Serie "Seltene Erkrankungen"Seltene im Fokus: Sarkoidose

Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Erkrankung. Sie kann prinzipiell jedes Organ befallen, fällt klinisch jedoch am ehesten durch das Auftreten in der Lunge und den thorakalen Lymphknoten auf. In den meisten Fällen ist die Prognose aufgrund der hohen Spontanheilungsrate von etwa 50 Prozent gut.

Definition

Die Sarkoidose ist eine entzündliche System-erkrankung, bei der epitheloidzellhaltige, nicht verkäsende Granulome in den betroffenen Organen auftreten. Es gibt akute und chronische Verlaufsformen. Nahezu alle Organe können betroffen sein, am häufigsten Lunge und thorakale Lymphknoten (in ca. 90 Prozent) [1]. In Deutschland zählt die Sarkoidose mit einer Prävalenz von 46/100.000 zu den häufigeren seltenen Erkrankungen [2]. Sie ist weltweit verbreitet, tritt jedoch in Nordeuropa und bei Menschen afroamerikanischer Herkunft deutlich häufiger auf [3], [4]. Bei Männern tritt sie am häufigsten zwischen dem 30.-50. und bei Frauen zwischen dem 50.-60. Lebensjahr auf [4]. Statistisch gesehen erkranken Frauen etwas häufiger [4].

Symptome

Akute Verlaufsformen der Sarkoidose (ca. 25-30 Prozent) zeichnen sich durch charakteristische Symptomkonstellationen aus. Die häufigste Form der akuten Sarkoidose, das Löfgren-Syndrom, tritt meist im Frühling auf und präsentiert sich mit der Trias Erythema nodosum, bihiläre Lymphadenopathie und (Peri-)Arthritis der Sprunggelenke, begleitet von Fieber [5]. Äußerst selten ist das Heerfordt-Syndrom mit Uveitis, Schwellung der Parotis und der submandibulären Speicheldrüsen sowie einer peripheren Fazialisparese [6].

In ca. 70-75 Prozent der Fälle verläuft die Sarkoidose chronisch. Etwa 10-15 Prozent der Betroffenen sind dabei asymptomatisch und werden zufällig, meist im Rahmen eines Röntgen-Thorax, diagnostiziert [7]. Symptome sind neben Zeichen einer systemischen Entzündungsreaktion (Abgeschlagenheit, Fieber und Gewichtsverlust) Symptome des Organbefalls.

Bei mehr als 90 Prozent der Patienten sind Lunge und intrathorakale Lymphknoten befallen, jedoch kann prinzipiell jedes Organ betroffen sein [8]. Häufig sind z.B. eine Augenbeteiligung, ein Lymphknoten-, Haut- oder Leberbefall, selten eine kardiale oder zentralnervöse Sarkoidose [8]. Aufgrund des hohen Anteils pulmonaler Manifestationen sind trockener Husten und Belastungsdyspnoe häufige Symptome. Weitere Symptome und Befunde, je nach Manifestationsort, sind in Tab. 1 aufgelistet.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genaue Pathogenese der Sarkoidose ist weiterhin unklar. Es wird davon ausgegangen, dass sie auf einer dysregulierten Antigen-Antwort auf unklare Umwelteinflüsse (Mikroorganismen, anorganische Stoffe) und eigene Proteine (Vimentin) bei genetischer Prädisposition (hauptsächlich im HLA-Lokus) beruht [9].

Hierbei beeinflussen bestimmte Gene nicht nur das Auftreten, sondern auch den Verlauf und den Organbefall [10]. So haben z.B. erstgradige Angehörige ein etwa vierfach erhöhtes Risiko zu erkranken [11]. Bei Frauen erhöht Übergewicht das Risiko an Sarkoidose zu erkranken [12], wohingegen Rauchen allgemein protektiv ist [13].

Untersuchungen und Diagnose

Bei der Sarkoidose handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose. Folgende drei Kriterien sollten für eine Diagnosestellung erfüllt sein: Klinische Symptomatik und Befund gut mit einer Sarkoidose vereinbar, histologischer Nachweis von typischen Granulomen in einem oder mehreren Organen, und Ausschluss anderer granulomatöser Erkrankungen [14].

Letzteres ist nicht immer einfach, da eine Reihe anderer Erkrankungen (Infektionen, rheumatologische Erkrankungen und Malignome) sich ähnlich präsentieren können ( Tab. 2). Daher sollte die Diagnose durch ein multidisziplinäres Team nach einem systemweiten Assessment inklusive detaillierter Anamnese gestellt werden. Da im Verlauf auch weitere Organe betroffen sein können, sollte ein entsprechendes Screening regelmäßig wiederholt werden.

