CME-FortbildungOsteoporose: Neue DVO-Leitlinie

Etwa jede 5. Frau und jeder 20. Mann ab einem Alter von 50 Jahren haben Osteoporose, definiert als T-Score der DXA-Messung unter −2,5. Schätzungen zufolge werden 70 % dieser Personen nicht angemessen behandelt.

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AUTOR:
Dr. med. Ulrich Scharmer

VNR: 2760909013311160016

Gültig bis 5. Februar 2025

Die Bayerische Landesärztekammer hat diesen Beitrag in der Kategorie I zur zertifizierten Fortbildung freigegeben.

cme.hausarzt.digital

Gegenstand dieses Beitrags ist die im September 2023 publizierte aktualisierte Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50. Lebensjahr“* des Dachverbands der Deutschsprachigen Wissenschaftlichen Osteologischen Gesellschaften e. V. (DVO, 2023). Gegenüber der Vorgängerversion von 2017 gibt es einige wesentliche Änderungen: u. a. Aufnahme neuer Risikofaktoren, Einführung von Risikoindikatoren, Entwicklung eines noch in der Zertifizierung befindlichen Risikorechners sowie Definition von Faktoren, die auf eine imminente Fraktur hinweisen. Das Konzept einer Schwelle für die Basisdiagnostik wurde zugunsten eines Case Findings verlassen. Neu formuliert wurden auch die Schwellenwerte für die Einleitung einer Therapie, wobei das Frakturrisiko jetzt für einen Zeitraum von 3 Jahren (früher: 10 Jahre) ermittelt wird.

* Die neue DVO-Leitlinie gilt nicht für Kinder, Jugendliche, Frauen vor der Menopause und Männer unter 50 Jahren. Ausgenommen sind ferner Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz mit einer GFR < 30 ml/ min/1,73m² sowie Formen der sekundären Osteoporose.

Lernziele

Nach Bearbeiten dieser Fortbildung …

  • kennen Sie die Grundsätze der 2023 aktualisierten Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50.Lebensjahr“ des Dachverbands der Deutschsprachigen Wissenschaftlichen Osteologischen Gesellschaften e.V. (DVO),
  • können das individuelle 3-Jahres-Risiko für Frakturen ermitteln,
  • wissen, welche diagnostischen Schritte abhängig vom ermittelten Frakturrisiko in der hausärztlichen Praxis nötig sind,
  • kennen die Grundsätze der antiosteoporotischen Basistherapie und
  • wissen, welche Antiosteoporotika abhängig vom Frakturrisiko infrage kommen und wie sie angewendet werden (u.a. Dosierung, Einnahmemodalitäten, Kontraindikationen, Anwendungsdauer, Verlaufskontrollen).

Definition

Gemäß der Definition durch die WHO spricht man von verringerter Knochendichte im Sinne einer Osteoporose, wenn der T-Score am proximalen Femur bei einer DXA-Messung kleiner als −2,5 ist (siehe Kasten „T-Score“). Legt man dieses Kriterium zugrunde, betrug die Prävalenz der Osteoporose in Deutschland 2019 in der Gesamtpopulation 6,1 %. Für Frauen und Männer ab dem Alter von 50 Jahren wurde eine Prävalenz von 22,6 bzw. 6,1 % ermittelt (Kanis, 2021). Frauen sind damit fast viermal so häufig betroffen wie Männer. Ist es als Folge einer Osteoporose bereits zu einer Fraktur gekommen, liegt definitionsgemäß eine manifeste Osteoporose vor.

Eine verringerte Knochendichte erhöht vor allem das Risiko für Frakturen von Wirbelkörpern und proximalem Femur. Wird eine Osteoporose rechtzeitig erkannt, lässt sich dieses Risiko mit Lebensstiländerungen und Medikamenten verringern. Einer Schätzung nach werden aber etwa 70 Prozent aller Personen mit Osteoporose in Deutschland nicht angemessen behandelt (Niedhart, 2023).

