In der Gastroenterologie gibt es weiterhin „brennende Fragen“, wie sich beim Falk Symposium 200 in Freiburg zeigte. Zum Beispiel wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte bei der Diagnostik und Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CED) gemacht. Die Erkrankungen sind jedoch bislang nicht definitiv heilbar, so dass weiterhin Bedarf für neue diagnostische und therapeutische Optionen besteht. Sie zeichnen sich laut Prof. Jürgen Schölmerich bereits ab: „Durch die moderne Bildgebung gelingt es besser denn je, die Ausdehnung und den Schweregrad der Entzündung zu erfassen. Ferner sind Stuhlmarker wie das Calprotectin zum Nachweis der Inflammation hilfreich.“ Auch die Zielsetzung bei der Behandlung der CED hat sich nach seinen Worten geändert. So geht es heut-zutage nicht mehr nur darum, Beschwerdefreiheit zu erreichen. Zusätzlich muss versucht werden, Funktionsverluste und die Entwicklung struktureller Schäden abzuwenden. Ein wichtiger Surrogatparameter hierfür ist die Mukosaheilung bei der Colitis ulcerosa und die in der Bildgebung nachzuweisende Normalisierung der Struktur der Darmwand beim Morbus Crohn. Zu realisieren sind die modernen Therapieziele nach Schölmerich in aller Regel durch eine akzelerierte „Step up“-Therapie. Eine „Top down“-Behandlung“ ist hingegen nur bei wenigen Patienten angezeigt. Als weitere, derzeit aktuelle Fragestellungen in der Gastroenterologie, die beim Jubiläumssymposium in Freiburg diskutiert wurden, nannte der Mediziner die Bedeutung des Mikrobioms bei den CED sowie die weitere Analyse des genetischen Hintergrundes der Erkrankungen und der Umweltfaktoren, die bei der Manifestation und bei der Unterhaltung der Entzündungsprozesse eine Rolle spielen.
Quelle: Jubiläums-Pressegespräch „Fortbildung in Gastroenterologie und Hepatologie mit Tradition und Zukunft“ zum 200sten internationalen Falk Symposium „Therapeutic Strategies in Diseases of the Digestive Tract – 2015 and Beyond“ am 16.10.2015 in Freiburg
Beispielhaftes Engagement für Gastroenterologie und Hepatologie
Interview mit Prof. Dr. Jürgen Schölmerich, Universitätsklinikum Frankfurt, einer der wissenschaftlichen Organisatoren des Falk Symposiums 200.
Herr Professor Schölmerich, wie erklärt sich der große Erfolg der inzwischen 200 internationalen Falk Symposien?
Schölmerich: Die Falk Symposien sind Ausdruck eines beispielhaften Engagements für die Gastroenterologie und Hepatologie. Sie bringen Kliniker und Grundlagenforscher an einen Tisch und fördern damit den interdisziplinären Austausch. Das setzt ein hohes Potenzial für innovative Prozesse frei. Die Symposien sind inhaltlich vollkommen frei von Firmeninteressen und die wissenschaftlichen Organisatoren agieren komplett selbstständig bei der Einladung der Referenten.
Wie können die Symposien die Forschung vorantreiben?
Schölmerich: Falk Symposien sind bereits oft ein Motor der Forschung gewesen. Das zeigt zum Beispiel die Entwicklung von 5-ASA aus Sulfasalazin, die maßgeblich auf Diskussionen bei diesen Veranstaltungen zurückgeht. Ähnlich ist es mit der Behandlung cholestatischer Leber-erkrankungen wie der primär biliären Zirrhose mit Ursodesoxycholsäure, die für die Patienten einen enormen Fortschritt bedeutet. So haben Falk Symposien die Erforschung der Gallensäuren und ihre Entwicklung als therapeutisches Prinzip vorangetrieben.
Herr Professor Schölmerich, vielen Dank für das Gespräch.