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Medizinhistorische SchlaglichterAntikes Griechenland

Gründliche Untersuchung, gute Anamnese und Schweigepflicht – das waren Grundlagen der hippokratischen Medizin vor zweieinhalb Jahrtausenden. Hippokrates, der große Arzt des antiken Griechenlands, gilt als "Vater der westlichen Medizin".

Das Asklepieion auf der Insel Kos ist eine historische Sehenswürdigkeit. In der Antike war es Krankenhaus, Erholungszentrum und Heiligtum zugleich. Es war dem Gott der Heilkunst Asklipios (römisch: Äskulap) gewidmet.

Ärzte sollten gepflegt und ernsthaft sein sowie ehrlich und direkt zu ihren Patienten. Sie sollten am Krankenbett immer genau und differenziert beobachten, dabei auf Puls, Gesichtsfarbe, Ausscheidungen, Schmerz und Bewegungen achten und eine vollständige Anamnese aufnehmen. Sie sollten in ihre Überlegungen auch schriftliche medizinische Überlieferungen einbeziehen. Dann sollten sie eine Prognose stellen und therapeutische Maßnahmen verschreiben. Ärzte sollten immer ihr Bestes tun, um zu helfen, und den Patienten keinen Schaden zufügen. Dabei sollten sie alle Informationen von Patienten vertraulich behandeln.

Das sind die Grundlagen ärztlichen Handelns, die Hippokrates (um 460-375 v. Chr.) in seinen Vorlesungen zum Thema “Ein guter Arzt zu sein” lehrte. Und damit hat er das medizinische Denken bis heute beeinflusst. Viele seiner Lehren sind noch immer aktuell. Hippokrates gilt als der “Vater der westlichen Medizin”.

Phase 1: Asklepios-Heilkult

Die Medizin der griechischen Antike kann in drei große Phasen eingeteilt werden. Die erste Phase von etwa dem 7. bis zum 5. Jahrhundert v. Chr. ist vor allem die Zeit der Tempelmedizin, des Asklepios-Heilkults. Asklepios (auch Äskulap) war ein mythologisch alter Gott der Heilkunst. Er wurde meist mit einem Stab dargestellt, um den sich eine Schlange windet – der Äskulapstab ist noch heute das Symbol von Medizin und Pharmazie.

Der Asklepios-Kult wurde in großen Heilzentren praktiziert, etwa in Epidauros, Knidos, Kos, Rhodos oder Kyrene. In diesen Asklepieien gab es Tempelanlagen mit Bädern, Unterkünften, Sportplätzen und Theater. Im Zentrum des Heilkults stand der heilende Tempelschlaf, in dem der Gott selbst oder seine Töchter und Söhne in Traumorakeln medizinische Ratschläge gaben. Tempelpriester und –priesterinnen interpretierten die Orakel am nächsten Morgen und leiteten ihre Therapien daraus ab.

Phase 2: Hippokratische Medizin

Die zweite Phase der altgriechischen Medizin ist die der hippokratischen Medizin im 5. und 4. vorchristlichen Jahrhundert. Im Zentrum steht das Wirken des Hippokrates von Kos.

Über sein Leben ist nicht viel bekannt. Bereits Hippokrates‘ Vater und Großvater sollen Ärzte am Asklepieion auf der Insel Kos gewesen sein. Hier studierte wahrscheinlich auch Hippokrates selbst Medizin. Doch er wandte sich schließlich gegen den göttlichen Heilkult. Auf Hippokrates soll die Trennung von Medizin und Religion zurückgehen. Er war überzeugt, dass Krankheiten nicht von Göttern ausgelöst werden, sondern von äußeren Faktoren. Deshalb suchte er nach rationalen Erklärungen.

Hippokrates praktizierte zunächst wie viele antike Ärzte als Wanderarzt. Er reiste viel, wohl bis an den Hof des persischen Königs, und hielt sich länger in Athen auf. Überall soll er Medizin gelehrt und Patienten behandelt haben. Auf Kos lehrte er seine Studenten im Schatten einer Platane. Noch immer steht ihm zu Ehren an dem Ort eine Platane: die Platane des Hippokrates‘. Der heutige Baum ist etwa 500 Jahre alt.

