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Betreff: Linke, K.: „Antibiotika einsparen durch Schnelltest“, HA 6, 05.04.2016, S. 41

Hinweis der Redaktion: In Der Hausarzt 1/2016 hat sich Dr. Thomas Hausen kritisch mit CRP-Schnelltest und Procalcitonin-Test bei Atemwegsinfekten auseinander gesetzt. Den Beitrag finden Sie online: http://bit.ly/1qQfGIg

Keine Lobby für sprechende Medizin

Dr. Katja Linke hat in Ihrem schönen Beitrag den Wert einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit einem mündigen Patienten treffend beschrieben, unter anderem als Voraussetzung für einen rationellen Antibiotika-Einsatz. Leider hat die sprechende Medizin bei uns keine Lobby, anders als teure Arzneien oder kostspielige Medizintechnik. Das Scheitern einer neuen GOÄ, mit der solche Erwartungen verbunden waren, überrascht nicht, eine Nachbesserung in puncto Honorar und Patientenzuwendung scheint politisch nicht gewünscht.

Dr. Ernst Trebin, Bamberg

Viren: CRP oft erhöht

Als DEGAM-Mitglied und leitliniengetreu arbeitender Allgemeinmediziner bin ich sehr bestrebt, Antibiotika auf das Nötigste zu beschränken. Sie schreiben: „Sind Bakterien die Ursache für einen Infekt, steigt das CRP als unspezifischer Entzündungsmarker an. Bei viralen Erkrankungen ist dies nicht der Fall.“ Das ist leider falsch! Das CRP steigt bei viralen Infekten sehr häufig an, was keinesfalls ein Grund für eine Antibiotika-Verordnung sein darf. Bei einer Influenza erlebe ich des Öfteren CRP-Werte im dreistelligen Bereich (Norm bis 5), ein Antibiotikum ist dennoch wirkungsfrei. Wenn bei jedem CRP-Anstieg bei z.B. Atemwegsinfekten ein Antibiotikum verordnet werden würde, hätten wir noch immer eine exorbitante Fehlverordnungsquote. Nur 0,05 Prozent aller Atemwegsinfekte sind bakteriell verursacht, die AB-Verordnungsquote in der Praxis sollte bei Atemwegsinfekten unter 20 Prozent liegen. Auch wenn die dänische Studie einen Rückgang der AB-Verordnungen durch den CRP-Test zeigten, war dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Kevin Ortlieb, Müllheim

Idealen Marker gibt es nicht

Sehr geehrter Herr Kollege Ortlieb, schön, dass auch Sie den unkritischen Einsatz von Antibiotika kritisch sehen und bei der Betreuung Ihrer Patienten entsprechende Sorgfalt walten lassen. Gestatten Sie mir einige Anmerkungen: Ich beziehe mich im Artikel unter anderem auf die Untersuchung von Aabenhus et al., die im Rahmen eines Cochrane Reviews [1] zu der Schlussfolgerung kamen, dass die Verwendung des CRP-Wertes signifikant den Einsatz von Antibiotika bei Atemwegsinfekten in der Primärversorgung reduzieren kann.

Die Cochrane Library umfasst sechs Datenbanken mit qualitativ-hochwertiger, unabhängiger Evidenz, um informierte Entscheidungen zu treffen. Zu Ihrer Aussage „der Marker CRP sei für die Unterscheidung von viralen und bakteriellen Infektionen ungeeignet“, verweise ich der Einfachheit halber auf die Studienlage, die Sie im Quellenverzeichnis finden.

Diese belegt, dass der CRP-Test sehr wohl für diese Unterscheidung geeignet ist [2: Virale Infektionen verursachen i.d.R. keinen bis sehr geringen Anstieg des CRP, während bei bakteriellen Infektionen der CRP-Wert signifikant ansteigt]. Gerade deshalb ist es sinnvoll, einen quantitativen Test zur Verfügung zu haben, der mehr aussagt als die qualitativen Tests, die quasi nur unterscheiden zwischen „erhöht/nicht erhöht“ – solche Tests helfen in der Tat nicht, da haben Sie vollkommen recht. Interessant ist an dieser Stelle auch die Betrachtung des CRP-Verlaufs zum Monitoring des Therapieerfolgs. Zwei weitere interessante Studien zum Einsatz der CRP Diagnostik sind von Bjerrum [3] und Esposito [4].