Ermittlung des Frakturrisikos

Grundlage der Berechnung ist das mit dem Alter steigende 3-Jahres-Frakturrisiko (Abb. 1) für Frauen und Männer ohne bekannte Osteoporoserisikofaktoren. Es beträgt z. B. für eine 70-jährige Frau 1,8 %, für einen 80-jährigen Mann 1,9 %.

Dieser Wert wird mit dem gemäß Tab. 1 ermittelten individuellen Risiko für vertebrale und Schenkelhalsfrakturen multipliziert. Dabei gilt:

  • Die Risikofaktoren sind in Gruppen unterteilt.
  • In die Berechnung fließen höchstens 2 Risikofaktoren (die mit den höchsten Werten) ein. Bei 2 Gruppen (orale Glukokortikoide/ Rheuma sowie Geriatrie/Neurologie, in Tab. 1 rot umrandet) wird – falls überhaupt vorliegend – nur 1 Faktor (der stärkste) verwendet.
  • Die zu berücksichtigenden Risikofaktoren werden miteinander multipliziert.
  • Der dabei erhaltene Wert wird schließlich mit dem Basisrisiko gemäß Abb. 1 multipliziert.

Das Ergebnis ist das 3-Jahres-Risiko vor spezifischer Osteroporosediagnostik, also bei noch unbekanntem T-Score (BMD).

Es folgen 2 Beispiele für die Risikoermittlung vor der Messung der BMD.

  • Beispiel 1:
    65-jährige Patientin, seit mehr als zehn Jahren Typ-2-Diabetes (RF: 1,6), Einnahme eines Antikonvulsivums (RF: 1,2), BMI zwischen 18,5 und 20 kg/m² (RF: 1,3). Von diesen drei RF fließen die beiden höchsten ein: 1,6 (Diabetes) und 1,3 (BMI). 1,6 x 1,3 = 2,1. Multipliziert man 2,1 mit dem Basisrisiko dieser Patientin (1,2 %, siehe Abb. 1), errechnet sich ein 3-Jahres-Frakturrisiko von 2,5 %.

Das Risiko kann man näherungsweise auch ermitteln, indem man das Produkt der beiden höchsten Risikofaktoren in Tab.2 in der 3-%-Risiko-Tabelle in der Spalte „ohne BMD“ nachschlägt. Dann erkennt man, dass die 65-jährige Patientin des obigen Beispiels die 3-%-Schwelle erst mit einem RF-Produkt von 3 erreicht.

  • Beispiel 2:
    Ein 60-jähriger Mann hat einen BMI zwischen 15 und 18,5 kg/m² (RF: 1,7), leidet an Multipler Sklerose (RF: 2,1) und nimmt ein Antidepressivum ein (RF: 1,3). Von den letzten beiden (Gruppe Neurologie/Geriatrie) wird nur ein Wert berücksichtigt, und zwar der höhere (MS, 2,1). Multipliziert man 1,7 (für den BMI) mit 2,1, ergibt sich 3,6. Gemäß Abb. 1 hat ein 60-jähriger Mann ein Basisrisiko von 0,5%. Das 3-Jahres-Frakturrisiko beträgt folglich 3,6 x 0,5 = 1,8 %.

Wann wird Basisdiagnostik empfohlen?

Gemäß der neuen LL sollte bei Frauen nach der Menopause und bei Männern ab dem 50. Lebensjahr im Sinn einer Case-findig-Strategie eine Basisdiagnostik der Osteoporose empfohlen werden, wenn eine „als relevant erachtete Frakturrisikokonstellation“ besteht. Für die hausärztliche Praxis erscheint es sinnvoll, ab einem 3-Jahres-Frakturrisiko von 3 % eine Osteroporosebasisdiagnostik zu empfehlen. Bei einem Wert nahe oder oberhalb dieser Schwelle sollte im Sinne einer gemeinsamen Entscheidungsfindung besprochen werden, welches Risiko besteht und wie sich der Wegfall von Risikofaktoren, konsequentes Einhalten von Basismaßnahmen und/oder die Bereitschaft zur zuverlässigen Einnahme von Osteoporosemedikamenten auswirken.

