Liebe Kolleginnen und Kollegen,
viele Hausärztinnen und Hausärzte arbeiten mittlerweile bis ins hohe Alter. Sie wollen für ihre Patienten so lange wie möglich da sein. Und auch für Politik und Selbstverwaltung wäre ein Hausarzt, der bis ins 90. Lebensjahr weiterarbeitet, sicherlich die einfachste Lösung – man könnte das Problem des Hausärztebedarfs bequem um ein paar Jahre nach hinten verschieben. Mit Utopien und Wunschvorstellungen können wir uns aber nicht aufhalten, die Realität ist: Ein Drittel der Hausärzte steht kurz vor der wohlverdienten Rente und hausärztlicher Nachwuchs ist ein knappes Gut. Das stellt nicht nur die Versorgung der Patienten vor große Herausforderungen, sondern setzt auch Praxisinhaber unter enormen Druck.
Wer sich in den kommenden Jahren zur Ruhe setzen will, kann Hilfestellungen, Tipps und Austausch bei Schulungen zum Thema "Praxisabgabe" finden. Viele unserer Landesverbände bieten hierzu Workshops an. Unsere "Hausarzt"- Redaktion hat ein Seminar in Hamburg besucht, bei dem deutlich wurde: Ein ehrlicher Austausch zwischen Praxisinhabern und Praxisübernehmern ist das A und O. Dabei ist die Einschätzung der eigenen Praxissituation (Was biete ich?) ebenso wichtig wie die Selbsteinschätzung des potenziellen Nachfolgers (Was will ich?). Moderne Versorgungsangebote, etwa neue Geräte oder die Hausarztzentrierte Versorgung, steigern für den hausärztlichen Nachwuchs oft die Attraktivität einer Praxis. Mehr Informationen hierzu finden Sie in unserem Schwerpunkt zur Praxisabgabe (S. 20-25).
Eine gute Vorbereitung auf die Praxisabgabe ist sinnvoll, das Problem mit dem mangelnden Nachwuchs kann sie allerdings nicht lösen. Ein Blick in den Koalitionsvertrag zeigt, dass auch die Politik Handlungsbedarf sieht. So sollen etwa der Masterplan Medizinstudium 2020 zügig umgesetzt und die Weiterbildung Allgemeinmedizin gefördert werden. Das sind Reformen, die künftig einmal einen entscheidenden Beitrag leisten werden, die aber Zeit brauchen, bis sie sich in der Praxis bemerkbar machen. Gerade für Ärzte in ländlichen und strukturschwachen Gebieten könnten Zuschüsse eine schnellere Verbesserung bringen. Auch das haben Union und SPD für die jetzige Legislatur geplant. Dies darf natürlich nicht zu Lasten der Kolleginnen und Kollegen gehen, denn sonst wird das Problem ja nur verschoben.
Die Regierung verfolgt hier also durchaus gute Ansätze – die jetzt auch zügig umgesetzt und nicht aus Einzelinteressen heraus ausgebremst werden dürfen. Gerade mit Blick auf den Masterplan Medizinstudium 2020 wird deutlich, dass man immer mit Gegenwind rechnen muss. So haben sich jüngst mehrere Unidekane gegen eine Umsetzung der so dringend notwendigen Reform ausgesprochen – das konnten wir natürlich nicht so stehen lassen (S. 6). Zeit, sich bequem zurückzulehnen und das Gute zu erwarten, ist also nicht. Das ist aber auch nicht die Art unseres Verbandes.
Mit kollegialen Grüßen
Ulrich Weigeldt
Bundesvorsitzender Deutscher Hausärzteverband e.V.