Im Labor sollten zum Screening Kreatinin, alkalische Phosphatase, Transaminasen, Blutbild und Serumcalcium bestimmt werden [14]. ACE (Angiotensin Converting Enzyme) und sIL-2R (löslicher Interleukin-2-Rezeptor) sind nicht diagnostisch und nur bei einem Teil der Patienten erhöht, können aber Hinweise auf Aktivität und Therapieansprechen bieten [15].

Das Ausmaß der pulmonalen Beteiligung kann sehr genau durch ein HRCT in Kombination mit einer Lungenfunktionstestung inkl. CO2-Diffusionskapazität bestimmt werden, wobei typische Veränderungen wie die bihiläre Lymphadenopathie bereits auf einem Röntgen-Thorax erkennbar sind [16]. Das 18F-FDG-PET eignet sich gut, um okkulte entzündliche Herde zu identifizieren, die ggf. einfacher einer Biopsie zugänglich sind [17].

Je nach Symptomen und Organbefall sind weitere bildgebende Maßnahmen nötig. Bei einer kardialen Sarkoidose hat sich zur Diagnose die Kombination aus 18F-FDG-PET und Kardio-MRT durchgesetzt [18]. Die Echokardiographie kann zum Screening auf eine pulmonalarterielle Hypertonie und Kontrolle der Pumpfunktion eingesetzt werden [19].

Zum Screening auf extrapulmonale Manifestationen werden zur Baseline auch bei asymptomatischen Patienten eine augenärztliche Untersuchung und ein EKG empfohlen [14]. In Einzelfällen können auch ein 24-Stunden-EKG oder eine Echokardiographie sinnvoll sein und sollten bei Verdacht auf kardiale Sarkoidose in jedem Fall erfolgen. Sinnvoll ist auch eine Abdomensonographie.

Um die diagnostische Sicherheit zu erhöhen sollte mit Ausnahme von spezifischen Manifestationen (Löfgren- und Heerfordt-Syndrom, Lupus pernio, isolierte asymptomatische bihiläre Lymphadenopathie) eine bioptische Sicherung erfolgen [14]. Im Falle einer mediastinalen oder hilären Lymphadenopathie sollte eine Ultraschall-gesteuerte Biopsie durchgeführt werden, bei Parenchymbefall eine transbronchiale Biopsie [14]. Eine BAL mit entsprechendem CD4/CD8-Quotienten (>3,5) kann die Diagnose unterstützen und gleichzeitig wichtige Differenzialdiagnosen ausschließen [20].

Behandlung

Bevor über die Notwendigkeit einer Therapie entschieden wird, müssen das Risiko für Organversagen oder Tod sowie die Beeinträchtigung der Lebensqualität (z.B. Fatigue) eingeschätzt werden. Eine asymptomatische, nicht die Organfunktion bedrohende Sarkoidose bedarf keiner speziellen Behandlung, sollte jedoch regelmäßig verlaufskontrolliert werden (siehe Kapitel Untersuchungen und Diagnose). Eine immunsuppressive Therapie ist nur sinnvoll, wenn die Symptome auf aktiver Inflammation und nicht auf bereits eingetretenen Defekten beruhen. Dringend behandlungsbedürftig sind eine kardiale oder ZNS-Sarkoidose.

Bei einem Löfgren-Syndrom reichen gelegentlich NSAR. Ist eine immunsuppressive Therapie indiziert, sind systemische Glukokorti-koide Mittel der Wahl [21]. Bei längerfristigem Behandlungsbedarf, Kontraindikationen oder Nebenwirkungen von Glukokortikoiden sollten DMARDs (Disease modifying anti-rheumatic Drugs) wie Methotrexat oder Azathioprin, und in zweiter Linie Leflunomid oder Mycophenolatmofetil angewandt werden.

In dritter Linie werden auch TNF-Blocker eingesetzt [22], für Rituximab gibt es Fallberichte [23]. Alle Medikamente sind off-label und Therapieerfolge variieren je nach Organbefall. In Einzelfällen können auch eine Transplantation von Lunge, Herz oder Leber notwendig sein. Bei symptomatischer Sarkoidose trotz fehlender Inflammation können Rehabilitationsmaßnahmen und Atemtraining sinnvoll sein [21].

