Berlin. Am 07. September ist die vierte Auflage der Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) Asthma erschienen. Die beteiligten Fachgesellschaften haben die medikamentöse Therapie in Teilen aktualisiert. Die Grundprinzipien sind geblieben: Reicht die Bedarfsmedikation nicht aus, sollen Patienten inhalative Corticosteroide (ICS) erhalten. Neu ist, dass für Patienten ab 12 Jahren in Stufe 1 und 2 alternativ eine ausschließlich bedarfsorientierte Anwendung der Fixkombination aus einem ICS in niedriger Dosis und Formoterol möglich ist; die Empfehlungen entsprechen einem Off-Label-Use.
Nach wie vor gilt, dass keine Monotherapie mit langwirkenden Beta-2-Sympathomimetika (LABA) erfolgen soll. Sind ICS und LABA indiziert, sollen Betroffene bevorzugt eine Fixkombination erhalten. Zudem heben die Autoren hervor, dass monoklonale Antikörper erst in der letzten Therapiestufe vorgesehen sind, um die Langzeittherapie mit oralen Corticosteroiden zu vermeiden; zuvor sollen alle anderen medikamentösen Optionen ausgeschöpft werden.
Vor Stufe 5 Reha-Indikation prüfen
Akupunktur, Homöopathie und Hypnose sollen laut aktualisierter Leitlinie nicht zur Therapie des Asthmas empfohlen werden. Auch sollen zur Behandlung eines Asthmaanfalls keine Antibiotika eingesetzt werden, wenn es keine hinreichenden Belege für eine bakterielle Infektion gibt. Vor Intensivierung der medikamentösen Therapie zur Stufe 5 bzw. 6 und nach asthmabedingten Krankenhausaufenthalten wird nun empfohlen, die Indikation zu einer Rehabilitation zu prüfen. Zudem heben die Autoren erneut hervor, dass sich Ärzte bei der Klassifikation und Behandlung des Asthmas nach der Asthmakontrolle richten sollen.
Selbstmanagement wesentlich
Die NVL betont, dass ein gutes Selbstmanagement der Erkrankten wichtig ist, um mit der chronischen Erkrankung und Akutsituationen umzugehen. Betroffenen, die eine Langzeittherapie bekommen, soll daher die Teilnahme an Schulungen empfohlen und ermöglicht werden.
Die neue Auflage unterstreicht die Bedeutung von Selbsthilfemaßnahmen. Diese könnten die Angst bei einem Anfall verringern; es helfe, wenn Patienten den Schweregrad einschätzen, die Bedarfstherapie einsetzen und Techniken wie eine atmungserleichternde Körperhaltung und die dosierte Lippenbremse anwenden können. Allen Asthma-Patienten sollen Selbsthilfetechniken bei Atemnot vermittelt werden – im Rahmen von Schulungen, Lungensport, physiotherapeutischen oder rehabilitativen Interventionen.
Die Fachgesellschaften weisen zudem darauf hin, dass Patienten, die ein neues Inhalationssystem erhalten, eine Einweisung benötigen. Patienten sollen die korrekte Handhabung in der Arztpraxis einüben und vorführen. Auch die Apotheke könne hier unterstützen. Außerdem sollen Menschen mit Asthma zu körperlicher Aktivität ermutigt werden; Voraussetzung dafür sei eine gut eingestellte medikamentöse Therapie.
Berufsbedingtes Asthma
Für Menschen mit berufsbedingtem Asthma kann sich die Frage stellen, den Beruf zu wechseln oder die Tätigkeit aufzugeben. Bevor Ärzte zur Aufgabe der Berufstätigkeit oder zum Berufswechsel raten, soll die Diagnose durch einen Spezialisten (Pneumologen, Arbeitsmediziner) ausreichend gesichert werden – inklusive Befunddokumentation mit und ohne Arbeitsplatzexposition. Eine entsprechende Empfehlung durch Ärzte greife stark in das Leben Betroffener ein und müsse gut überlegt sein. Zudem soll laut aktualisierter NVL bei Jugendlichen mit Asthma die anstehende Berufswahl thematisiert werden.
Asthma kein Grund für Sectio
Im Kapitel “Asthma in der Schwangerschaft” hält die neue Auflage fest, dass die Diagnose Asthma allein nicht die Indikation für einen Kaiserschnitt begründet. Frauen mit Asthma sollen über die Bedeutung der Asthmakontrolle und die Sicherheit der während der Schwangerschaft fortzuführenden medikamentösen Therapie beraten werden.
Quellen: 1. NVL Asthma, 4. Auflage. www.leitlinien.de/nvl/asthma, zuletzt abgerufen am 10.09.2020; 2. ÄZQ-Pressemitteilung vom 07.09.2020