Eine zeitnahe Abschätzung des Frakturrisikos soll ferner bei allen Frakturen ab einem Alter von 50 Jahren erfolgen; dies gilt auch für postmenopausale Frauen sowie Männer unter 50 Jahren, ferner für Frauen und Männer unter 50 Jahren im Rahmen der Planung einer Therapie mit ≥ 7,5 mg Prednisolonäquivalent pro Tag > 3 Monate. Ab dem 70. Lebensjahr sollte generell eine Osteoporosediagnostik angeboten werden. Abb. 2 fasst den diagnostischen Algorithmus zusammen.

Was gehört zur Basisdiagnostik?

Die Basisdiagnostik umfasst

  • Anamnese, u.a. mit Erfassung von früheren Frakturen, Risikofaktoren für Frakturen, Schmerzen, Stürzen, körperlicher Aktivität bzw. Immobilität, Sonnenlichtexposition, Ernährung und Rauchen/Alkohol. Die Medikamentenanamnese erfasst insbesondere Glukokortikoide sowie Wirkstoffe, die Frakturen oder Stürze begünstigen können: orale und inhalative Glukokortikoide, PPI (Langzeiteinnahme), Antidepressiva, Antipsychotika, Sedativa, Antikonvulsiva, Aromataseinhibitoren, Antiandrogene, Opioide sowie Wirkstoffe, die Orthostaseprobleme auslösen können.
  • Klinische Befunderhebung mit Körpergröße (Abnahme um 3 cm oder mehr), Gewicht, Errechnen des BMI, Wirbelsäule (Kyphosierung, Tannenbaumphänomen, Rippen-Becken- Abstand unter 2 cm), Muskelkraft, Symptome einer spinalen Kompression sowie Mobilität/Koordination
  • Knochendichtemessung mit DXA
  • Basislabor
  • ggf. bildgebende Diagnostik bei Hinweis auf osteoporotische WK-Frakturen

Für die Beurteilung der Mobilität eignet sich der Timed-up-and-go-Test. Die Kraft der unteren Extremität lässt sich mit dem Chair-rising- Test und das Gleichgewicht mit dem Tandemstandtest prüfen.
Die DXA ist der Goldstandard für die Messung der Knochendichte. Sie erfolgt an den LWK 1–4 sowie beidseits am proximalen Femur (Schenkelhals und Gesamthüfte).

Das Basislabor erfasst Risikofaktoren und liefert Hinweise auf eine mögliche sekundäre Osteoporose oder andere Osteopathien. Ferner zeigt es Kontraindikationen für eine medikamentöse Therapie (insbesondere Hypokalzämie, Niereninsuffizienz) an. Bestimmt werden im Serum Kalzium, Phosphat, Natrium, alkalische Phosphatase, Gamma-GT, errechnete glomeruläre Filtrationsrate (eGFR), BSG und CRP, ferner Blutbild, TSH und Serumeiweißelektrophorese. Optional können bei V. a. auf Osteomalazie Vitamin D₃ und bei Männern mit V. a. auf Hypogonadismus das Testosteron gemessen werden.
Bildgebung: Quantitative Computertomografie (QCT) und quantitativer Ultraschall (QUS) sind keine Routineuntersuchungen in der Osteroporosebasisdiagnostik, ebenso wenig MRT. Röntgen kann Frakturen erfassen, ist aber bei frischen WK-Einbrüchen nicht immer eindeutig (zuverlässige Alternative: CT).

Wann überweisen?

Die Behandlung der Osteoporose von Frauen nach der Menopause und älteren Männern wird in der Regel in der hausärztlichen Praxis eingeleitet. Fachärztlicher Rat sollte u. a. bei V. a. sekundäre Osteoporose, Progression der Osteoporose trotz Therapie, V. a. auf akute Fraktur, unzureichendes Ansprechen auf Schmerztherapie und Abklärung eines V. a. auf Kiefernekrose eingeholt werden. Patienten mit nicht akut stabilisierbaren oder operationsbedürftigen Frakturen sollten stationär eingewiesen werden.

