KrankheitsbilderDas rote Auge: Wann wird’s gefährlich? – Teil 2

Ein rotes Auge kann relativ harmlos sein, es kann aber auch ernste Erkrankungen anzeigen. Zu den wichtigen Differenzialdiagnosen zählen Bindehaut- und Hornhautentzündungen sowie Traumata.

Bindehautentzündung

Die Bindehautentzündung ist ein häufiger Konsultationsgrund. Eine milde Konjunktivitis wird oft durch ein trockenes Auge ausgelöst und kann zunächst nur mit intensiver konservierungsmittelfreier Benetzungstherapie behandelt werden (5 x täglich bis stündlich). Eine infektiöse Konjunktivitis geht meist mit einer stärkeren Symptomatik und mukopurulentem Sekret einher. Obwohl eine bakterielle Konjunktivitis für das Auge potenziell bedrohlicher ist, ist die adenovirale Infektion wegen der Kontagiosität gerade bei Augenärzten mehr gefürchtet.

Ursache der bakteriellen Konjunktivitis (s. Abb. 1 und 2) sind meist Staphylokokken, Streptokokken oder Pseudomonas, häufig geht ein grippaler Infekt oder eine Abwehrschwäche voraus. Die Erkrankung ist oft asymmetrisch, aber beidseitig. Führend ist das zähe gelbliche Sekret. Die Patienten beklagen mäßige Schmerzen, die Lidränder können ebenfalls gerötet sein.

Die Behandlung besteht in einer Reinigung mit feucht-warmen Kompressen und der Gabe von antibiotischen Augentropfen (5 x täglich über einen Zeitraum von fünf Tagen). Empfohlen werden zum Beispiel die Wirkstoffe Ofloxacin, Moxifloxacin und Tetrazyklin oder die feste Wirkstoffkombination aus Polymyxin B, Neomycin und Gramicidin. Möglich ist auch zunächst eine Therapie mit unkonservierten Tränenersatzpräparaten mit einer – wenn aufgrund der hohen Spontanheilungsrate noch notwendig – zeitverzögerten topischen Antibiotikagabe [8].

Sollte sich der Befund nach spätestens 48 Stunden nicht gebessert haben, sollte unbedingt eine augenärztliche Untersuchung stattfinden. Steroidhaltige Augentropfen sind kontraindiziert. Eine augenärztliche Konsultation ist empfehlenswert, um eine Hornhautbeteiligung auszuschließen.

Bei einer viralen Konjunktivitis (s. Abb. 3) ist immer an die hochkontagiöse Keratokonjunktivitis epidemica zu denken. Auslöser sind Adenoviren, vor allem Typ 8 und 19. Es handelt sich um eine Schmierinfektion, weshalb die Patienten im Verdachtsfall zu isolieren sind. Die Symptome sind zunächst unspezifisch und beginnen einseitig, der Befall des zweiten Auges folgt typischerweise nach vier bis acht Tagen.

Die Betroffenen gelten bis zu 14 Tagen nach Beginn am zweiten Auge als infektiös, was dann meist eine Arbeitsunfähigkeit bedeutet [9]. Die Therapie besteht in Hygienemaßnahmen und benetzenden Augentropfen bei Bedarf.

Zu Verunsicherung geführt haben Berichte über eine mögliche Infektion mit SARS-CoV-2 über die Bindehaut und Tränenflüssigkeit. Der Anteil der Patienten mit aktiver SARS-CoV-2-Infektion, bei denen das Virus auch in der Bindehaut nachgewiesen werden konnte, liegt bei circa 11,5 Prozent [10, 11]. Intraokulare Flüssigkeit scheint nicht infektiös zu sein [12]. Die Gefahr einer SARS-CoV-2-Infektion bei ansonsten unauffälligen Patienten ist zwar gering, dennoch sollten Sie Patienten mit einer Bindehautentzündung immer mit Handschuhen untersuchen.

Hornhautentzündung

Eine bakterielle Keratitis entsteht meist als Superinfektionen durch Keime aus der Bindehautflora bei einfachen Hornhautverletzungen (etwa durch Fingernagel oder Pflanzen). Gefürchtet sind Hornhaut-Ulzera bei Trägern weicher Kontaktlinsen, da sich in dem künstlichen Milieu unter der Linse Keime vermehren können, die schwierig zu behandeln sind (zum Beispiel Pseudomonas, Akanthamöben).

Typisch ist ein schmerzhaftes rotes Auge und Lichtscheu mit oftmals makroskopisch sichtbaren weißlichen Hornhauttrübungen (s. Abb. 4). Die Patienten sollten sofort augenärztlich vorgestellt werden.

Die virusbedingte Keratitis (s. Abb. 5) ist häufig. Es handelt sich in der Regel um ein Rezidiv einer früher abgelaufenen Infektion mit Herpes-simplex-Viren im Bereich des Nervus trigeminus. Typische Trigger des Rezidivs sind etwa Sonnenlicht, Stress und Infekte. Die Erkrankung kann unterschiedliche Schichten der Hornhaut betreffen, wichtig ist eine frühzeitige Behandlung.

