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Hausarzt MedizinDamit Suchtpatienten nicht verloren gehen

Mit Hilfe der Substitutionstherapie wurden in den letzten Jahren große gesundheitliche Verbesserungen erreicht. Dennoch gehen immer wieder Suchtkranke ‚verloren‘, weil sie zu spät oder gar nicht behandelt werden. Um diese Patienten aufzufangen, sind gut koordinierte Netzwerke ungemein wichtig.

Manche Kollegen seien der Ansicht, alleine ganz gut zurecht zu kommen, berichtete Dr. Konrad F. Cimander, Allgemeinarzt und Chemiker vom Kompetenzzentrum Suchtmedizin KO.S.I. in Hannover. Cimander betonte, wie nützlich die Zusammenarbeit sei, "da Interdisziplinarität zu besseren Ergebnissen führt".

Weil viele suchtkranke Patienten zusätzlich unter HIV- oder Hepatitis-Infektionen leiden, ist eine Zusammenarbeit etwa bei der Schnittstelle Infektiologie und Substitutionstherapie hilfreich. Außerdem verbessert die kollegiale Zusammenarbeit – beispielsweise zwischen Klinik und niedergelassenem Arzt – die Patientenzufriedenheit, da die Terminvergabe meist zügiger erfolgt. Dem Arzt helfen Falldiskussionen, indem sie eine schnellere Entscheidung über das weitere Vorgehen ermöglichen.

Wichtige Kontakte für Notfälle

Vor allem in Notfallsituationen sind Kooperationspartner erforderlich. Dazu zählen etwa psychiatrische Kliniken, Ambulanzen oder Tageskliniken, psychosoziale Betreuungsstellen, Einrichtungen der Jugendhilfe oder der sozial- psychiatrische Dienst. Kliniken und Ambulanzen sind besonders wichtig – zum Beispiel, wenn bei einem Patient im Rahmen der Substitution eine Alkoholentgleisung auftritt. In diesen Fällen bewähren sich laut Cimander die zuvor aufgebauten Netzwerke: "Denn es macht einen großen Unterschied, ob man in der Klinik jemanden anrufen kann, dem man bekannt ist, oder sich ohne konkreten Ansprechpartner erst einmal durchfragen muss."

Die Zusammenarbeit mit dem sozial-psychiatrischen Dienst ist nach den Erfahrungen Cimanders manchmal schwierig und zum Beispiel bei einer anstehenden Zwangseinweisung häufig mit langen Wartezeiten verbunden. Ein "guter Draht" hilft auch hier.

Weitere wertvolle Netzwerke

Da nur wenige Suchtmediziner auch infektiologisch arbeiten, stellen niedergelassene Kollegen wertvolle Ansprechpartner dar. Gleiches gilt für Spezialambulanzen, etwa für HIV- oder Hepatitis-Infizierte. Die Kooperation mit Frauen- und Männerwohnheimen ist bei Suchtpatienten ausgesprochen hilfreich. "Viele unserer Patienten verlieren irgendwann ihre Wohnung. Doch die Substitution von Wohnungslosen ist schwierig, ihre Adhärenz sinkt, während der Beigebrauch ansteigt. Mit guten Kontakten lässt sich das leichter regeln", erklärte Cimander.

Relativ neu ist, dass Suchtpatienten dank der Substitution und guter medizinischer Versorgung ein höheres Alter erreichen und somit Pflege- und Altenheime benötigen. Die Substitutionsbehandlung in diesen Einrichtungen gestaltet sich jedoch oft schwierig. Ein ebenfalls heikles Thema ist die Durchführung der substitutionsgestützten Therapie an den Wochenenden. In Hannover schlossen sich einige Kollegen zu einem "Notdienstring" zusammen und versorgen die Patienten an freien Tagen abwechselnd.

Hilfsmodell für entlassene Straftäter

Etwa ein Drittel der männlichen Straftäter und rund die Hälfte der straffällig gewordenen Frauen haben Drogenprobleme – doch nach wie vor erhalten nur wenige in der Justizvollzugsanstalt (JVA) eine Substitution. Problematisch ist zudem, dass die Entlassung aus der JVA häufig am Freitagnachmittag stattfindet und zwar – wie Cimander bemängelte – ohne Krankenversicherung und ohne Praxisanmeldung. "Wir wissen aus vielen Untersuchungen, dass die Mortalität um den Faktor fünf bis sieben ansteigt, wenn die Weiterversorgung nicht sichergestellt ist", berichtete der Referent. Fehlt die Substitutionstherapie wird das Entlassungsgeld häufig umgehend in Drogen umgesetzt – mit oft tödlichen Folgen.

Um diese Situation zu verbessern, konnte Cimander die JVA Niedersachsen dazu veranlassen, einen Vertrag mit der Stadt Hannover, der KVN und seiner Schwerpunktpraxis zu schließen, welcher eine zeitnahe Wiederaufnahme in die ambulante Substitution nach Haftentlassung ermöglicht. Seither erfolgt die Anmeldung in der Arztpraxis etwa acht Wochen vor der Haftentlassung. Auch die Formalitäten für die Krankenversicherung erledigt die JVA vorab. Am Tag der Entlassung werden die Unterlagen ausgehändigt, sodass der Patient nicht mehr ohne Krankenversicherung zum Arzt kommt. Außerdem werden die Patienten nun zu Wochenbeginn entlassen, sind angemessen substituiert und durch einen Sozialarbeiter betreut. "Seit wir dieses System haben, beobachten wir bei den Entlassenen keine Notfälle und keine Drogentoten mehr", betonte Cimander.

Unterstützung durch Apotheker

Die Verantwortung für den Patienten (hinsichtlich des Betäubungsmittelrechts) liegt beim Behandler, der die Versorgung seiner Substitutionspatienten steuert und sichert. Ein wichtiger Partner ist dabei der Apotheker. Dieser kann zumindest am Samstag die Wochenendvergabe übernehmen und sollte zudem die Take-Home-Dosierung bereitstellen können. "Im Falle einer Stichprobenüberprüfung möchte ich mich darauf verlassen können, dass ich mit meinem Apotheker gut zusammenarbeite und sicher sagen kann, wer wann welches Medikament ausgegeben hat", erklärte Cimander.

Stichpunkte zur neuen Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV)

Wichtige Änderungen betreffen die Ziele der Substitution – hier wurde erstmals die Sicherstellung des Überlebens aufgenommen. Auch darf ein suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt nun gleichzeitig bis zu zehn (statt bisher drei) Patienten substituieren – allerdings in Zusammenarbeit mit einem Suchtmediziner und unter Einhaltung weiterer Vorschriften. Das Verbot, eine Substitutionsmittel-Verschreibung an den Patienten auszuhändigen, entfällt. Es darf (muss aber nicht) ausgehändigt werden. Die Zwei-Tage-Regel bei Patienten unter Sichtbezug bleibt bestehen, der Überbrückungszeitraum wird jedoch auf bis zu fünf Tage ausgeweitet (etwa bei Feiertagen). Insgesamt bringt die neue BtMVV mehr Rechtssicherheit für den Arzt mit sich.

Quelle: 18. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin in München. Vortrag: "Gemeinsam für den Patienten: Zusammenarbeit, Netzwerke und Koordination"

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