Therapie

Die Behandlung besteht aus

  • Basistherapie
  • spezifischer medikamentöser Therapie
  • ergänzenden Maßnahmen

Basistherapie
Dazu gehören körperliche Aktivität und das Vermeiden von Immobilisierung. Bei Hinweisen auf funktionelle Einschränkungen ( Timed-up-and-go-Test > 12 s, Chair-rising- Test > 11 s) sollte ein Programm zur Verbesserung von Kraft und Koordination angeboten werden. Sturzrisikofaktoren sind nach Möglichkeit zu eliminieren. Den Patienten wird geraten, sich täglich mindestens eine halbe Stunde im Freien aufzuhalten (Kopf und Hände unbedeckt) – andernfalls Vitamin-D-Substitution erwägen. Nikotin sollte gemieden, Alkohol nur mäßig konsumiert werden.

Bei der Ernährung stehen die Zufuhr von Kalzium (1000 mg/Tag) und Vitamin D (800 IE pro Tag) sowie eine ausreichend proteinhaltige Ernährung (täglich 1 g/KG Körpergewicht) im Vordergrund. Auch auf eine ausreichende Zufuhr von Folsäure, Vitamin B₁₂ und Vitamin K ist zu achten. Anzustreben ist ferner ein BMI zwischen 20 und 30 kg/m².
Substitution: Bei unzureichender Sonnenlichtexposition oder begleitend zu spezifischer Therapie 800–4000 IE VitaminD/Tag (keine Bolusgaben > 20.000 IE). Wichtig: keine isolierte Zufuhr von Vitamin D ohne tägliche Aufnahme von mindestens 1000 mg Kalzium! Wann Vitamin D zulasten der GKV verordnet werden kann, zeigt Tab. 3.

Patienten können unter https://www.gesundheitsinformation.de/kalzium-rechner.html ermitteln, ob sie ausreichend Kalzium mit der Nahrung aufnehmen. Tabellen auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (https://www.dge.de) zeigen, dass schon ein Viertel Liter Milch plus zwei Scheiben Käse den täglichen Bedarf decken. Mit 150 g Joghurt lassen sich 170 mg Kalzium zuführen. Reich an Kalzium sind neben Milchprodukten Broccoli und Rucola sowie Nüsse. Auch die Verwendung von kalziumreichen Mineralwässern unterstützt die Kalziumversorgung.

Spezifische medikamentöse Therapie
Die LL nennt generelle Indikationen für eine Therapie ohne Berechnung des Frakturrisikos:

  • nach niedrigtraumatischer singulärer Wirbelkörperfraktur 2. oder 3. Grades oder nach multiplen Wirbelkörperfrakturen 1. bis 3. Grades, wenn andere Ursachen nicht wahrscheinlicher sind, unabhängig vom Knochendichteergebnis, nach erfolgter Differenzialdiagnostik, rasch und ohne Verzögerung nach Frakturereignis
  • nach proximaler Femurfraktur unabhängig vom Knochendichteergebnis nach erfolgter Differenzialdiagnostik, rasch und ohne Verzögerung nach Frakturereignis
  • bei bestehender oder geplanter Therapie mit oralen Glukokortikoiden ≥ 7,5 mg Prednisolonäquivalent täglich für > 3 Monate, wenn T-Score ≤ −1,5 SD an der LWS (mittlerer T-Score der messbaren Wirbel L1–L4) oder am Schenkelhals oder am Gesamtfemur (individuell auch bei T-Score > −1,5 SD) oder niedrigtraumatischen Wirbelkörperfrakturen oder multiplen peripheren Frakturen (ein endogenes Cushing-Syndrom ist äquivalent zu bewerten).

Ermitteln der Therapieschwelle
Liegt keine dieser Situationen vor, wird die Therapieschwelle wie oben bei der Diagnostik beschrieben anhand von Tab. 1 und 2 ermittelt, mit dem Unterschied, dass jetzt auch der per DXA ermittelte T-Score berücksichtigt wird. Die Patientin aus Beispiel 1 (Risikofaktorenprodukt 2,1 gemäß Tab. 1) lag ohne BMD unter der 3-%-Schwelle. Berücksichtigt man ihren im Lauf der Diagnostik ermittelten T-Score von −1,5, liegt sie zwischen der 3-%- und der 5-%-Schwelle einer Frakturwahrscheinlichkeit bezogen auf die nächsten 3 Jahre.
Tab. 4 fasst die Empfehlungen zu den Therapieschwellen zusammen. Abb. 3 skizziert den therapeutischen Algorithmus.

