Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom haben ein hohes Risiko für ein erneutes kardiovaskuläres Ereignis, nämlich 20% im ersten Jahr und weitere 20% in den darauf folgenden 4 Jahren. Dabei tritt das Rezidivereignis oft an einer anderen Stelle der Koronargefäße auf. In der ESC-Leitlinie wird nach einem ACS ein stärker individualisiertes Vorgehen bei der dualen Plättchenhemmung (DAPT) empfohlen. Was die Dauer der DAPT betrifft, so sollte man sich am individuellen Ischämie- und Blutungsrisiko orientieren, wofür es einen Score gibt. In diese Risiko-Bewertung fließen ein: Hb-Wert, Alter, Nikotinabusus, Diabetes, Vorliegen eines Myokardinfarktes oder Z.n. Infarkt, LVEF< 30%, Stentdiameter < 3 mm, Paclitaxel-beschichteter Stent und Venenbypass.
Umgekehrt sollte bei Infarkt-Patienten mit einem hohen Ischämierisiko die DAPT länger als 12 Monate erfolgen, nämlich bis zu 3 Jahren, aber nur dann, wenn die DAPT vorher ohne Blutungskomplikationen gut vertragen wurde. Dafür sprechen die Ergebnisse der PEGASUS TIMI 54-Studie, in der gezeigt werden konnte, dass bei Hochrisiko-Patienten eine längere duale Plättchenhemmung mit Ticagrelor (Brilique®) plus ASS vorteilhaft ist, d.h. der Nutzen überwiegt die Blutungsrisiken. Von einem erhöhten Ischämierisiko muss man ausgehen, wenn eines oder mehrere der folgenden Hochrisikomerkmale vorliegen: Alter ≥ 65 Jahre, medikamentös behandlungsbedürftiger Diabetes, ein zweiter vorausgegangener Infarkt, eine koronare Mehrgefäßerkrankung und chronische Niereninsuffizienz mit einer geschätzten Kreatinin-Clearance < 60 ml/min.
Quelle: Symposium “Residual Cardiovascular Risk after an Acute Coronary Syndrom” auf dem ESC 2018, Veranstalter: AstraZeneca