Augentropfen können Anfälle bei Migräne lindern
In kleinen Fallserien wurde eine Wirksamkeit von Timolol-Augentropfen, die eigentlich beim Glaukom zum Einsatz kommen, bei Migräneanfällen beobachtet. Pathophysiologisch könnte das rasche Anfluten des Betablockers über die Aufnahme durch die Nasenschleimhaut eine Wirksamkeit begründen.
Eine Cross-over-Studie mit 50 Patienten, die in einer indischen Augenklinik rekrutiert wurden, hat die Effektivität weiter untersucht. Eingeschlossen wurden Patienten ab 12 Jahren mit der klinischen Diagnose einer Migräne und ohne laufende Migränetherapie.
Ausschlusskriterien waren u.a. Schwangerschaft, Kontraindikationen für Betablocker oder eine Betablockereinnahme. Die eingeschlossenen Patienten waren jung (durchschnittlich 27 Jahre, ein Drittel unter 18 Jahre) und überwiegend weiblich (84 Prozent).
Die Patienten erhielten in den ersten drei Monaten entweder Timolol 0,5%-Augentropfen oder Placebo (künstliche Tränenflüssigkeit) und sollten jeweils einen Tropfen direkt zu Beginn einer Migräneattacke anwenden.
Eine zweite Dosis war bei unzureichendem Erfolg nach zehn Minuten möglich. Nach einer einmonatigen Auswaschphase erhielten die Patienten für weitere drei Monate jeweils die andere Behandlung.
Das Ansprechen wurde mit einer Reduktion der Schmerzen nach 20 Minuten auf einer visuellen Analogskala (VAS: 1-10) um 4 Punkte oder auf 0 Punkte definiert.
In 82 Prozent der Migräneattacken, die mit Timolol-Tropfen behandelt wurden, sprachen die Patienten darauf an. Bei den placebobehandelten Attacken waren es 14 Prozent. Im Schnitt lag die Schmerzintensität vor der Medikation bei 6 auf der VAS.
Limitationen der Studie sind die kurze Nachbeobachtungszeit, die Durchführung an einem einzelnen Standort, in einem sehr jungen und asiatischen Patientenklientel und das Cross-over-Design.
Kurian A, Reghunadhan I, Thilak P, Soman I, Nair U. Short-term Efficacy and Safety of Topical β-Blockers (Timolol Maleate Ophthalmic Solution, 0.5%) in Acute Migraine: A Randomized Crossover Trial. JAMA Ophthalmol. 2020 Oct 1. doi: 10.1001/jamaophthalmol.2020.3676. Epub ahead of print. PMID: 33001159
Kurkuma gegen Kniearthrose?
Die medikamentöse Behandlung einer Arthrose bleibt unbefriedigend, daher werden hierfür viele naturheilkundliche Wirkstoffe erprobt. Kurkuma wird neben einer verdauungsregulierenden auch eine entzündungshemmende Wirkung zugesprochen und wurde bereits in kleineren Studien untersucht.
Nun wurde erstmals ein gut geplanter RCT durchgeführt. Die Studie wurde vom indischen Hersteller des Kurkumapräparats gesponsert, nach den Angaben des Artikels hatte der Sponsor aber keinen Einfluss auf Design, Auswertung und Veröffentlichung der Studie.
In Tasmanien wurden 70 Patienten mit Kniearthrose in die Studie eingeschlossen. Sie mussten älter als 40 Jahre sein, durften keine anderen Vorerkrankungen am Knie haben und mussten bei Beginn mindestens Schmerzen von 40mm auf einer 100mm langen visuellen Analogskala (VAS) angeben und einen Kniegelenkserguss im MRT aufweisen.
Sie erhielten entweder zwei Kurkumakapseln täglich oder identisch aussehende Placebokapseln.
Nach drei Monaten wurden neben einem subjektiven primären Endpunkt (Schmerzabnahme auf der VAS) auch ein objektiv messbarer primärer Endpunkt untersucht: die Menge des Knieergusses im MRT.
