Klima-Sprechstunde einrichten
Wie können Mediziner ihre Patienten dazu motivieren, ihre Gesundheit und das Klima gleichzeitig zu schützen – und das ohne eigenen Mehraufwand? Dafür hat Dr. Ralph Krolewski die sogenannte Klima-Sprechstunde entwickelt. Der Ansatz: Wer seinen Lebensstil ohnehin aus gesundheitlichen Gründen ändern muss, kann dabei auch ohne großen Aufwand klimafreundlicher werden. “Durch Änderungen des Lebensstils können pro Kopf und Jahr drei Tonnen CO2 gespart werden”, erklärt das Vorstandsmitglied des Hausärzteverbands Nordrhein.
Fallbeispiel: Ein Patient mit koronarer Herzerkrankung spricht seinen Hausarzt auf Wege zu einer gesünderen Ernährung an. Er habe gehört, dass eine fleischarme Ernährung auch für sein Herz gut sei. Der Hausarzt kann diese Motivation bestätigen und durch den Vorschlag ergänzen, auch öfter das Auto gegen Rad oder Fußmarsch einzutauschen – ebenfalls gut fürs eigene Herz, aber eben auch für den Klimaschutz.
Darüber hinaus können Hausärzte etwa während Hitzewellen aktiv in der Sprechstunde aufklären. Damit wird zwar nicht dem Klimawandel vorgebeugt, wohl aber geholfen, dessen Folgen für den Menschen gering zu halten. “Der Hausarzt” stellt für die Kommunikation entsprechende Patienteninfos zur Verfügung (s. Kasten).
Hausbesuche per Rad
Dem Hausarzt kommt nicht zuletzt eine Vorbildrolle zu: Werden Hausbesuche mit dem SUV oder dem Fahrrad gefahren? Das setzt nicht nur ein Zeichen in der Gemeinde, sondern auch für den eigenen ökologischen Fußabdruck sowie die Gesundheit. Krolewski fährt mittlerweile alle Hausbesuche auf 100 Quadratkilometern im Bergischen Land mit dem Rad – das gesamte Jahr über.
Praxistipp 1: Hausärzte müssen nicht gleich mit der Umstellung aller Hausbesuche beginnen. “Ich habe mich Stück für Stück herangetastet und Fahrzeiten und Bedingungen erprobt”, ermutigt Krolewski. Im Bereich bis 3,5 Kilometern sei man – inklusive Staus und Ampeln – mit dem Rad vorneweg schneller als mit dem Auto. “Einfach einmal ausprobieren” laute hier die Devise, auch in Bezug auf verschiedene Witterungen.
Praxistipp 2: Bei Besuchen, die mit dem Rad gefahren werden können, handelt es sich um regelmäßige Besuche, die keine außerordentliche Ausstattung benötigen. Die Untersuchungsgeräte können in einem Rucksack oder in gängigen Satteltaschen problemlos transportiert werden. Gerade in den Herbst- und Wintermonaten an Licht denken!
Darüber hinaus können Praxen in Erwägung ziehen, Elektro-Autos mit Öko-Strom als Praxiswagen für Hausbesuche zu nutzen.
Klima-Konzept für die Praxis
Darüber hinaus kann der eigene ökologische Fußabdruck auch durch entsprechende organisatorische und bauliche Maßnahmen in der Praxis verringert werden. Das WONCA-Positionspapier zu “Planetarer Gesundheit” nennt dazu “Recycling, Prüfung des Energie-Verbrauchs, Kompostierung.” Nicht zuletzt um die Arbeitsbedingungen für das Praxispersonal in den Sommermonaten zu verbessern, ist eine entsprechende Klimadämmung zu empfehlen. Auch die freiwillige Kompensation von Treibhausgasemissionen sind möglich.
Fortbildung per Zug statt Flug
Die Anreise zu Kongressen und Seminaren ist ein einfacher Weg, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Und: In der Bahn arbeitet es sich nebenbei deutlich besser als beispielsweise während einer Autofahrt. Rund 1.400 Wissenschaftler aus Berlin und Brandenburg sind als Vorbilder voranmarschiert und haben in einer Selbstverpflichtung erklärt, bei Dienstreisen bis zu einer Entfernung von 1.000 Kilometern künftig auf Flüge zu verzichten. Für diese Strecke wollen sie den Zug nehmen, wenn die Reise nicht länger als zwölf Stunden dauert.
Engagement in Netzwerken
Durch ein Engagement in entsprechenden Organisationen oder bei Demonstrationen können Hausärzte Netzwerke stärken und ein Zeichen setzen. Spezielle ärztliche Gruppen, etwa die “Doctors for Future”, die Umweltgruppe des weltweiten Dachverbands der Allgemeinmedizin (WONCA) oder die “Clinicians for Planetary Health” beschäftigen sich mit Wirkungsmöglichkeiten der Ärzte.
Auch in der eigenen Kommune ist ein Einsatz denkbar: Das Engagement innerhalb einer Gemeinschaft nützt nicht nur nachweislich der psychischen Gesundheit, sondern schaffe auch eine solide Basis für kollektives Handeln, heißt es bei der WONCA. Besonders stark sei diese Motivation bei Vorliegen eines gemeinsamen Ziels, auf das mit vereinten Kräften hingearbeitet wird: “beispielsweise die Schaffung von mehr Grünflächen, den Ausbau von Radwegen, Kompostierung oder die Einrichtung von Bauernmärkten innerhalb der eigenen Kommune”.