Dessen ungeachtet gibt es natürlich auch virale Infektionen, zu denen im Verlauf noch ein bakterieller Infekt hinzukommt. Gerade in der diesjährigen „Influenzasaison“ war dies häufiger zu beobachten.

Grundsätzlich ist noch zu sagen, dass es „den idealen und absolut verlässlichen“ Marker nicht gibt. Zudem ersetzt kein Marker klinische Erfahrung und eine kritische, patientenorientierte Reflexion. Das Wissen, dass die Verordnungsquote bei Atemwegsinfekten bei 20 Prozent liegen sollte, hilft an der Stelle nicht alleine. Ich persönlich schätze die quantitative CRP point-of-care Diagnostik als einen objektivierbaren klinisch relevanten Marker, der in meine Therapie-Entscheidung neben anderen Kriterien (wie auch Influenzaschnelltest oder Streptokokken Schnelltest) einfließt. Gerne lerne ich dazu, welche objektivierbaren, sofort verfügbaren Tests es abgesehen von den aufgeführten gibt, die die Fragestellung „Antibiose? Ja/Nein“ beantworten können.

Vor dem Hintergrund, dass gemäß Aussage des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sowie der von den Grünen in Auftrag gegebenen Studie zum Thema Antibiotika und Resistenzen [5] in 2013 in der deutschen Tierhaltung ca. 1.400 Tonnen Antibiotika eingesetzt wurden und im humanmedizinischen Bereich „nur“ ca. 300 Tonnen (davon entfallen aber immerhin 85 Prozent auf den ambulanten Bereich), können wir in der Humanmedizin folglich ohnehin nur einen Bruchteil beeinflussen – das „ganz große Resistenzthema“ spielt sich auf anderer Ebene ab und ist schlussendlich nur politisch zu beeinflussen. Auch wenn es sich bei unseren Maßnahmen „nur“ um einen – wie sie schreiben – „Tropfen auf den heißen Stein“ handelt, so geht es vielleicht auch um den Weg der kleinen Schritte.

Dr. Katja Linke, Viernheim

Literatur

    1. Aabenhus R et al. Biomarkers as point-of-care tests to guide prescription of antibiotics in patients with acute respiratory infections in primary care. Cochrane Database Syst. Rev. 2014 Nov 6;11:CD010130. doi: 10.1002/14651858.CD010130.pub2
    1. Pepys MB. The acute phase response and C-reactive protein. In: Warrell DA, Cox TM, Firth JD, Benz EJ, eds. Oxford. Textbook of Medicine, 4th ed. Oxford University Press, 2003. Vol 2, p.150–156.
    1. Bjerrum L et al. Effect of intervention promoting a reduction in antibiotic prescribing by improvement of diagnostic procedures: a prospective, before and after study in general practica. Eur J Clin Pharmacol 2006 62:913-918. doi: 10.1007/s00228-006-0187-y
    1. Esposito S et al. Evaluation of a rapid bedside test for the quantitative determination of C-reactive protein. Clin Chem Lab Med 2005; 43(4): 438-440. doi: 10.1515/CCLM.2005.077
    1. www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/agrar/Studie-Antibiotika-und-Resistenzen.pdf
    1. Jerrum L. C-reactive protein measurement in general practice may lead to lower antibiotic prescribing for sinusitis. Br J Gen Pract 2004; 54: 659–662.
    1. Pepys MB. C-reactive protein fifty years on. Lancet 1981; 1: 653–657
    1. Peters CM et al. Antibiotic prescribing and C-reactive protein testing for pulmonary infections in patients with intellectual disabilities. Br J Gen Pract, 2013 May;63(610):e326-30. doi: 10.3399/bjgp13X667187
    1. Cals JW et al. Point-of-care C-reactive protein testing and antibiotic prescribing for respiratory tract infections: a randomized controlled trial. Ann Fam Med 2010 Mar-Apr;8(2):124-33. doi: 10.1370/afm.1090.
    1. Huang Y et al. Association between point-of-care CRP testing and antibiotic prescribing in respiratory tract infections: a systematic review and meta-analysis of primary care studies. Br J Gen Pract 2013 Nov;63(616):e787-94. doi: 10.3399/bjgp13X674477
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