 50 µg oder weniger einnimmt (Martin Fassnacht, Würzburg).
Vorsorgekoloskopie rettet Leben
Die Effektivität der Vorsorgekoloskopie im Hinblick auf die Reduktion der Mortalität ist durch mehrere Studien gut belegt. Auch neue Daten zeigen, dass eine Screeningkoloskopie mit einer stark reduzierten KRK-Häufigkeit (RR: 0,44) und auch mit einer stark reduzierten KRK-Mortalität (RR: 0,34) assoziiert ist (Andreas Stallmach, Jena).
Time is brain
Bei der notfallmäßigen Versorgung von Schlaganfallpatienten gilt: Time is brain. Um möglichst früh die ätiologische Schlaganfalldiagnose stellen zu können, wurden in Pilotprojekten mobile Stroke Units eingesetzt, die mit einem CT ausgestattet sind.
Erste Ergebnisse zeigen, dass die Patienten damit nicht nur schneller die richtige Behandlung erhalten, sondern dass daraus auch bessere Outcomes resultieren. Es fand sich eine um 64 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für ein exzellentes Outcome und eine um 39 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für eine reduzierte Behinderung.
Was die Plättchenhemmung betrifft, so ist die Kombination ASS und Clopidogrel bei Hochrisikopatienten mit leichten Schlaganfällen vorteilhaft, wenn diese Therapie innerhalb von 24 Stunden nach Diagnosestellung begonnen wird. Damit wird die Rezidivrate gesenkt, allerdings für den Preis einer Erhöhung der Blutungsrate. 20 auf 1.000 verhinderte Rezidive stehen 2 auf 1.000 Blutungen gegenüber. Die duale Plättchenhemmung sollte aber nach 21 Tagen beendet werden (Frank Erbguth, Nürnberg).
Multiple Sklerose und EBV
Eine Meilensteinstudie zum Thema Multiple Sklerose (MS), die sogar Eingang in Nachrichtensendungen gefunden hat, beschäftigte sich mit dem möglichen Zusammenhang einer EBV (Epstein-Barr-Virus)-Infektion und der Entwicklung einer MS. Schon immer wurde ein Zusammenhang zwischen einer viralen Infektion und der MS diskutiert.
Diese Annahme erhält jetzt durch eine große epidemiologische Studie neue Nahrung. Danach ist eine EBV-Infektion offensichtlich eine fast schon notwendige Voraussetzung, um eine MS zu entwickeln. Von 955 Soldaten, die an einer MS erkrankten, war nur einer EBV-negativ.
Eine EBV-Infektion erhöhte das Risiko für eine MS um das 32-fache. Somit ist die EBV-Infektion wahrscheinlich nicht der exklusive aber doch ein wesentlicher Grund für die MS. Vor dem Hintergrund dieser Daten gewinnt das Thema EBV-Impfung an Relevanz. Noch gibt es aber keinen zugelassenen Impfstoff (Frank Erbguth, Nürnberg).
Defizite bei der HPV-Impfung
Es gibt Daten, die zeigen, dass durch eine hohe HPV-Durchimpfungsrate ein Rückgang der Auffälligkeiten an der Portio und auch des Zervixkarzinoms erreicht werden kann. Bislang liegt in Deutschland die Durchimpfungsrate bei 15-jährigen Mädchen nur bei knapp 45 Prozent.
Die Langzeitauswertung der WHI-Studien bestätigt erneut den Zusammenhang zwischen einer Hormonersatztherapie und einem erhöhten Brustkrebsrisiko. Eine Metaanalyse konnte zeigen, dass Frauen mit einer kürzeren reproduktiven Zeitspanne ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle hatten.
Eine frühzeitig induzierte Menopause z.B. durch eine vorsorgliche Entfernung der Eierstöcke muss vor dem Hintergrund dieser Daten kritisch gesehen werden (Isabell Witzel, Hamburg).
Quelle: Praxis update, 6.-7.5.2022, Berlin