Sie trepanierten Schädel, ohne das Gehirn zu verletzen, kauten Schmerzmittel und kurierten Zahnschmerzen mit Füllungen: Die Medizin Jungsteinzeit lässt staunen.
Das steinzeitliche Skalpell war ein Feuerstein, frisch zu einer Klinge oder einem Schaber geschlagen. Solche Klingen waren schärfer als Stahl und sogar steril. Mit ihnen wagten sich die prähistorischen Heiler an Schädelöffnungen, und zwar offensichtlich vorsichtig, um das Gehirn nicht zu verletzen. In den meisten Fällen überlebten die Patienten die Prozedur: Etwa zwei Drittel der Löcher in den trepanierten jungsteinzeitlichen Schädeln weisen verheilte Knochenränder auf. Je nach Region und Zeitraum gehen Forscher von einer Überlebensrate von 50 bis 90 Prozent aus.
Medizin in den Anfängen der Zeitrechnung
Paläopathologen, die Krankheiten an prähistorischen menschlichen Überresten erforschen, haben gezeigt, dass unsere steinzeitlichen Vorfahren schon an den meisten Krankheiten litten, die wir heute auch noch kennen. An Skelettresten aus der Altsteinzeit (etwa 2,5 Millionen bis 9.000 v. Chr.) wurden Veränderungen gefunden, die etwa auf Osteomyelitis, Periostitis oder Arthritis deformans hinweisen. Und Funde aus der Jungsteinzeit (11.500 bis etwa 5.000 v. Chr. im Mittelmeergebiet, in Mitteleuropa 5.500 bis 2.200 v. Chr.) weisen darauf hin, dass die Menschen schon damals zum Beispiel an Sinusitis, Tumoren, Hüftluxationen oder Wirbelsäulentuberkulose litten.
Über prähistorische Krankheitsvorstellungen und Heilungsmethoden ist naturgemäß nicht viel bekannt. Vieles ist hypothetisch und bleibt spekulativ. Es gibt allerdings archäologische Hinweise, dass die Menschen der Jungsteinzeit Kaugummis aus Birkenpech kauten, die eine betäubende Wirkung haben – wohl gegen Kopf- oder Zahnschmerzen. Außerdem bauten die Bewohner schon in der Steinzeit Mohn an, woraus bekanntlich Schmerzmittel hergestellt werden können.