Eine Exazerbation liegt vor, wenn bei einem Patienten mit COPD Luftnot und/oder Husten und/oder Auswurf über das Übliche der täglichen Schwankungen hinausgehend zunehmen und eine Intensivierung der Medikation erforderlich machen. Auslöser von Exazerbationen sind überwiegend Viren, seltener Bakterien und andere unbekannte Einflüsse, z.B. die Umwelt.
Glücklicherweise gehören Exazerbationen nicht zwangsläufig zum Leben eines Patienten mit COPD, obwohl es die typische Komplikation dieses Krankheitsbildes ist. Die meisten Patienten mit COPD zählen zu den Nicht- oder Wenig-Exazerbierern. Vermutlich weniger als ein Viertel der COPD-Patienten einer Hausarztpraxis macht mehr als zwei Exazerbationen pro Jahr durch und gilt damit als Exazerbierer.
Höhere Mortalität
Das Auftreten von Exazerbationen bei Patienten mit COPD wird leider sowohl von Patienten mit COPD als auch von Ärzten als notwendiges Übel angesehen und eher auf die leichte Schulter genommen. Dabei handelt es sich keineswegs um eine Bagatelle, sondern um ein lebensbedrohliches Ereignis im Leben eines COPD-Patienten, wie folgende Fakten unterstreichen:
Die Mortalität bei einer akuten Exazerbation der COPD ist höher als nach einem Herzinfarkt (Abb. 1). Bei COPD hängt die Mortalität von Frequenz und Verlauf von Exazerbationen ab. Mit dem Überleben des akuten Ereignisses ist die Lebensgefahr nicht gebannt.
Eine erhöhte Sterblichkeit geht über das Akutereignis hinaus. Jede Exazerbation führt zu einem irreversiblen Lungenfunktionsverlust. Auf jeden Fall ist mit einer Zunahme der Beschwerden nach überwundener Exazerbation zu rechnen.
Was für die KHK der Herzinfarkt, ist für die COPD die Exazerbation. Und vergleichbar zum Apoplex bleibt immer etwas zurück.
Die Maxime in der Betreuung von Patienten mit COPD muss daher lauten:
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Konsequente und komplette Therapie im Sinn der Empfehlungen zur Linderung von Beschwerden
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Vorbeugung von Exazerbationen
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Schnelle und korrekte Therapie von Exazerbationen
Diagnose
Eine frühe Diagnose der COPD scheitert leider zu oft an den fehlenden typischen Hinweisen. Oftmals führt erst die erste Exazerbation zur Diagnose. Mit Schreck wird dann – wie im folgenden Fallbeispiel – ein bereits fortgeschrittener Lungenfunktionsverlust registriert:
Frau S. verbrachte anlässlich ihres 50. Geburtstags einen Aufenthalt auf einer Kanareninsel. Sie erkrankte an einem akuten Infekt, der zu intensiver Luftnot führte. Mit Erstaunen musste nach Besserung der Beschwerden ein massiver Lungenfunktionsverlust (Inspiratorische Vitalkapazität, IVC: 1,5 l) bei der langjährigen Raucherin festgestellt werden. Sie gab an, bis vor dem Akutereignis noch regelmäßig und intensiv Tennis gespielt zu haben.
Der Hausarzt ist oft der „Einzige“, der Patienten mit beginnender COPD sieht und eine Frühdiagnose stellen kann.
Therapie der COPD
Es sei daran erinnert, dass die Therapie der COPD trotz aller Bemühungen immer noch nur rein symptomatisch ist. Wir besitzen bis heute nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, die Prognose unserer Patienten zu beeinflussen. Dies geschieht durch Ausschalten der auslösenden Noxe und Vorbeugen von Exazerbationen. Die korrekte Dauertherapie der COPD ist in der Lage, Beschwerden zu lindern, das Auftreten von Exazerbationen zu verhindern bzw. deren Anzahl zu reduzieren. Dabei ist zu beachten, dass die Therapie der COPD auf vier Säulen steht und nur die komplette Therapie das Optimum darstellen kann:
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Ausschalten der Noxe: Dies ist bisher die einzige Möglichkeit, das Fortschreiten der COPD zu stoppen oder zu verlangsamen.
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Infektprophylaxe: Impfung gegen Pneumokokken (1. Impfung mit Konjugatimpfstoff (PCV13), 2. Impfung mit Polysacharidimpfstoff (PSV23) nach ca. 12 Monaten), Impfung gegen Influenza (jährlich).
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Rehabilitation: Je besser die körperliche Konstitution, desto später tritt Luftnot auf. Gleichzeitig ist die Reduktion von Exazerbationen und Mortalität nachgewiesen. Voraussetzung ist allerdings, dass die sportliche Betätigung nicht nur für wenige Wochen während einer Reha-Maßnahme, sondern regelmäßig auch im Anschluss oder ohne vorausgegangene Reha am Wohnort durchgeführt wird.
