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Hausarzt MedizinAtemwege: Wann ein Antibiotikum nötig ist

Der Einsatz von Antibiotika muss stark reduziert und auf die unausweichlichen Indikationen beschränkt werden. Nur so können wir uns diese wertvolle Hilfe noch einige Zeit erhalten.

Ziele einer Therapie bei Atemwegsinfekten sollten sein:

Bei Patienten mit gesunden Atemwegen:

  • Restitutio ad integrum

  • Verhindern einer Chronifizierung

Bei Patienten mit einer chronischen Atemwegserkrankung:

Wir müssen die Notwendigkeit für eine Antibiotikatherapie bei den verschiedenen Krankheitsbildern kritisch und unterschiedlich bewerten. Mittlerweile gibt es zahlreiche Untersuchungen, die eindrucksvoll belegt haben, dass in vielen Fällen eine Antibiotikatherapie bei der einfachen bakteriellen Bronchitis für den Patienten keinen Zusatznutzen bringt und er somit eher unter den durch das Antibiotikum hervorgerufenen Problemen zu leiden hat, als von den Vorzügen zu profitieren.

Eigene Erfahrungen ohne Antibiotikum:

  • Tag 1: Beginn mit Kopf-, Hals- und Gliederschmerzen und allgemeiner Abgeschlagenheit

  • Innerhalb 1 Woche zunehmende Besserung der Beschwerden

  • Am Ende der 2. Woche zunehmender Hustenreiz mit zunehmender Menge an grünem Auswurf und beginnendem Nachtschweiß sowie Kopfschmerzen mit Höhepunkt am 16. und 17. Tag. Danach Abnahme von Hustenattacken mit nur noch kleinen grünen Sputumanteilen in klarem Schleim.

Das heißt: Im Anschluss an einen Virusinfekt Entwicklung einer sekundären bakteriellen (?) Bronchitis, die mit einem Antibiotikum sicher keinen leichteren Verlauf genommen hätte!

Indikationen

Die Indikation für eine Antibiotikatherapie bei der bakteriellen Bronchitis sollte abhängig gemacht werden von Alter und Allgemeinzustand des Patienten. Sie sollte bei jungen, gesunden Patienten zurückhaltender und mit zunehmendem Alter und schlechterem Gesamtzustand großzügiger gestellt werden.

Jede Exazerbation einer COPD führt zu bleibenden Schäden, d. h. zu einem Verlust an Lungenfunktion. Schwere Exazerbationen sind mit einer erhöhten Mortalität verbunden. Auch wenn nur bei einem Teil der Patienten Bakterien als Verursacher gefunden werden können, kann hier die Indikation großzügiger gestellt werden. Das Aussehen des Sputums (grün) und der CRP-Wert können bei der Entscheidung hilfreich sein.

Eine ambulant erworbene Pneumonie ruft nach einer gezielten Antibiotikatherapie. Trotz der heutigen guten Behandlungsmöglichkeiten liegt die Mortalitätsrate immer noch bei 1 – 5 Prozent bei ambulant behandelten Patienten und steigt auf bis zu 25 Prozent bei Patienten, die stationär behandelt werden müssen.

Soll eine Erregersuche vorgenommen werden?

Eine bakteriologische Untersuchung von Sputum sollte nur in seltenen Ausnahmefällen erfolgen. Häufig gibt das Ergebnis nicht den Verursacher preis. Bei zu langem Transport zum Labor (max. vier Std.) ist ist es wahrscheinlich, dass die verantwortlichen Keime abgestorben, sind z. B. H. influenzae, oder das Keimspektrum ist überwuchert. Es droht die Anzucht falscher Erreger und eine daraus resultierend falsche Therapie. Für die meisten Krankheiten kennen wir die potenziellen Erreger und können eine notwendige Therapie ohne Zeitverzögerung und gleichzeitig mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit beginnen (empirische Therapie).

