München. Eine formlose Bescheinigung über eine bestehende Grunderkrankung (s. Kasten unten) reicht, damit Personen ihren Impfanspruch belegen können. Das hat das Bundesgesundheitsministerium in Bezug auf diese Vorgabe der Corona-Impfverordnung klargestellt, teilte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) am Dienstagabend (19.1.) mit.
„Der Hausarzt“ hat ein Muster sowie wichtige Vorgaben dazu in einer Corona-Praxishilfe zusammengefasst. Die KBV betont, dass das ärztliche Zeugnis nicht die konkrete Erkrankung benennt, sei auch zum Schutz der personenbezogenen Daten wichtig.
Wer braucht ein Attest?
In absehbarer Zeit soll genug Corona-Impfstoff zur Verfügung stehen, um weitere Personen, insbesondere die Gruppe 2 und 3, einbeziehen zu können. Nach der Corona-Impfverordnung zählen dazu bestimmte Vorerkrankungen (s. Kasten).
In Gruppe 2 gehören zudem Personen ab 70 Jahre und in Gruppe 3 ab 60 Jahre – dies kann wie bisher unkompliziert mit dem Personalausweis belegt werden. Praxistipp: Bei Patientenanfragen sollten Praxisteams zunächst das Alter prüfen. Erfüllen Patienten bereits dieses Kriterium, ist das Attest verzichtbar!
Ebenso sind in den Priorisierungsstufen 2 und 3 verschiedene Berufsgruppen für die Impfung vorgesehen. Hierfür ist eine Bescheinigung des Arbeitgebers nötig.
Spätestens ab April sollten die Gruppen 2 und 3 an der Reihe sein, kalkulieren manche Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) derzeit. Je nach Zulassung und Verfügbarkeit weiterer Impfstoffe, wie etwa der von Astra Zeneca, könnte es aber auch bereits früher der Fall sein.
Die KV Hamburg weist ergänzend darauf hin, dass ein Attest für diese Personen nicht dazu berechtigt, vorzeitig in der Priorisierungsstufe 1 geimpft zu werden. Ähnlich hat am Freitag (22.1.) das Sozialgericht Oldenburg entschieden und damit bestätigt, dass ein Mann trotz sehr schwerer Herzerkrankung keinen Anspruch auf eine Impfung in Gruppe 1 hat.
So rechnen Ärzte die Atteste ab
Für den Impfanspruch müssen die Betroffenen laut Impfverordnung eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Sie müssen dafür aber nicht in die Praxis kommen, sondern die Bescheinigung kann auch zugeschickt werden. Aber aufgepasst: Die Impf-Verordnung setzt dafür voraus, dass die Person der Praxis „aufgrund früherer Behandlung unmittelbar persönlich bekannt ist“.
Wichtig: Zudem betont die KV Niedersachsen, dass dem Versand eine telefonische Anforderung durch den Patienten vorausgehen muss. “Eine aktive Aufforderung oder proaktive Ausstellung (Anm.d.Red.: durch den Arzt) ist nicht vorgesehen und nicht zulässig.”
Damit Ärzte diese Leistungen auch abrechnen können, hat die KBV dazu bereits im Dezember zwei EBM-Pseudoziffern vorgeschlagen:
- GOP 88320 für die Ausstellung des Zeugnisses (ggf. samt Code für die Terminvergabe); die Impfverordnung sieht dafür eine Vergütung von 5 Euro vor
- GOP 88321 Porto (90 Cent)
Es obliegt jedoch den KVen, ob sie für ihre Region diese Bundesziffern anwenden. „Der Hausarzt“ hat dafür bei allen KVen nachgefragt. Seit Dienstagabend haben bereits zehn der 17 Körperschaften geantwortet.
Dabei zeichnet sich ab, dass die meisten dem KBV-Vorschlag folgen (s. Tab.). Lediglich Nordrhein, Schleswig-Holstein und Thüringen schlagen einen eigenen Weg ein.
Das einheitliche Vorgehen dürfte Ärztinnen und Ärzte freuen. Hatte es doch bei der Abrechnung von Antigen-Schnelltests nach der Test-Verordnung viel Verwirrung gegeben, weil nicht jede KV die Pseudoziffern der KBV angewendet, sondern lauter Insellösungen etabliert wurden.
Abrechnung über die KV
Nach den Vorgaben der KBV für die KVen erfolgt die Abrechnung der Pseudo-GOP für Vertragsärzte mit der normalen Quartalsabrechnung, wobei die Atteste monatlich abzugrenzen sind. Wer nicht vertragsärztlich tätig ist – also nicht mit der KV abrechnet wie reine Privatpraxen – muss sich bei der jeweiligen KV registrieren. Die jeweilige KV verrechnet die Leistungen dann wiederum mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS; ehemals Bundesversicherungsamt). Merke: Impf-Atteste für Privatversicherte werden also genauso über die KV abgerechnet und können nicht nach GOÄ in Rechnung gestellt werden.
Die Daten müssen monatlich oder quartalsweise an die KV übermittelt werden, Näheres hierzu legt die einzelne KV fest. Wichtig: Daraus darf laut KBV nicht erkennbar sein, für welche Person konkret das Attest ausgestellt wurde. Aber auch hier sollten sich Praxen an die konkreten Vorgaben ihrer jeweiligen KV halten. So ist in Hessen beispielsweise je Patient ein Fall mit Sonderkostenträger anzulegen.
Die begründende Dokumentation müssen Arztpraxen bis 31. Dezember 2024 bei sich speichern.
Das Honorar erhalten Ärzte, nachdem die KV die Zahlung durch das BAS bekommen hat. Davon zieht die KV den Verwaltungskostensatz ab (bei zuvor nicht registrierten Ärzten sind dies 3,5 Prozent).
Praxen nicht mit Bürokratie belasten
Der Deutsche Hausärzteverband hatte die Impf-Attestierung von Anfang an abgelehnt, weil dies unnötige Bürokratie in den Praxen verursacht. Einfacher und automatisiert könnten stattdessen die Krankenkassen anhand der ihnen vorliegenden Behandlungsdiagnosen die Anspruchsberechtigten zum richtigen Impfzeitpunkt einladen, so sein Vorschlag im Dezember.
Wenn die Gruppen zwei und drei an die Reihe kommen, könnte es auch bereits einen Impfstoff geben, der direkt in den Hausarztpraxen verabreicht werden kann, hofft zusätzlich der Bayerische Hausärzteverband. Auch das würde ihm zufolge die Attest-Bürokratie verhindern.