Prio-Tabelle hilft beim Absetzen
Polypharmazie ist häufig und meist komplex. Eine Pilotstudie hat ein einfaches Instrument als Gegenmittel getestet. Mit einer Priorisierungstabelle sortierten Hausarzt und Patient gemeinsam die Medikamente nach Therapieziel (Heilung; Vorsorge oder Stabilisierung von Krankheiten; Symptomkontrolle) und Wichtigkeit (lebenswichtig; sehr wichtig; weniger wichtig; nicht wichtig/ nicht evidenzbasiert/kontraindiziert). Die Hausärzte erhielten ein Manual mit u.a. Onlinequellen zur Informationssuche. Fünf Hausärzte testeten die Tabelle mit insgesamt 39 Patienten. Ein Drittel aller Medikamente wurde als „weniger oder nicht wichtig“ eingeordnet. Bei 13 Prozent einigten sich Arzt und Patient aufs Absetzen, darunter vor allem Nahrungsergänzungspräparate, Protonenpumpeninhibitoren, Cholesterinsenker, Psychopharmaka und Schmerzmittel.
Fazit: Mit einer Priorisierungstabelle konnten in einer Pilotstudie Hausärzte und Patienten im Gespräch ein Drittel der Medikamente als unwichtig einordnen und 13 Prozent als potenziell entbehrlich einstufen.
Enthaler N, Schuler J, Johansson T et al: Eine einfache Priorisierungstabelle für das Management von Polypharmazie bei allgemeinmedizinischen Patienten – eine Pilotstudie. ZFA 2019; 95 (10), DOI: 10.3238/zfa.2019.0394-0398
Hausärzte und Patienten bei Vitaminen über Kreuz
In den Niederlanden sind Bestimmungen von Vitamin D und B 12 innerhalb von zehn Jahren auf das Sechsfache gestiegen – in Deutschland ist das vermutlich ähnlich. In einer Studie wurden Hausärzte und Patienten befragt, wann Vitaminspiegel bestimmt werden sollen. Hausärzte gaben medizinische Indikationen an (z.B. Polyneuropathie, Anämie), während Patienten unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Muskelschmerzen und seelische Probleme nannten. Bei unspezifischen Symptomen gaben Ärzte an, Vitaminspiegel nur zu bestimmen, wenn Patienten dies dringend wünschten, um eine gute Arzt-Patienten-Beziehung zu erhalten.
Patienten informierten sich im Internet, Zeitschriften und Büchern über Vitamine. Viele glaubten, dass ihre Hausärzte nicht gut über Vitamine informiert sind. Hausärzte sahen evidenzbasierte Informationen als hilfreich an und wünschten sich eine klare Leitlinie und Schulungen, da viele widersprüchliche Informationen in Medien, bei Patienten aber auch Ärzten zirkulieren. Die meisten Ärzte würden unnötige Bestimmungen gerne vermeiden, um Medikalisierung und Fehlüberzeugungen zu verhindern. Nur einige sahen einen Nutzen in Vitamintests als „Placebointervention“.
Fazit: Hausärzte und Patienten haben sehr unterschiedliche Auffassungen zu Vitaminbestimmungen. Widersprüchliche Informationen in Medien und Gesellschaft erschweren die Informationsbeschaffung und Kommunikation.
Hofstede H, van der Burg H.A.M, Mulder B.C, et al. Reducing unnecessary vitamin testing in general practice: barriers and facilitators according to general practitioners and patients. BMJ Open 2019;9:e029760. doi:10.1136/bmjopen-2019-029760
Ventilator erleichtert Luftnot
Luftnot ist sehr belastend. In der palliativen Versorgung werden zur Linderung auch nicht-medikamentöse Ansätze empfohlen. Ein Review hat untersucht, ob der Einsatz eines Ventilators bei Luftnot hilft. Dafür wurden fünf randomisiert-kontrollierte Studien bei 198 Patienten (auch mit nicht-onkologischen Erkrankungen wie COPD) ausgewertet. Es zeigte sich eine signifikante Erleichterung der Luftnot direkt und zehn Minuten nach der Intervention. Nach einem Monat fand sich allerdings auch bei fortgesetzter Therapie keine Besserung mehr.
Allerdings ist die Qualität der Studien nicht optimal (Verblindung schlecht möglich) und nur wenige Patienten nahmen teil, sodass die Ergebnisse nicht ganz verlässlich sind. Da Forschung in der Palliativmedizin nicht einfach und noch nicht lange etabliert ist, ist es aber durchaus positiv, dass mehrere kontrollierte Studien zu dem Thema ausgewertet werden konnten.
Fazit: Fünf Studien mit moderater Qualität finden eine kurzfristige, aber keine langfristige Besserung von Luftnot in palliativen Situationen durch Ventilatortherapie. Die Therapie ist einfach und nebenwirkungsarm und daher ergänzend zu Medikamenten sinnvoll.
Yu S et al: Fan Therapy for the Relief of Dyspnea in Adults with Advanced Disease and Terminal Illness: A Meta-Analysis. DOI: 10.1089/jpm.2019.0140