Eine bakteriologische Untersuchung macht, wenn überhaupt, nur einen Sinn, wenn

  • die Probe das Labor schnell erreichen kann,

  • sie therapiebegleitend mit der o. g. gemachten Einschränkung zur Bestätigung der begonnenen Therapie erfolgt,

  • eine schwere Infektion vorliegt und/oder der Patient unter Immunsuppression steht,

  • der Verdacht auf Legionellen vorliegt,

  • der Verdacht auf Tuberkulose vorliegt oder

  • eine begonnene Therapie erfolglos geblieben ist (selbst in diesem Fall ist der Wechsel auf ein Antibiotikum ausreichend, das die Wirklücken des ersten Antibiotikums berücksichtigt).

Wie ist die aktuelle Resistenzlage?

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Resistenzlage weltweit dramatisch verschlechtert. Nachweislich nehmen die Resistenzen in Abhängigkeit vom übertriebenen Einsatz von Antibiotika zu (Abb. 1). Die Situation in Deutschland ist im europäischen Vergleich noch relativ gut, weil weniger Antibiotika verordnet werden. Trotzdem lassen sich auch in Deutschland Antibiotika einsparen. Jeder Therapeut muss über die Resistenzen in Europa, Deutschland und speziell in seiner Region (Einsendelabor) informiert sein.

Mit welchen Erregern ist zu rechnen?

Bei den verschiedenen Infektionen der Atemwege finden wir immer wieder typische Erreger, so dass eine Therapie, auf diese „Wahrscheinlichkeit“ abgestimmt, in der Regel erfolgreich sein wird. Für die spätere Therapieentscheidung ist es unerlässlich, den Patienten auch nach einem eventuellen Auslandsaufenthalt zu fragen, und die Wahl der Substanz auf die dort herrschenden Resistenzen abzustimmen.

Die häufigsten Erreger sind bei fast allen bakteriellen Infektionen der Atemwege, vor allem der Pneumonie, nach wie vor die Pneumokokken, weit abgeschlagen gefolgt von Haemophilus influenzae und Mycoplasma pneumo niae (Abb. 2). Erreger wie Staphylococcus aureus, Escherichia coli, Klebsiellae pneumo niae oder gar Legionellen sind selten und können primär bei den Überlegungen vernachlässigt werden.

Lungenfunktion prüfen

Eine Sonderstellung nehmen die eitrige Angina und die akute Exazerbation der COPD ein. Die eitrige Angina wird praktisch immer durch A-Streptokokken ausgelöst. Bei der akuten Exazerbation der COPD gibt uns die Lungenfunktion eine hervorragende Möglichkeit, die auslösenden Erreger mit ziemlicher Sicherheit zu bestimmen. Das Erregerspektrum ändert sich interessanterweise mit der Lungenfunktion. Je schlechter diese ist, desto eher müssen wir mit gramnegativen Keimen rechnen (Abb. 3). Der Erfolg der Behandlung kann mithilfe einer Lungenfunktionsuntersuchung und einer darauf abgestimmten Therapie gesteigert werden.

Service: Für Ihre Patienten gibt es das Merkblatt „Infektion der Atemwege – was Sie wissen sollten“ als PDF zum Download.

Mögliche Interessenkonflikte: Beratertätigkeit, Vorträge und Artikel für die Firmen Aerocrine, Bayer, Boehringer Ingelheim, Mundipharma und Novartis

Literatur

  • 1 CRB Aujesky et al. AJM 2005

  • 2 Van der Meer, Victor; Arie Knuistingh Neven; Peterehans J van den Broek, Willem J.J.Assendelft: Diagnostic value of C reactive protein in infections oft he lower respiratory tract: systemic review BMJ, doi:10.1136/bmj.38483.478183.EB

  • 3 Christ-Crain, M. et al Effect of procalcitonin-guided treatment on antibiotic use and outcome in lower respiratory tract infections cluster-randomised, single blinded intervention The Lancet Vol 363, February 21,2004

  • 4 Gompertz S et al., Farbe des Sputums und Art der Infektion Eur Respir J 2001; 17: 1112-1119

  • 5 Harnisch, Christopher Was gegen Schnupfen hilft Der Hausarzt 02/2015

  • 6 Hvild et al. Antibiotic use and inflammatory bowel diseases in childhood Gut 2011;60:49-54 doi:10.1136/gut.2010.219683

  • 7 Thalhammer Umfrage bei Digivote Bezirksärztefortbildungen in Österreich

Lesen Sie dazu auch: Atemwegsinfektionen: Vom Symptom zur Diagnose

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