Spielerisch zu psychischer Gesundheit?
Gamifizierung oder Spielifizierung (englisch “gamification”) bezeichnet das Übertragen von spieltypischen Elementen in andere Kontexte, zum Beispiel in Gesundheitsapps. Die App eQuoo soll psychisches Wohlbefinden und Resilienz verbessern und damit psychischen Erkrankungen vorbeugen. Da psychische Erkrankungen häufig und psychotherapeutische Behandlungen nicht für alle Betroffenen verfügbar sind, können Apps in diesem Bereich besonders hilfreich sein – oft werden sie aber nicht regelmäßig genutzt.
Daher versucht die App eQuoo, durch das Erreichen von Leveln und Punkten, Abenteuergeschichten, einen eigenen Avatar und Cartoon-Erklärfilme zur regelmäßigen Nutzung anzuregen.
Die App wurde in der britischen Bosch-Belegschaft getestet. 2.500 Angestellte wurden eingeladen, von denen 709 in drei Studienarme randomisiert wurden. Eine Gruppe nutzte die gamifizierte App, eine weitere eine herkömmliche vergleichbare App und die dritte wurde auf eine Warteliste gesetzt.
Die Studie lief über fünf Wochen. Die Endpunkte (Resilienz, psychisches Wohlbefinden und weitere) wurden an Tag 1, 17 und 35 mittels etablierter Fragebögen erhoben.
Die Gruppe, die die gamifizierte App nutzte, hatte einen etwas größeren Zuwachs an Resilienz und psychischem Wohlbefinden, von denen sich aber nur letzterer signifikant von den beiden anderen Gruppen unterschied. Klarer differierte die Zahl derer, die im Verlauf aus der Studie ausschieden: Im Kontroll- und Wartelistenarm waren es jeweils circa 30 Prozent, im Studienarm nur zehn Prozent.
Die Studie hat nur einen kurzen Nachbeobachtungszeitraum, sodass Endpunkte möglicherweise ungenügend erfasst sind. Limitierend ist auch die Durchführung lediglich unter Angestellten der Firma Bosch. Zu bedenken ist zudem, dass die Erstautorin Hauptaktionärin der Firma ist, die die App entwickelt hat.
Litvin S, Saunders R, Maier MA, Lüttke S. Gamification as an approach to improve resilience and reduce attrition in mobile mental health interventions: A randomized controlled trial. PLoS ONE 15(9): e0237220. doi: 10.1371/journal.pone.0237220
Nutzen von E-Zigaretten zum Rauchstopp weiter unklar
Die E3-Studie untersuchte den Effekt von E-Zigaretten auf den Rauchstopp in der kanadischen Bevölkerung. In 17 Studienzentren wurden Menschen rekrutiert, die mehr als zehn Zigaretten pro Tag rauchten und motiviert zu einem Rauchstopp waren.
Sie wurden in drei Studienarme randomisiert: Beratung und nikotinhaltige E-Zigaretten, Beratung und nikotinfreie E-Zigaretten und Beratung ohne weitere Maßnahmen. Die Teilnehmenden beider E-Zigaretten-Gruppen erhielten in den ersten zwölf Wochen E-Zigaretten und Befüllungen nach individuellem Bedarf, innerhalb der zwölf Wochen sollten sie die E-Zigaretten individuell ausschleichen.
Der Hersteller der E-Zigaretten konnte im Studienverlauf nicht genug E-Zigaretten liefern. Daher musste die Studie vor dem Erreichen der angestrebten Teilnehmerzahl (486) vorzeitig mit lediglich 376 Teilnehmenden geschlossen werden.
Abstinenzraten wurden erfragt und durch Kohlenmonoxidmessungen überprüft. Nach zwölf Wochen waren die Abstinenzraten in der Gruppe, die nikotinhaltige E-Zigaretten nutzte, höher als in der Beratungsgruppe (22 versus neun Prozent), dieser Unterschied war aber nach 24 Wochen nicht mehr signifikant.
Nach 24 Wochen nutzten 37 Prozent der Teilnehmenden, die nikotinhaltige E-Zigaretten erhalten hatten, weiter eigene E-Zigaretten. Dies galt aber auch für 23 Prozent der Teilnehmenden, die nicht-nikotinhaltige E-Zigaretten erhalten hatten und 17 Prozent derer, die nur beraten wurden.
Eisenberg MJ, Hébert-Losier A, Windle SB, Greenspoon T et al for the E3 investigators. Effect of e-cigarettes plus counseling vs counseling alone on smoking cessation. A randomized clinical trial. JAMA. 2020;324(18):1844-1854. doi: 10.1001/jama.2020.18889
Digitale Unterstützung nutzt bei Rückenschmerzen
Die Studie Rise-uP wird vom Innovationsfonds finanziert und untersucht die Effektivität einer verbesserten hausärztlichen Rückenschmerzbehandlung mit digitalen Elementen. Primärer Endpunkt ist die Schmerzstärke nach zwölf Monaten, aktuell wurden die Zwischenergebnisse nach drei Monaten publiziert.
Studienteilnehmer wurden über bayerische Hausarztpraxen und Facebook rekrutiert. Sie mussten neben akuten oder subakuten Rückenschmerzen auch über einen E-Mail-Zugang sowie über ein Smartphone oder Tablet verfügen. Die an die NVL Rückenschmerz angelehnte Intervention bestand aus:
- einer elektronischen Patientenakte, auf die neben den Hausärzten zum Beispiel auch Schmerzmediziner und Neurologen Zugriff hatten
- einem Therapiealgorithmus, der die Patienten mit Hilfe des STarT Back-Fragebogens als Hoch-, Mittel- oder Niedrigrisiko einstufte
- der Telekonsultation mit Schmerzspezialisten für Hochrisikopatienten und
- einer Selbsthilfe-App (mit zum Beispiel Edukation und Physiotherapie) für alle Teilnehmenden.
85 Hausarztpraxen sagten zunächst ihre Teilnahme zu. Davon rekrutierten schließlich 34 im Interventionsarm und 23 im Kontrollarm Patienten (angestrebt war eine 2:1 Randomisierung).
933 Patienten wurden im Rise-uP-Arm eingeschlossen, 312 Patienten im Kontrollarm. In beiden Gruppen waren die Schmerzen nach drei Monaten geringer, in der Rise-uP-Gruppe hatten sie jedoch deutlicher abgenommen (-33,3 versus -14,3 Prozent).
Es gab 76 Hochrisikopatienten in der Interventionsgruppe (circa elf Prozent), davon erhielten 28 eine Telekonsultation. Die Patienten mit Telekonsultation erfuhren eine höhere Schmerzreduktion als Patienten ohne Telekonsultation und als Hochrisikopatienten in der Kontrollgruppe.
Bei der Suche nach einem möglichen Wirkmechanismus der Telekonsultation zeigten die Nutzungsdaten der App, dass die Patienten diese nach Telekonsultation deutlich häufiger verwendeten.
Priebe JA, Haas KK, Moreno Sanchez LF, Schoefmann K, Utpadel-Fischler DA, Stockert P et al. Digital treatment of back pain versus standard of care: the cluster-randomized controlled trial, Rise-uP. J Pain Res. 2020;13:1823–1838. doi: 10.2147/JPR.S260761
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