Die Symptomausprägung des AE (Synonym: Neurodermitis, atopische Dermatitis) ist sehr heterogen und hängt vom Stadium (akut, chronisch) und vom Alter des Patienten ab. Bei Erwachsenen häufig betroffene Hautpartien umfassen Handgelenke, Hände, oberer Stamm, Schultern, Kopf und Armbeugen. Zu erkennen sind Erytheme, Ödeme, nässende oder verkrustete Läsionen sowie Lichenifikation (flächenhafte lederartige Veränderung). Im Verlauf der Erkrankung wechseln sich Phasen akuter Schübe mit erscheinungs- und beschwerdefreien Phasen ab.
Therapie basiert auf drei Säulen
Die drei wesentlichen Behandlungsmodule sind: Entzündungshemmung, Barrierestabilisierung und Immunmodulation. Letztere ist wichtig, da Patienten mit atopischem Ekzem bei jedem Kontakt mit einem Allergen mit einer TH2-dominierten Immunantwort reagieren. Begünstigt wird die Immunreaktion durch eine gestörte Hautbarriere, die es externen Substanzen erlaubt, leicht in die Haut einzudringen.
Weitere sinnvolle Therapiemaßnahmen bestehen laut Prof. Andreas Wollenberg von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der LMU München darin, die pathogenetisch relevanten Keime auf der Haut zu reduzieren und den Juckreiz zu lindern.
Die tägliche Anwendung der Basistherapie ist essenziell, um der Hauttrockenheit und damit letztlich dem Barrieredefekt entgegenzuwirken. Dabei sollten die Patienten nicht sparen, sondern die Basispflege großzügig auftragen. So liegt die vom europäischen Forum für Dermatologie (EDF) empfohlene Mindestmenge bei über 250 g pro Woche.
Bei Kindern mit hohem Risiko für AE (ein oder beide Elternteile sind betroffen) ist eine Basispflege ab der Geburt empfehlenswert, da das Eincremen von Anfang an die Wahrscheinlichkeit für ein atopisches Ekzem deutlich verringert. Eine gute Basispflege sollte sowohl Feuchthaltemittel wie Harnstoff oder Glycerin enthalten als auch ein Occludent wie Vaselin, welches das Wasser auf der Haut versiegelt.
Zu beachten ist, dass ein Drittel aller erwachsenen AE-Patienten eine Sensibilisierung gegen Kontaktallergene aufweist – insbesondere gegen Emulgatoren, Duftstoffe und Konservierungsstoffe. Duftstoffe sind entbehrlich und Konservierungsstoffe lassen sich vermeiden, indem man für die Basispflege sterile Zutaten in eine Tube mit Rückschlagventil füllen lässt, welches das Eindringen von Keimen verhindert. Die Basispflege kann topische Antiseptika enthalten, z.B. Triclosan (bei nicht-ionischer Grundlage), Chlorhexidingluconat (für wässrige Lösungen) oder Mikrosilber.
Um die Keimdichte – insbesondere von Staphylococcus aureus – auf der Haut zu verringern, kann man den Patienten zu antibakteriellen Silbertextilien raten. Bei Kindern mit AE sind diese Kleidungsstücke sogar erstattungsfähig.
Gestuftes, individuell abgestimmtes Vorgehen
Bei trockener Haut sind die topische Basistherapie und die Vermeidung von Triggerfaktoren häufig ausreichend. Leichte Ekzeme erfordern oft topische Glukokortikosteroide, um die Entzündung einzudämmen. Bei Erwachsenen handelt es sich dabei in der Regel um Steroide der Klasse II (z.B. Prednicarbat oder Hydrokortisonbutyrat). Kurzfristig können auch Klasse III-Steroide (z.B. Mometasonfuroat) eingesetzt werden, etwa bei einem ausgeprägten akuten Ekzem.
Topische Calcineurininhibitoren wie Pimecrolimus und Tacrolimus sind ebenfalls für die anti-entzündliche Therapie geeignet. Da Tacrolimus stärker wirkt, ist eine geringere Konzentration ausreichend. Wollenberg macht die Wahl zwischen topischen Glukokortikosteroiden und Calcineurininhibitoren meist von der Lokalisation abhängig. An empfindlichen Hautstellen wie Kopf, Hals oder Leiste bevorzugt er Calcineurininhibitoren, flächige Hautareale behandelt der Dermatologe kurzfristig eher mit Steroiden.
Für längere Anwendungen seien Calcineurininhibitoren aufgrund geringerer Nebenwirkungen die bessere Wahl. Sie verursachen weder Hautatrophie noch Striaebildung oder Teleangiektasien. Für Schwangere sind nur Steroide zugelassen, allerdings zeigten Calcineurininhibitoren selbst bei systemischer Gabe in hoher Dosierung keine Teratogenität. Bei einer Anwendung ist die Patientin darüber aufzuklären, dass es sich um einen individuellen Heilversuch handelt.
Proaktive Therapie
Während man früher nur in der Schubphase behandelte (reaktive Therapie), lautet die aktuelle Empfehlung, die individuellen “Problemzonen” des Patienten nach dem Schub niedrig-dosiert weiterzubehandeln (z.B. 2 mal wöchentlich). Die Rationale dahinter ist, dass nicht-sichtbare Prozesse wie etwa die subklinische Entzündung weiterhin bestehen.
Bei einem erneuten Schub wird der akute Ekzembereich täglich behandelt und die proaktive Therapie der Problemzonen fortgeführt (2 mal wöchentlich). Verglichen mit der reaktiven Therapie ist der Salbenverbrauch insgesamt deutlich geringer.
Die proaktive Therapie mit Tacrolimus führte in einer Studie zu einer etwa 10-fachen Verlängerung des medianen schubfreien Intervalls. Zugleich verbesserte sich die Barrierefunktion mit Tacrolimus deutlich, während sie mit einem Steroid schlechter wurde.
Wollenberg empfiehlt die proaktive Therapie insbesondere für Patienten mit moderatem bis schwerem AE. Bei einem schweren Schub beginnt er gerne mit einem topischen Steroid (2 mal täglich, eine Woche), wechselt dann für eine Woche auf Steroidbehandlung abends und topisches Tacrolimus morgens und schließlich auf Tacrolimus 2 mal täglich für zwei Wochen. Cave: etwa die Hälfte der Patienten verspürt mit Tacrolimus anfangs ein Brennen, das bei längerer Therapie vergeht.
Persistierende, schwere Fälle können zusätzlich mit immunmodulierender Therapie (z.B. Ciclosporin A, Dupilumab) behandelt werden, von oralen Steroiden ist aufgrund zahlreicher Nebenwirkungen und schnellem Rebound in der Regel abzuraten.
Quelle: Symposium: “Atopisches Ekzem: Moderne Therapie anhand von Fallbeispielen”, anlässlich der Tagung Dermatologische Praxis am 10.03.2018 in Frankenthal