 

Antiosteoporotika
Für die Therapie der Osteoporose mit spezifischen Antiosteoporotika stehen im Wesentlichen zwei Wirkprinzipien zur Verfügung:

  • antiresorptive Substanzen, zu denen Bisphosphonate, der Rank-Ligand-Inhibitor Denosumab, der selektive Östrogenrezeptormodulator Raloxifen sowie Östrogene (nur bei Unverträglichkeit anderer Wirkstoffe) gehören;
  • osteoanabole Substanzen wie Teriparatid (rekombinantes humanes Parathormonfragment) und Biosimilare sowie der gegen das Glykoprotein Sklerostin gerichtete Antikörper Romosozumab.

Die für die Therapie der Osteoporose verfügbaren Wirkstoffe haben unterschiedliche Zulassungen, etwa für die Osteoporose des Mannes oder die glukokortikoidinduzierte Osteoporose. Hier sollte man sich bei der Wahl der Therapie an der Zulassung der einzelnen Substanzen sowie Neben- und Zusatzwirkungen, Umsetzbarkeit und Kosten orientieren. Bei der postmenopausalen Osteoporose können alle oben genannten Wirkstoffe zum Einsatz kommen. Bei der Osteoporose des Mannes sind Alendronat (10 mg/Tag), Risedronat (35 mg wöchentlich), Zoledronat, Teriparatid und Denosumab zugelassen. Geeignet für die glukokortikoidinduzierte Osteoporose sind bei Frauen Alendronat (10 mg/Tag), Denosumab, Risedronat (5 mg/Tag), Teriparatid und Zoledronat, bei Männern Alendronat, Denosumab, Teriparatid und Zoledronat.

Hinweise zur Sicherheit

  • Mit Beginn einer Therapie mit Bisphosphonaten, Denosumab oder Romosozumab soll eine zahnärztliche Vorstellung empfohlen werden. Der Beginn der Osteoporosetherapie soll aber durch eine zahnärztliche Prophylaxe von Kieferosteonekrosen nicht hinausgezögert werden.
  • Atypische subtrochantäre und diaphysäre Femurfrakturen sind seltene Nebenwirkungen unter einer Langzeittherapie mit Bisphosphonaten oder Denosumab.
  • Schwere Hypokalzämien sind unter parenteraler Gabe von Bisphosphonaten oder Denosumab möglich. Insbesondere bei der Anwendung von Antiresorptiva soll die Versorgung mit 1000 mg Kalzium zur Vermeidung einer Hypokalzämie bei ausreichender Einnahme von Vitamin D sichergestellt werden. Darauf ist besonders bei der Anwendung parenteraler Antiresorptiva und dem Osteoanabolikum Romosozumab zu achten.
  • Das Risiko venöser Thromboembolien ist bei Raloxifen erhöht.
  • Für Romosozumab liegen aus den Zulassungsstudien Hinweise auf eine erhöhte Inzidenz zerebrovaskulärer Nebenwirkungen und kardialer Ereignisse vor, die im Zulassungstext der EMA zu einem Warnhinweis und zur Kontraindikation Myokardinfarkt/ Schlaganfall in der Anamnese geführt haben.

Sondervotum der DEGAM zu osteoanabolen Substanzen
Die DEGAM hat (siehe Tab. 4) zu Romosozumab und Teriparatid ein Sondervotum abgegeben: sollte statt soll empfohlen werden. Begründet wird das mit dem nur geringen Zusatznutzen bei erhöhter Rate von Gefäßereignissen und einer Tendenz zu einer erhöhten Mortalität, den das IQWiG Romosozumab bescheinigt hat. Für Teriparatid hat das IQWiG im Vergleich zu Antiresorptiva lediglich für WK-Frakturen eine Überlegenheit anerkannt, bei einem prinzipiellen Risiko für die Förderung von Knochentumoren.