Seine Auffassung der Medizin hielt Hippokrates auch schriftlich fest. So machte er aus der Medizin eine schreibende Wissenschaft. Sein wissenschaftliches Werk ist im “Corpus Hippocraticum” zusammengefasst. Der Corpus besteht aus 60 Einzelschriften wie Lehrbücher, Vorlesungen, Aufsätze und Notizen, die allerdings nicht nur von Hippokrates selbst verfasst wurden. Vermutlich waren etwa 20 Autoren beteiligt. Die meisten vertreten aber wie der große Arzt selbst die Lehrmeinungen der Koischen Ärzteschule: Nicht auf die Einzelsymptome sollte man sich konzentrieren, sondern der Körper müsse als Gesamtorganismus gesehen und ganzheitlich behandelt werden.

Um Krankheiten zu heilen, muss die Harmonie im Körper wieder hergestellt werden – die Gleichgewichtslehre war zentral in der hippokratischen Medizin. Grundlage war die Viersäftetheorie, die wahrscheinlich aus dem alten Ägypten stammte: Blut, gelbe Galle, schwarze Galle und Schleim müssen im Gleichgewicht sein, damit der Mensch gesund ist. Zu viel Blut etwa führe zu Fieber, deshalb wurden die Patienten dann zur Ader gelassen. Zu viel gelbe Galle sollte aggressiv machen, zu viel schwarze Galle depressiv und zu viel Schleim apathisch. Nur bei einem ausgewogenen Verhältnis der vier Körpersäfte und bei einem Gleichmaß in der Lebensführung, zum Beispiel zwischen Schlafen und Wachen, Essen und Trinken, Arbeiten und Ruhen, könnten Menschen gesund bleiben.

Therapeutisches Mittel erster Wahl für die Ärzteschule von Kos war die Diätetik. Hippokrates selbst soll vor allem leichte Nahrung verschrieben haben, bei Fieber und Wundheilung sogar nur Flüssigkeit. Auch Gymnastik, Massagen, Hydrotherapie, Baden im Meer, beruhigende Balsame und Apfelweinessig gehörten zu seinem therapeutischen Repertoire. Die Koischen Ärzte operierten nur wenig. Mit einer so genannten hippokratischen Bank konnten gebrochene Gliedmaßen eingerichtet werden. Bis ins 19. Jahrhundert gab es offenbar nichts Besseres für Hüft- und Kieferverrenkungen als diese zweieinhalb Jahrtausende alte Methode.

Hippokrates stillte Blutungen mit Druckverbänden und hörte Herz und Lunge ab. Der große Arzt war seiner Zeit in Vielem voraus.

Phase 3: Hellenistische Medizin

Bleibt noch die dritte Phase der Medizin der griechischen Antike: die hellenistische Phase zwischen 300 und 50 v. Chr. Von Griechenland verlagerte sich die Medizin in das Wissenschaftszentrum Alexandria in Ägypten. Ärzte, etwa Herophilos, sezierten hier Leichen und beschrieben die Anatomie sehr detailliert. Hier wirkte auch Erasistratos von Julis auf Keos, ein früher Begründer der experimentellen Physiologie.

Alexandria bot Ärzten und Wissenschaftlern ein fantastisches Umfeld. So gab es hier die größte Bibliothek der antiken Welt, in der auch das Corpus Hippocraticum lagerte. Im Jahr 48 v. Chr. brannte die Bibliothek ab. Glücklicherweise blieb das Corpus erhalten und kann bis heute Zeugnis über die Lehren des Hippokrates ablegen.

 

Quellen u.a.:

Eckart, Wolfgang: “Geschichte der Medizin”, Springer-Lehrbuch.

Paul, Gill: “Die Geschichte der Medizin in 50 Objekten”. Haupt Verlag, Bern, 2016.

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