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Medikamentöse Therapie: Die regelmäßige Therapie der COPD lindert Beschwerden und reduziert Exazerbationen (Tab. 1). Begonnen wird mit einem lang wirkenden Bronchodilatator (LAMA oder LABA). Wegen des besseren Nebenwirkungsprofils und der Reduktion von Exazerbationen ist den LAMA der Vorzug zu geben. Bei unzureichendem Effekt wird ein zweiter Bronchodilatator hinzugefügt (LAMA plus LABA). Bei schwerer COPD kann auch so begonnen werden.
Die FLAME-Studie hat gezeigt, dass die duale bronchodilatatorische Therapie (LAMA plus LABA) der Kombination LABA plus ICS bei der Reduktion von Exazerbationen eindeutig überlegen ist. Damit beschränkt sich die Indikation der ICS auf die wenigen Patienten, die trotz dualer Therapie noch Exazerbationen entwickeln. Mit der Einsparung von ICS können die negativen Effekte der ICS (Pneumonierisiko, Osteoporose, Auslösen eines Diabetes bei entsprechender Disposition oder Verschlechterung des Diabetes) verhindert werden.
Therapie von Exazerbationen
Kommt es trotz dieser Vorbeugungsmaßnahmen zu einer Exazerbation, muss diese möglichst umgehend und optimal behandelt werden, um Dauerschäden so gering wie möglich zu halten.
Primär muss geklärt werden, ob der Patient ambulant behandelt werden kann oder eingewiesen werden muss. Bei den meisten Patienten ist diese Frage schnell mit bekannten Fakten geklärt. Hinweise auf einen potenziell schweren Verlauf mit Indikation zur stationären Einweisung sind schwere Atemnot, hohe Atemfrequenz (über 35/Minute = rasche Erschöpfung), rasche Zunahme der Symptome, Bewusstseinstrübung, schlechter Allgemeinzustand, Zunahme von Ödemen und Zyanose, neu aufgetretene Arrhythmien, häufige Exazerbationen in der Vorgeschichte, hohe GOLD-Klasse (FEV1 unter 30 Prozent vom Soll), vorbestehende Dauertherapie mit einem oralen Steroid, relevante Komorbiditäten wie Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus, lange Dauer bisheriger Exazerbationen und intensive Vortherapie sowie höheres Alter und unzureichende Betreuung.
Bei der ambulanten Therapie sollten folgende Maßnahmen durchgeführt werden:
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Intensivierung der bisherigen Therapie (Tab. 2) kurz oder lang wirkend.
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Kortison systemisch: 30 – 50 mg Prednisolon für 5 bis maximal 10 Tage; beste Verteilung: 2/3 morgens, 1/3 abends (15 Uhr). Begründung: Während einer akuten Exazerbation findet man in der Schleimhaut auch eine eosinophile Entzündung, die hervorragend auf Kortison reagiert. Ausschleichen ist bei einer Therapiedauer bis zu 4 Wochen nicht erforderlich. Eine Dauertherapie mit einem systemischen Kortikosteroid hat bei der COPD keinen Nutzen, sondern bereitet nur Probleme.
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Antibiotikum: Ja oder Nein? Unter der Prämisse, dass sich nur in etwa 30 Prozent der Fälle Bakterien als Auslöser nachweisen lassen, besteht keine absolute Indikation für eine Antibiotikatherapie. In verschiedenen Untersuchungen konnte ein leichter Vorteil für die Therapie mit einem Antibiotikum gefunden werden. Bei einer akuten Exazerbation der COPD kann die Indikation sicher etwas großzügiger gehandhabt werden. Die Indikation kann auch von der Farbe des Auswurfs abhängig gemacht werden. Grüner Auswurf spricht zwar nicht eindeutig für eine bakterielle Ursache, macht sie aber wahrscheinlicher.
Interessanterweise ändert sich das Erregerspektrum mit der Schwere der Einschränkung der Lungenfunktion. Die Ermittlung der FEV1 oder auch ein älterer Wert kann bei der Auswahl des richtigen Antibiotikums hilfreich sein (Abb. 2). Bei einer nur leichten Einschränkung der FEV1 können wir mit den üblichen Erregern rechnen. Bei stärkerer Einschränkung müssen wir mit Problemkeimen rechnen.
Fazit
Bei Patienten mit COPD, die zu den Exazerbierern zählen, kann der Verlauf der COPD durch die Reduktion von Exazerbationen positiv beeinflusst werden. Die schnelle und korrekte Behandlung von Exazerbationen kann zu einer Besserung und damit zur Begrenzung eines Dauerschadens führen.
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Literatur beim Verfasser.
Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert. Sämtliche Beratertätigkeiten liegen einige >Jahre zurück.