Krankheitsverlauf und Prognose

In den meisten Fällen ist die Prognose aufgrund der hohen Spontanheilungsrate von ca. 50 Prozent (meist innerhalb der ersten sechs Monate) gut, insbesondere bei asymptomatischen Verläufen oder dem Löfgren-Syndrom (hier bis zu 85 Prozent) [24]. Risikofaktoren für einen chronischen bzw. komplizierten Verlauf sind höheres Lebensalter, niedriger sozioökonomischer Status, weibliches Geschlecht und afroamerikanische Herkunft [25].

Die Mortalität ist im Vergleich zur Gesamtbevölkerung gering erhöht, was insbesondere auf die pulmonale und kardiale Sarkoidose zurückzuführen ist [26]. Jedoch tragen auch irreversible Schäden von ZNS, Augen und Nieren signifikant zur Morbidität bei. Des Weiteren kann es durch die langfristige Anwendung von Glukokortikoiden zu entsprechenden Nebenwirkungen kommen.

Prävention

Aufgrund der nicht abschließend geklärten auslösenden Faktoren gibt es aktuell keine spezifischen präventiven Maßnahmen gegen die Sarkoidose.

Die Autorin hat keine Interessenkonflikte deklariert.

Literatur:

  1. Ungprasert P, Carmona EM, Utz JP, Ryu JH, Crowson CS, Matteson EL. Epidemiology of Sar-coidosis 1946-2013: A Population-Based Study. Mayo Clin Proc 2016;91:183–8.
  2. Pabst S, Skowasch D, Grohé C. [Sarcoidosis]. Pneumologie 2012;66:96–109, quiz 110.
  3. Milman N, Selroos O. Pulmonary sarcoidosis in the Nordic countries 1950-1982. Epidemiology and clinical picture. Sarcoidosis 1990;7:50–7.
  4. Arkema EV, Cozier YC. Epidemiology of sarcoidosis: current findings and future directions. Ther Adv Chronic Dis 2018;9:227–40.
  5. Karakaya B, Kaiser Y, van Moorsel CHM, Grunewald J. Löfgren’s Syndrome: Diagnosis, Man-agement, and Disease Pathogenesis. Semin Respir Crit Care Med 2017;38:463–76.
  6. Heerfordt C. Über eine ‘Febris uveoparotidea subchronica’ an der Glandula parotis Uvea des Auges lokalisiert und häufig mit Paresen cerebrospinaler Nerven kompliziert. Archives of Oph-thalmology 1909;70:254–73.
  7. Iriarte A, Rubio-Rivas M, Villalba N, Corbella X, Mañá J. Clinical features and outcomes of asymptomatic pulmonary sarcoidosis. A comparative cohort study. Respir Med 2020;169:105998.
  8. Baughman RP, Teirstein AS, Judson MA, Rossman MD, Yeager H, Bresnitz EA, et al. Clinical characteristics of patients in a case control study of sarcoidosis. Am J Respir Crit Care Med 2001;164:1885–9.
  9. Grunewald J, Grutters JC, Arkema EV, Saketkoo LA, Moller DR, Müller-Quernheim J. Sarcoido-sis. Nat Rev Dis Primers 2019;5:45.
  10. Rivera NV, Ronninger M, Shchetynsky K, Franke A, Nöthen MM, Müller-Quernheim J, et al. High-Density Genetic Mapping Identifies New Susceptibility Variants in Sarcoidosis Phenotypes and Shows Genomic-driven Phenotypic Differences. Am J Respir Crit Care Med 2016;193:1008–22.
  11. Rossides M, Grunewald J, Eklund A, Kullberg S, Di Giuseppe D, Askling J, et al. Familial aggre-gation and heritability of sarcoidosis: a Swedish nested case-control study. Eur Respir J 2018;52:1800385.
  12. Dumas O, Boggs KM, Cozier YC, Stampfer MJ, Camargo CA. Prospective study of body mass index and risk of sarcoidosis in US women. Eur Respir J 2017;50:1701397.
  13. Carlens C, Hergens MP, Grunewald J, Ekbom A, Eklund A, Höglund CO, et al. Smoking, use of moist snuff, and risk of chronic inflammatory diseases. Am J Respir Crit Care Med 2010;181:1217– 22.
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  21. Baughman RP, Valeyre D, Korsten P, Mathioudakis AG, Wuyts WA, Wells A, et al. ERS clinical practice guidelines on treatment of sarcoidosis. Eur Respir J 2021;58:2004079.
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  25. Judson MA, Baughman RP, Thompson BW, Teirstein AS, Terrin ML, Rossman MD, et al. Two year prognosis of sarcoidosis: the ACCESS experience. Sarcoidosis Vasc Diffuse Lung Dis 2003;20:204–11.
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