Wiesbaden. Osteoporose, Hypertonie, ein vierfach erhöhtes Diabetesrisiko, gastrointestinale Nebeneffekte, Katarakt: Die Probleme einer längeren systemischen Steroidexposition sind bekannt. Aber auch eine kürzere Exposition von weniger als 30 Tagen geht mit einem erhöhten Risiko etwa für Infektionen, Thromboembolien und Frakturen einher. Daran erinnerte Dr. Florence Vallelian vom Universitätsspital Zürich nun beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Wiesbaden.
Dabei gibt es immer Erkrankungen, in denen diese Substanzen unverzichtbar sind. Beim Symposium der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) nannte Vallelian als ein Beispiel die Riesenzellarteriitis: Wenn keine Sehstörungen vorliegen, startet der Arzt die Therapie mit 1 mg/kg Prednison. Die Riesenzellarteriitis weist ein hohes Rezidivrisiko auf. Bis die Steroiddosis auf 7,5 mg reduziert werden kann, vergehen mehrere Monate, median mehr als ein halbes Jahr. Fast 90 Prozent der Patienten entwickeln in dieser Zeit relevante Steroidnebenwirkungen.
Eine Kombination der Steroide mit Immunsuppressiva wie Methotrexat hat laut Vallelian weder die akute Wirkung noch den Schutz vor Rezidiven verbessert und ermöglicht auch kaum, Steroide einzusparen. Als bessere Alternative habe sich inzwischen eine Kombination mit Anti-IL6-Antikörper Tocilizumab erwiesen, entweder einmal wöchentlich oder alle zwei Wochen subkutan gespritzt. Bei Ausschleichen des Steroids über 26 Wochen bleiben etwa 70-80 Prozent der Patienten unter Tocilizumab rezidivfrei, in der Placebogruppe nur etwa 25 Prozent.
Auch bei schwerem Asthma bronchiale, das mit maximaler inhalativer LABA/ICS-Therapie nicht gut kontrolliert ist, gibt es heute Alternativen zu systemischen Steroiden, die zumindest für einen Teil der Patienten in Frage kommen. Dies sind der Anti-IgE-Antikörper bei Patienten mit schwerem allergischem Asthma und die Anti-IL5-Antikörper Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab bei schwerem eosinophilen Asthma. Auch mit diesen Substanzen ließen sich bei geeigneten Patienten systemische Steroide einsparen.
Quelle: Vallelian F. Brauchen wir noch Steroide in der Therapie der entzündlichen Systemerkrankungen?, Symposium „Multimorbidität: Therapeutische Konflikte aus dem Praxisalltag“ der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM), DGIM, 4.5.2019