Hauterkrankungen können enorme Auswirkungen auf die Gesundheit, die Lebensqualität und die Psyche der Betroffenen haben.
Als das Bundesgesundheitsministerium mit dem zwischen 2018 und 2020 geförderten Projekt “ECHT” die Initiative ergriff, um eine Entstigmatisierung von Menschen mit sichtbaren chronischen Hauterkrankungen auf den Weg zu bringen (s. auch “Der Hausarzt” 03/22), hatten die Verantwortlichen nicht nur Menschen mit Knollennase oder Schuppenflechte im Blick. In den Fokus nahmen sie auch junge Menschen, vor allem in der Pubertät. Denn gerade im jungen Alter kann Akne zu psychischen Belastungen führen.
Erhöhtes Depressionsrisiko
Pickel hat jeder mal, vor allem in der Pubertät. Bei starker Akne drohen aber nicht nur Vernarbungen, sondern im schlimmsten Fall auch Depressionen: Eine kanadische Untersuchung von 2018 [1] zeigte, dass Akne bei jungen Menschen das Risiko für Depressionen erhöht. Für die Studie hatte die Universität Calgary fast zwei Millionen Patientendaten ausgewertet. Das Ergebnis: Von den Menschen mit starker Akne erkrankten in den folgenden Jahren 18,5 Prozent an Depressionen, in der Kontrollgruppe waren es nur zwölf Prozent.
Auch ein Blick ins Netz und auf einschlägige Plattformen sozialer Medien zeigt, welche Bedeutung das Thema hat: “Man fühlt sich wie ein Monster”. “Klar, die Akne ist nervig, aber so sehr störe ich mich gar nicht daran. Schlimmer finde ich, dass der Umgang der Gesellschaft damit so paradox ist: Fast jede*r hat irgendwann mit Akne zu tun – und trotzdem sehen wir immer nur Menschen mit perfekter Haut.”
Und: “Bei mir kam die Akne mit 24. Jetzt mit 29 habe ich jeden Tag Angst, dass sie wiederkommt. Wer nicht drunter leidet oder gelitten hat, kann einfach nicht mitreden. Du fühlst dich einfach nur unwohl, möchtest nicht mehr rausgehen, niemanden mehr sehen. Du hast das Gefühl, jeder starrt auf dein Gesicht. …”
Eine Teenager–Erkrankung?
In der Allgemeinbevölkerung ist die Annahme weit verbreitet, dass Akne nur in jungen Jahren auftritt. Tatsache ist: Akne ist weltweit die häufigste Hauterkrankung; etwa 85 Prozent der Menschen sind einmal im Leben von ihr betroffen.
Es gibt komplizierte und auch chronische Verläufe. Zudem belegen Daten, dass die Acne tarda (Altersakne) zunimmt. Eine Acne tarda liegt dann vor, wenn die Akne über das 25. Lebensjahr hinaus fortbesteht (in circa 20 bis 40 Prozent der Fälle) oder sich sogar erst im Erwachsenenalter manifestiert. In 75 bis 85 Prozent der Fälle sind Frauen von dieser späten Form betroffen.
Akne ist also eine ernst zu nehmende Erkrankung und nicht als geringfügiges Pubertätsproblem aufzufassen. Die psychologischen Auswirkungen korrelieren dabei nicht notwendigerweise mit dem klinischen Erscheinungsbild.
Offene Kommunikation zählt
Bis ein Patient mit Akne einen Arzt konsultiert, vergeht häufig eine lange Zeit mit erfolglosen Selbsttherapien. Einschlägige Werbespots der Industrie sind jedem von uns hinreichend bekannt. Mit dem Ergebnis von Frustration und Angst bis hin zum sozialen Rückzug.
Eine wichtige Rolle in der Behandlung kommt deshalb uns Hausärzten zu. Das gilt besonders in der Pubertät, einer Zeit, in der sich neue Perspektiven eröffnen, sich der Blick auf das andere Geschlecht und den eigenen Körper verändert, Weiterentwicklung erfolgt, Wissen, neue Kompetenzen und Bewältigungsstrategien erworben werden, zugleich aber das eigene “Ich” noch nicht gefunden ist und das Selbstwertgefühl noch wachsen muss.
Hier kann eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Patienten und Arzt eine offene Kommunikation möglich machen. Beratungsanlässe in der Hausarztpraxis, vor allem aber die Jugenduntersuchungen J1 und J2, bieten dabei eine gute Gelegenheit für Aufklärung und frühe Therapie. Eine frühzeitige Behandlung akuter Akne-Läsionen und die Minimierung von Rezidiven durch gezielte antientzündliche Therapien kann dem Risiko für Narbenbildung vorbeugen und zugleich die psychische Belastung der Betroffenen minimieren.
Fazit
Ein Stigma wirkt sich nicht nur auf die soziale Teilhabe in der Gesellschaft aus, sondern hat auch Folgen für das psychische und physische Wohlbefinden des Betroffenen.
Dazu gehören vor allem Depressionen, Angst- und Schamgefühle sowie eine erhöhte Anfälligkeit für weitere psychosoziale Krankheiten, aber auch vermehrte Krankheitssymptome und Beeinträchtigungen der Gesundheit [2]. Hier liegt unsere Verantwortung, fachlich konsequent und mit hoher sozialer Kompetenz zu helfen.
Die Autorin hat keine Interessenkonflikte deklariert.
Literatur:
- Vallerand IA, Lewinson RT, Parsons LM, Lowerison MW, Frolkis AD, Kaplan GG, Barnabe C, Bulloch AGM, Patten SB. Risk of depression among patients with acne in the U.K.: a population-based cohort study. Br J Dermatol. 2018 Mar;178(3):e194-e195. DOI: 10.1111/bjd.16099
- Quinn DM, Chaudoir SR. Living with a concealable stigmatized identity: the impact of anticipated stigma, centrality, salience, and cultural stigma on psychological distress and health. J Pers Soc Psychol 2009 Oct;97(4):634-51. DOI: 10.1037/a0015815
- Restliche Literatur bei der Verfasserin.