Vor Studienbeginn wurde als minimale klinisch relevante Differenz der Schmerzreduktion 18mm auf der VAS festgelegt.
Diese minimale klinisch relevante Differenz wurde nicht erreicht: In der Kurkumagruppe besserte sich der Schmerz auf der VAS um 23,8mm, in der Placebogruppe um 14,6mm (Differenz 9,1mm).
Auch beim objektiven Endpunkt (Erguss im MRT) fand sich kein Unterschied, ebenso nicht in den objektiv erhebbaren sekundären Endpunkten (andere MRT-Befunde, Funktionsmessungen).
Die Autoren räumen ein, dass der Effekt gegenüber Placebo gering und nur fraglich relevant ist, betonen aber, dass die Therapie nebenwirkungsarm ist. Vergleichend führen sie an, dass der Effekt vom in den Leitlinien empfohlenen Paracetamol auf der VAS mit 3,7mm noch geringer ist.
Wang Z, Jones G, Winzenberg T, Cai G et al. Effectiveness of Curcuma longa Extract for the Treatment of Symptoms and Effusion–Synovitis of Knee Osteoarthritis. A Randomized Trial. Ann Intern Med. doi: 10.7326/M20-0990
Morphin bei fortgeschrittener COPD: CO2-Anstieg überschätzt
Niedrig dosiertes Morphin wird zur Linderung von Luftnot in palliativen Situationen empfohlen, bei einer fortgeschrittenen COPD besteht jedoch die Sorge, durch eine Atemdepression einen CO2-Anstieg zu verursachen.
In den Niederlanden hat daher ein RCT mit einer ausreichend großen Zahl an Patienten untersucht, wie Effekte und Nebenwirkungen besser eingeschätzt werden können.
Patienten mit fortgeschrittener COPD wurden eingeschlossen, wenn trotz optimaler medikamentöser und nicht-medikamentöser Therapie und nach einer pneumologischen Rehabilitationsbehandlung weiter eine ausgeprägte Luftnot (mMRC Skala 3 und 4) bestand.
Die Rekrutierung gestaltete sich schwierig: Von 464 Patienten, die die Einschlusskriterien erfüllten, nahmen nur 27 Prozent (124 Patienten) teil. Die Einschlusskriterien wurden daher im Verlauf auf Patienten mit moderater Luftnot (mMRC 2) ausgeweitet, auch wenn bei dieser Patientengruppe ein geringeres Ansprechen zu erwarten war.
Als Endpunkt wurden die krankheitsspezifische Lebensqualität durch den CAT (COPD Assessment Test) und der CO2-Partialdruck untersucht. Die Patienten erhielten über vier Wochen entweder 10mg retardiertes Morphin zweimal täglich oder Placebo.
Beide Gruppen bekamen Laxantien und Antiemetika zur Einnahme bei Bedarf.
Der CAT-Score verbesserte sich nach vier Wochen in der Morphingruppe nur geringfügig (-2,18 Punkte). Die Patienten gaben vor allem eine Verbesserung im Treppensteigen und Bergauflaufen an. Eine klinische Relevanz wird ab einer Verbesserung von 2-3 Punkten angenommen.
Die Luftnot besserte sich nur in der Untergruppe der Patienten mit ausgeprägterer Luftnot (mMRC 3 und 4), nicht aber insgesamt. Der CO2-Partialdruck stieg trotz einer Verminderung der Atemfrequenz in keiner Gruppe an, auch nicht in der Untergruppe von Patienten mit besonders ausgeprägter Luftnot.
Verberkt CA, van den Beuken-van Everdingen MHJ, Schols JMGA, Hameleers N, Wouters EFM, Janssen DJA. Effect of Sustained-Release Morphine for Refractory Breathlessness in Chronic Obstructive Pulmonary Disease on Health Status: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2020;180(10):1306–1314. doi: 10.1001/jamainternmed.2020.3134