Seit Jahresbeginn sind Praxen nicht länger gezwungen, zur Arzneimittelverordnung die Datenbank ihres Praxisverwaltungssystems (PVS) zu nutzen. Vielmehr können sie nun eine beliebige Software für Verordnungen und die Pflege von Medikationsplänen verwenden. Möglich macht das ein kleiner, neuer Baustein der Praxis-IT: die sogenannte Verordnungsschnittstelle, die zum 1. Januar 2021 eingeführt wurde.
Dass dies so still vonstatten ging, lag wohl nicht zuletzt an der langen Vorlaufzeit: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte die einheitliche Schnittstelle – ein Auftrag des Gesetzgebers – bereits im Juni 2018 ins sogenannte Interoperabilitätsverzeichnis der Gematik eingetragen. Bis Ende Dezember 2020 hatten die PVS- und Verordnungssoftwarehersteller Zeit, die Schnittstelle nach HL7 FHIR-Standard umzusetzen.
Mitten in der Corona-Pandemie ist diese Frist, nur von wenigen bemerkt, abgelaufen. Heute listet die KBV 85 Anbieter für Arzneiverordnungsmodule: einige in bekannten “Voll-PVS” integriert, einige unbekanntere Namen.
Tipp: Die Auflistung finden Sie unter www.hausarzt.link/GmaWq.
Ziel: Kostentreiber ausschalten
Angestoßen hatte die Idee übrigens die Einführung des Bundeseinheitlichen Medikationsplans 2017: Damals hatten einige Hersteller hohe Gebühren für dessen Umsetzung im PVS verlangt – mit großen Unterschieden zwischen den Herstellern, was auch bei vielen Hausärztinnen und Hausärzten für Ärger gesorgt hatte. Denn: Zu diesem Zeitpunkt waren sie dazu gezwungen, die Bedingungen ihres PVS-Anbieters zu akzeptieren. Als Konsequenz wurde der Gesetzgeber aktiv.
Die neue Schnittstelle ermöglicht der Arzneiverordnungssoftware heute, die benötigten Daten zu Patient und Medikation aus dem PVS zu holen und nach erfolgter Rezeptstellung und Pflege des Medikationsplans die Medikationsdaten zurück in das PVS zu schreiben. Damit dient das PVS quasi nur noch als Datenspeicher, die eigentliche Aktion jedoch findet in der Arzneiverordnungssoftware statt.
Doch was bedeutet das im Praxisalltag? Einerseits würde die Umstellung auf eine andere Verordnungssoftware – aus technischer Sicht zumindest – keine große Änderung bringen, denn viele PVS haben die Verordnung heute bereits ausgegliedert, ohne dass es für den Nutzer auf den ersten Blick ersichtlich wird. Und selbst wenn das PVS eine Vollintegration bietet, so ist künftig der Wechsel des einzelnen Moduls nötig und nicht mehr des gesamten PVS.
Nichtsdestotrotz scheuen Hausärztinnen und Hausärzte oft auch diesen “kleinen Wechsel”, wie eine stichprobenartige Umfrage von “Der Hausarzt” zeigt. Die am meisten gefürchteten Punkte: “Probleme bei der Umstellung” und der “doppelte Support” (s. Tab.).
Wichtig: Praxen, die bei ihrem gewohnten Modul bleiben wollen, müssen durch die neue Schnittstelle keine Änderungen vornehmen bzw. bei ihrem Dienstleister veranlassen! Die Schnittstelle läuft lediglich “im Hintergrund” und hilft beim potenziellen Wechsel.