Nach Versagen einer Metformin-Monotherapie soll gemäß NVL ein zweites Medikament ergänzt werden. Welche Vorteile hat NPH-Insulin zur Nacht?
Die Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes empfiehlt, nach Versagen einer Metformin-Monotherapie ein zweites Medikament entsprechend priorisierter Endpunkte zu ergänzen [1].
Für kardiovaskulär vorerkrankte Personen mit Diabetes haben SGLT2-Inhibitoren und GLP1-Rezeptoragonisten eine Endpunktverbesserung gezeigt. SGLT2-Inhibitoren besserten zudem renale Endpunkte bei bereits bestehender Nierenerkrankung bei Menschen mit oder sogar ohne Diabetes [12].
Liegt kein oder ein niedriges kardiovaskuläres Risiko und keine Nephropathie vor und das individuelle Therapieziel wird nicht erreicht, kann – ggf. nach erneuter Teilnahme an einem strukturierten Diabetesschulungsprogramm – direkt zusätzlich Glibenclamid, ein Gliptin oder ein Basalinsulin erwogen werden [1].
Mit Glibenclamid und Insulin gelang eine geringe Reduktion mikrovaskulärer Endpunkte (Retinopathie, Nephropathie), jedoch in bisherigen Studien keine signifikante Senkung der kardiovaskulären Mortalität [1][13].
Studienergebnisse
In unserer Studie (s. Teil 1, “Der Hausarzt” 2/2022) erreichten über 90 Prozent der Teilnehmenden mit Diabetes Typ 2 ihr individuelles HbA1c-Ziel über mehrere Jahre durch Ergänzung von NPH-Insulin vor dem Schlafengehen zu einer Metformin-Therapie. Schwere Hypoglykämien traten nicht auf; tägliche Blutglukosemessungen waren nicht nötig.
25 Prozent (Gruppe C) konnten die Therapie mit NPH-Insulin nach etwa zwei Jahren aufgrund der Unterschreitung des minimalen HbA1c-Zielkorridors von 6,5 Prozent beenden.
Als ursächlich vermuten wir eine nachhaltige Änderung der Lebensgewohnheiten mit Reduktion des Körpergewichtes (4 kg). Regelmäßige Überprüfungen einer möglichen Therapie-Deeskalation sollten konform der NVL Typ-2-Diabetes erfolgen [1].
Etwa die Hälfte der Teilnehmenden behielt die Kombination aus NPH-Insulin und Metformin über 2,6 Jahre bei, bevor eine Intensivierung der Diabetestherapie nötig wurde (Gruppe B), weitere 13 Prozent erreichten ihr individuelles HbA1c-Ziel bis Studienende und darüber hinaus (Gruppe D).
Somit zeigte die Kombination von NPH-Insulin und Metformin bei nur 8,5 Prozent der Teilnehmenden (Gruppe A) keinen längeren Nutzen, da bereits nach 4,5 Monaten eine Intensivierung der Therapie nötig war.
Die Betroffenen wiesen bereits zu Beginn ein hohes Körpergewicht auf. Eine multiple, lineare Regression ergab, dass eine Gewichtsreduktion mit dem längsten Therapieerfolg assoziiert war (Gruppe C und D). Ein schnelleres Therapieversagen war wiederum mit einer geringeren Gewichtsreduktion verbunden (Gruppe A und B).
Keine Hypoglykämie/Gewichtszunahme
Während des Nachbeobachtungszeitraums trat bei keinem Patienten eine schwere Hypoglykämie auf. Gründe hierfür könnten die “vorsichtige” Erhöhung der Insulindosis und die relativ niedrige Insulindosis zu Studienende sein: Wir begannen die Therapie mit 8 IE und erhöhten sie erst nach mehrfacher, nächtlicher Blutglukosemessung auf im Mittel 13,4 IE. Möglicherweise sind nächtliche Glukosemessungen nicht so häufig erforderlich, sondern ließen sich auf eine Messung um 3:00 Uhr zusammenfassen.
In unserer Untersuchung gelang eine HbA1c-Senkung von 1,2 Prozent und eine Gewichtsreduktion von 1,7 kg. Dies steht im Gegensatz zu anderen Studien (s. Tab.) [3][4][5] [6 ] [7][8][9][10].
In allen Untersuchungen kam es zu einer signifikanten Gewichtszunahme unter basalunterstützter oraler Therapie (BOT), wenn tagsüber Basalinsulin appliziert wurde oder das Basalinsulin in den Tag hineinwirkte.
Weiterhin waren zur HbA1c-Reduktion vergleichsweise höhere Insulin-Dosen notwendig. Über die Ursachen der Gewichtsabnahme können wir nur spekulieren. Mögliche Gründe sind die Versorgungsstrukturen (Hausarzt, Diabetologe, Krankenhausambulanz) und die teils wiederholte Teilnahme an einem strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogramm [14].
Etliche weitere Ursachen kommen in Betracht, etwa die tägliche Kalorienzufuhr, Kohlenhydratmenge, Bewegung, Stress, Insulinresistenz, Restinsulin, genetische Faktoren und der Sozialstatus. Keine der in der Tabelle genannten Untersuchungen enthält hierzu Informationen.