Wie lange behandeln?

  • Für alle oben genannten Präparate ist eine Reduktion der Frakturrate über 3–5 Jahre nachgewiesen. Die Wirkung von Alendronat und Zoledronat peristiert auch bei einer Therapiepause.
  • Für orale Bisphosphonate liegen Sicherheitsdaten für 10 Jahre vor, sodass sie bei anhaltend hohem Frakturrisiko langfristig gegeben werden können. Für Zoledronat gilt dies für eine verlängerte Therapie bis zu 6 Jahren bei hohem Frakturrisiko.
  • Eine anhaltend niedrigere Frakturinzidenz ist für Denosumab bis zu 10 Jahre nachgewiesen. Nach dem Absetzen ist ohne Anschlusstherapie mit einem Bisphosphonat mit einem raschen Rebound des Knochenabbaus zu rechnen.
  • Für Raloxifen ist eine signifikante Frakturreduktion bis zu 8 Jahren belegt. Für eine Östrogenmonotherapie liegen Frakturreduktionsdaten über 7 Jahre vor.
  • Die Therapie mit Teriparatid ist auf 24 Monate beschränkt.
  • Romosozumab ist in einem Zyklus auf die Dauer von 12 Monaten begrenzt.

Anschlussbehandlung, Verlaufskontrollen
Nach Beenden einer Therapie mit Romosozumab, Teriparatid oder Denosumab soll am Ende des Therapieintervalls (Romosozumab 1 Monat, Teriparatid 1 Tag, Denosumab 6 Monate) der vorangegangenen Therapie eine antiresorptive Therapie anschließen.
Nach Beginn/Wechsel einer Osteoporosetherapie sollte vor Ablauf von 5 Jahren eine Verlaufskontrolle der Knochendichte erfolgen (Sondervotum DEGAM: kann erwogen werden). Erfolgt keine medikamentöse antiosteoporotische Therapie, genügen bei einem T‑Score > −1,0 bei der Erstmessung Intervalle > 5 Jahre. Ansonsten sollte eine Reevaluation abhängig vom Abstand zur Therapieschwelle erfolgen.

Quellen

Hinweis: Die meisten Aussagen in diesem Text beruhen auf der DVO-Leitlinie (DV0, 2023). Im Text sind nur die anderen nachfolgenden Quellen gesondert ausgewiesen.

  • DVO (2023). Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50.Lebensjahr. Leitlinie des Dachverbands der Deutschsprachigen Wissenschaftlichen Osteologischen Gesellschaften e.V. 2023.
    https://register.awmf.org/assets/guidelines/183-001l_S3_Prophylaxe-Diagnostik-Therapie-der-Osteoporose_2023-11.pdf
  • Kanis, J. A., Norton, N., Harvey, N. C., Jacobson, T., Johansson, H., Lorentzon, M., McCloskey, E. V., Willers, C., & Borgström, F. (2021). SCOPE 2021: a new scorecard for osteoporosis in Europe. Archives of osteoporosis, 16(1), 82.
    https://doi. org/10.1007/s11657-020-00871-9
  • G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) (2023). Anlage I zum Abschnitt F der Arzneimittel-Richtlinie Gesetzliche Verordnungsausschlüsse in Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen.
    https://www.g-ba.de/downloads/83-691-854/AM-RL-I-OTC-2023-11-07.pdf
  • Niedhart C. (2023) Osteoporose – Risikoevaluation und „case finding“. Orthopädie 52, 787–792.
    https://doi.org/10.1007/s00132-023-04431-0
  • World Health Organization (1994). Assessment of fracture risk and its application to screening for postmenopausal osteoporosis: report of a WHO study group WHO Technical Report Series 843. Geneva.
    https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/39142/WHO_TRS_843_eng.pdf?sequence=1&isAllowed=y

CME-Infos

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AUTOR: Dr. med. Ulrich Scharmer (Interessenkonflikte: keine)

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