Typisch ist das einseitige schmerzhafte rote Auge, das eine herabgesetzte Hornhautsensibilität aufweist. Den meisten Patienten sind die Symptome bekannt, da es sich um eine rezidivierende Erkrankung handelt. Makroskopisch ist der Hornhautbefund schwer zu erkennen, weshalb eine augenärztliche Vorstellung empfehlenswert ist.

Bei einem rein oberflächlichen Befall ist die topische Gabe eines Virustatikums (Aciclovir-Augensalbe oder Ganciclovir-Gel) effektiv und sollte möglichst frühzeitig begonnen werden. Keinesfalls sollten glukokortikoidhaltige Augentropfen als alleinige Behandlung verabreicht werden.

Trauma

Die Bandbreite der Verletzungen am Auge ist groß. Wichtige Unterscheidungsmerkmale zwischen ernsthafter und harmloserer Verletzung sind der Schmerz und die Visusminderung, die auf eine ernstzunehmende Ursache hinweisen. Ein Hyposphagma (Bindehautblutung, s. Abb. 6) kann spontan auftreten, auf eine arterielle Hypertonie oder eben auf ein Trauma hindeuten.

Gerade bei Kindern mit Hyposphagma sollten Sie immer auch an ein Trauma denken. Bei klarer Hornhaut und eindeutiger Traumaanamnese ohne Perforationsverdacht (zum Beispiel Fingernagelverletzung) kann als Erstmaßnahme eine antibiotische Augensalbe verabreicht werden.

Falls Patienten mit einer Trauma-Anamnese und einem schmerzhaften roten Auge in die hausärztliche Praxis kommen, ist in der Regel eine augenärztliche Mitbeurteilung ratsam. Bei unübersichtlichen Situationen ist ein steriler trockener Verband ohne Druck empfehlenswert.•

Literatur:

  1. Cronau H, Kankanala RR, Mauger T. Diagnosis and management of red eye in primary care. Am Fam Physician 2010; 81: 137–144
  2. Teo MAL. Improving acute eye consultations in general practice: a practical approach. BMJ Qual Improv Rep 2014; 3
  3. Pflipsen M, Massaquoi M, Wolf S. Evaluation of the Painful Eye. Am Fam Physician 2016; 93: 991–998
  4. Tarff A, Behrens A. Ocular Emergencies: Red Eye. Med Clin North Am 2017; 101: 615–639
  5. Frings A, Geerling G, Schargus M. Red Eye: A Guide for Non-specialists. Dtsch Arzteblatt Int 2017; 114: 302–312
  6. O’Connor PM, Crock CT, Dhillon RS, Keeffe JE. Resources for the management of ocular emergencies in Australia. Emerg Med Australas EMA 2011; 23: 331–336
  7. Messmer EM. The pathophysiology, diagnosis, and treatment of dry eye disease. Dtsch Arzteblatt Int 2015; 112: 71–81; quiz 82
  8. Messmer EM. [Bacterial conjunctivitis–diagnosis and therapy update]. Klin Monatsbl Augenheilkd 2012; 229: 529–533
  9. Burrow MK, Patel BC. Keratoconjunctivitis. In: StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing, 2020
  10. Aggarwal K, Agarwal A, Jaiswal N et al. Ocular surface manifestations of coronavirus disease 2019 (COVID-19): A systematic review and meta-analysis. PloS One 2020; 15: e0241661
  11. Inomata T, Kitazawa K, Kuno T et al. Clinical and Prodromal Ocular Symptoms in Coronavirus Disease: A Systematic Review and Meta-Analysis. Invest Ophthalmol Vis Sci 2020; 61: 29
  12. Lauermann P, Storch M, Weig M et al. There is no intraocular affection on a SARS-CoV-2 – Infected ocular surface. Am J Ophthalmol Case Rep 2020; 20: 100884
  13. Wright C, Tawfik MA, Waisbourd M, Katz LJ. Primary angle-closure glaucoma: an update. Acta Ophthalmol (Copenh) 2016; 94: 217–225

Die Autoren erklären, dass sie sich bei der Erstellung des Beitrags nicht von wirtschaftlichen Interessen leiten ließen. Es bestehen die folgenden potenziellen Interessenkonflikte:

Prof. Dr. Nicolas Feltgen Forschungsunterstützung: Novartis, Bayer, Roche, Chengdu Kanghong, Allergan Vortragstätigkeit: Novartis, Bayer, Roche, Allergan, Heidelberg Eng.

Prof. Dr. Elisabeth Messmer Forschungsunterstützung: Chiesi Vortragstätigkeit: Alcon, Dompé, Novartis, Pharm-Allergan, Santen, Shire, Thea, TRB-Chemedica, Ursapharm, Visufarma

PD Dr. Christian van Oterendorp Forschungsunterstützung: Zeiss, Heidelberg Eng. Vortragstätigkeit: Novartis, Bayer, Allergan

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