Antibiotika sind besonders wertvolle Medikamente, da sie kurativ sind. Diese Wirksamkeit wird durch die Entwicklung (multi)resistenter Bakterienstämme aufgehoben. Um dies zu vermeiden, müssen sie rational und mit Sachkenntnis eingesetzt werden [2].
Der Alltag in der ärztlichen Praxis sieht derart aus, dass die Verordnungspraxis von Antibiotika ein eher leidiges Thema ist. Auch wenn wir Ärzte wissen, dass eine antibiotische Therapie nur dann sinnvoll ist, wenn Klinik und Laborbefund für einen bakteriellen Infekt sprechen, lassen sich viele Mediziner im praktischen Alltag auch durch den zeitlichen Druck doch zur Verordnung einer Antibiose hinreißen, insbesondere wenn der Patient oder Angehörige dies eindringlich wünschen. Hinzu kommt, dass das Anlegen einer mikrobiologischen Kultur zur Begründung einer Antibiotikatherapie nicht nur zeitaufwendig, sondern auch teuer ist und die Wartezeiten auf das Testergebnis den Entscheidungsprozess nicht erleichtern. Nicht zuletzt die Angst vor Risiken bei Therapiefehlern sorgt für „großzügige“ Verordnung von Antibiotika [3].
Antibiotika-Armageddon“ befürchtet
Vor dem Hintergrund, dass der Hauptanteil von Atemwegsinfektionen viraler Genese ist und Antibiosen bei viralen Erkrankungen nicht wirksam sind, ist dieses therapeutische Vorgehen nicht nur „nicht zielführend“, sondern sorgt gleichzeitig dafür, dass Resistenzen auf dem Vormarsch sind. So befürchtet die Europäische Gesellschaft für klinische Mikrobiologie und Infektionserkrankungen (ESCMID) ein „Antibiotika-Armageddon“ [4] und damit einen Rückfall in die präantibiotische Ära: Infektionen wären dann teilweise nicht mehr behandelbar, und moderne und komplexe Therapien wie z. B. Stammzelltransplantationen nicht mehr durchzuführen.
Darin liegt auch der Grund, dass das Bundesministerium für Gesundheit inzwischen eine Kommission „Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (ART)“ auf der Grundlage des „Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze“ initiiert hat, deren Aufgabe es ist, Empfehlungen für Standards zu Diagnostik und Therapie von Infektionskrankheiten nach aktuellem Stand der medizinischen Wissenschaft zu erstellen und die ähnlichen Einfluss haben soll wie die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts (STIKO) [5].
Die politischen Absichtserklärungen und der Appell an die medizinische und soziale Verantwortung der verordnenden Ärzte sind eine Seite der AntiresistenzStrategie, wie kann aber für den ambulant tätigen Arzt eine praktikable Umsetzung aussehen?
CRP-Schnelltest reduziert Antibiotikaverbrauch
Ein möglicher Lösungsansatz besteht im Einsatz von CRPSchnelltests: Sind Bakte rien die Ursache für einen Infekt, steigt das CRP (Creaktives Protein) als unspezifischer Entzündungsmarker an. Bei viralen Erkrankungen ist dies nicht der Fall. Damit kann die Orientierung am CRP Test zeitnah in die Therapieentscheidung einfließen.
Rune Aabenhus und Kolle gen von der University of Copenhagen analysierten im Rahmen eines Cochrane Reviews Studien mit 3.284 Probanden, die an Atemwegsinfektionen erkrankt waren und entweder die Standardversorgung oder einen zusätzlichen CRP Test im Vorfeld der Behandlung erhielten. Dabei kamen sie zu der Schlussfolgerung, dass die Verwendung des CRP Werts signifikant den Einsatz von Antibiotika bei Atemwegsinfektionen in der Primärversorgung reduzieren kann [6].
In unserer hausärztlichen Praxis setzen wir standardmäßig einen quantitativen CRP Test ein, der innerhalb von zwei Minuten aus Voll oder Kapillarblut bei automatischer Hämatokritkorrektur labormedizinisch reproduzierbare Ergebnisse im Referenzbereich 5 – 200 mg/l liefert. Die einfache, intuitive Bedienung ohne manuelle Arbeitsschritte findet die entsprechende Akzeptanz auch bei den medizinischen Fachan gestellten und kann so problemlos in den Arbeitsablauf eingegliedert werden [8].
Patienten miteinbeziehen
Da Testungen und Laborwerte nicht selbst erklärend sind, geht es in einem weiteren Schritt darum, den Patienten in das modifizierte diagnostische und therapeutische Vorgehen einzubinden. Dies erfordert in der ärztlichen Praxis nicht nur Zeit, sondern auch ein entsprechendes kommunikatives Vermögen [7].
Wir haben bei unseren Patienten beobachtet, dass sie der medizinischen Sorgfalt entsprechend diagnostiziert und therapiert werden möchten, dabei würde sich keiner unserer Patienten für eine Antibiotikatherapie entscheiden, die nicht nur therapeutisch „nichts bringt“, sondern auch noch Nebenwirkungen in Form von Resistenzen, Störungen der Darmflora, genitale Mykosen oder Überleitstörungen am Herzen verursachen kann.
Wir sprechen mit unseren Patienten über die diagnostischen Schritte und beziehen so den Patienten als Partner in die medizinischen Entscheidungen mit ein. Dieses Vorgehen sorgt aus unserer Sicht neben einem effizienteren therapeutischen Vorgehen auch für eine bessere Compliance und führt schlussendlich zu einer höheren Patientenzufriedenheit und besseren Patientenbindung.
Abrechnung
Der verantwortlichere Umgang mit Antibiotika ganz im Sinn politischer Absichtserklärungen ist dabei willkommener Nebeneffekt – nichtsdestotrotz müssen die (berufs)politischen Rahmenbedingungen durch die Aufwertung der sprechenden und erklären den Medizin dafür sorgen, dass solche Diagnostik und Behandlungsformen nicht nur Modelle der Nischenmedizin im Komfortbereich sind, sondern auch breiten Einzug in die ärztliche Versorgung finden können. Eine entsprechende Berücksichtigung in den Gebührenordnungen ist hierfür unabdingbare Voraussetzung. Es steht zu hoffen, dass die Novellierung der GOÄ auch diesem Punkt Rechnung trägt.
Interessenkonflikte: keine
Literatur
- GERMAP 2012: Antibiotika-Resistenz und –Verbrauch, Version vom 17.7.2014 kostenloser Download unter www.p-e-g.org/econtext/germap
- Hulscher ME, Grol RP, Van der Mer JW (2010) Antibiotic prescribing in hospitals: a social and behavioural scientific approach. Lancet Infect Dis 10:167-175
- World Health Organization. WHO Global Strategy for Containment of Antimicrobial Resistance. Available at http://www.who.int/drugresistance/WHO_Global_Strategy_English.pdf
- Pressemitteilung der ESCMID vom 21. April 2015 https://www.escmid.org/news_media/pressreleases/
- http://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/ART/ART_node
- Aabenhus R et al. Biomarkers as point-of-care tests guide prescription of antibiotics in patients with acute respiratory infections in primary care (Review). The Cochrane Library 2014, Issue 11
- JW Cals et al. Effect of point of care test C reactive protein and training in communic skills on atibiotic use in lower respiratory infections: cluster randomised trial Brit. Med. J. 338(2009) 1112-1116
- http://www.oriondiagnostica.de/Produkte/QuikRead-go/QuikRead-go-CRP/